Die wohl beste Zuger Fasnachtsparty

Susoschmöcker: Die etwas andere Zuger Guuggenmusig

Susoschmöcker-Präsidentin Nadia Casillo, Mitglied Vincenzo und sein Gugge-Gotti Jeannette. (Bild: wia)

Wenn die Guuggenmusig Susoschmöcker vor dem hauseigenen Publikum spielt, dann kracht es in der Bude. Die Fasnachtsgruppe entsprang vor 35 Jahren der Zuwebe – und feiert dort heute Kultstatus. Zu Recht, wie zentralplus selbst erlebt hat.

Schmudo, kurz vor 18 Uhr. An der Unteren Rainstrasse in Inwil steigt die vielleicht beste Zuger Party des Jahres. An diesem Abend bestreitet die Stiftung Zuwebe eigene Olympische Spiele.

Alles ist dabei, von Lockenwicklerweitwerferinnen bis zu stolzen EVZ-Fans, von Badewannentauchern hin zu Ballerinas und antiken Griechinnen. Dazu kommt eine Vielzahl olympischer Feuer, die sich an diesem Tag am Fasnachtsball tummelt. Ihre Overalls sind stimmig in Orangetönen bemalt, auf dem Kopf tragen sie mit LED-Lichtern versehene Flammen. Auch eine Prinzessin ist zu sehen, die stolz ihr Kleid präsentiert. Was sein muss, muss sein.

«Über das Motto des Balls entscheidet ein Komitee, das sowohl aus Beeinträchtigten als auch Fachpersonen besteht.»

Andrea Kuster, Medienverantwortliche der Stiftung Zuwebe

Es handelt sich hier um einen inklusiven Ball, Klientinnen vermischen sich mit Fachpersonen sowie Leuten, die einen Betreuungsauftrag haben. Ein grosses Gaudi. Auch hat die Stiftung Zuwebe Gäste anderer Stiftungen zum Fest eingeladen. Fast 300 Menschen feiern hier das bunte Treiben.

Das Motto Olympia ist am Zuwebe-Fasnachtsball omnipräsent. (Bild: zvg)

Ein Highlight für die Klienten

Andrea Kuster, die Verantwortliche für Unternehmenskommunikation der Stiftung Zuwebe, sagt: «Dieser Ball ist immer ein Highlight. Schon seit Tagen fiebern die Klienten darauf hin.» Das ist unschwer zu erkennen: sowohl in den Gesichtern der Teilnehmenden als auch anhand der Kostüme, die sich sehen lassen können.

«Über das Motto des Balls entscheidet ein Komitee, das sowohl aus Beeinträchtigten als auch Fachpersonen besteht», so die Medienverantwortliche. Das Thema Selbstbestimmung ist der Stiftung Zuwebe wichtig. Es ist eine Entwicklung, die in der Gesellschaft mehr und mehr in den Fokus gerät und kürzlich auch auf Gesetzesebene etabliert wurde. Anfang Januar trat das LBBG im Kanton Zug in Kraft, das Menschen mit Beeinträchtigung ermöglicht, selbständiger zu leben (zentralplus berichtete).

Hier kann hemmungslos gefeiert werden

Bewusst wählen die Verantwortlichen bei der Organisation des Balls jährlich ein neues Motto, das sich gut umsetzen lässt. Kostüme lassen sich wunderbar aus dem zusammenstellen, was die Leute sowieso schon im Schrank haben. Auch wenn sich viele nicht lumpen liessen und offensichtlich eine Menge Zeit mit dem Basteln aufwendiger Verkleidungen verbracht haben.

«Hier sind die Leute unter sich und können so sein, wie sie sind.»

Christian Meier, Teamleiter Restaurant Incontro

Christian Meier, Teamleiter Restaurant Incontro, sagt: «Diese Bälle in den eigenen Räumen sind etwas Spezielles. Nicht zuletzt, weil die Menschen an dieser inklusiven Party durchmischt sind. Trotzdem sind die Leute unter sich und können so sein, wie sie sind.»

Die Susoschmöcker rocken die Bühne

Bald beginnt eines der grossen Highlights des Balls. Die Susoschmöcker, eine Guuggenmusig, die vor 35 Jahren aus der Stiftung Zuwebe heraus entstand, sich heute jedoch selbständig organisiert, bringt sich vor dem Eingang des Bistros in Stellung. Rund 34 Hippies in Batikshirts und Schlaghosen machen ihre Tschinellen und Schlagzeuge parat, setzen Posaunen und Tubas an den Mund, heben die Rasseln. Los gehts!

Musik dröhnt durch die Hallen, die Susoschmöcker betreten den Ballsaal. Freude herrscht. Die Gäste lassen sich nicht lange bitten. Ein Athlet beginnt begeistert vor der Bühne zu tanzen, andere wippen leise mit, ein paar Pärchen bilden sich, nehmen sich an den Händen und schunkeln, auf ihren Lippen zeichnet sich ein seliges Lächeln ab. Die Teilnehmer scheinen jede Sekunde des Auftritts regelrecht aufzusaugen. «Unsere Klienten geniessen diese Feste sehr», sagt Kuster.

«Zuwebe!, Zuwebe!»

Die Fans der Guuggenmusig Susoschmöcker unisono

Die Susoschmöcker spielen alte Gassenhauer, «Guantanamera», danach folgt der Ländler-Klassiker «Alls was'd bruchsch», zu dem sich besonders gut schunkeln lässt. «Zuwebe!, Zuwebe!», ruft das Publikum. Die Susoschmöcker verstehen, spielen die gewünschte Zugabe und ziehen von dannen. Vorläufig. Zum Ende der Party werden sie ein zweites Mal auf die Bühne treten.

Zuerst gibts für sie jedoch eine wohlverdiente Pause. Das mottogetreue Nachtessen steht bald an, danach spielen mehrere andere Guuggenmusigen. Vincenzo streicht sich den Schweiss von den Schläfen. Sorgfältig achtet er darauf, dass er dabei nicht die Schminke verwischt. «Wow, war das warm», sagt der Schlagzeuger der Susoschmöcker. Er ist sehr zufrieden mit dem Auftritt. Bereits seit acht Jahren spielt er «Chuchi» bei der Guuggenmusig.

Warum eigentlich Susoschmöcker?

Was der Name Susoschmöcker überhaupt bedeutet, weiss er nur zu genau: «Früher haben wir in der Werkstätte im Bösch Susosteine hergestellt.» WC-Steine also, die fiese Gerüche neutralisieren sollen. Bloss: «Diese Susosteine rochen wahnsinnig stark. Nach einem Tag in der Werkstatt hatte ich jeweils einen riesigen Kopf. Das war schlimm.» Heute produziert er Teile im Auftrag der V-Zug. «Das ist viel besser.»

Während Vincenzo erzählt, steht sein Gotti Jeannette neben ihm. Die Susoschmöcker sind eine Guuggenmusig, die aus Menschen mit und ohne Beeinträchtigung besteht. Jeder der Klienten hat einen Götti oder ein Gotti, welches dafür sorgt, dass die Musiker vor den Auftritten geschminkt sind und die richtigen Kleider tragen, und dafür verantwortlich ist, dass die Klienten nach den Aufträgen gut nach Hause kommen. «Vincis» Gotti Jeannette sagt dazu: «Bei Vincenzo habe ich es leicht.» Sie blickt ihn an und sagt: «Du bist sehr selbständig. Da gibt es für mich fast nichts zu tun.» Er nickt.

Vincenzo, kurz «Vinci», ist seit acht Jahren als Schlagzeuger bei den Susoschmöckern dabei. (Bild: zvg)

Nachwuchs und Göttis gesucht

Doch wie auch andere Guuggenmusigen haben auch die Susoschmöcker eine Herausforderung: «Es ist schwierig, Nachwuchs zu finden, der sich engagieren möchte», erklärt Nadia Casillo, die Präsidentin der Susoschmöcker. «Wir haben eine Eins-zu-eins-Betreuung. Das heisst, wir bräuchten mehr Göttis, damit wir mehr Klienten aufnehmen können, die bei uns Musik machen wollen.» Ausserdem fehle es der Guugge an Bläsern.

Casillo weiter: «Vergleicht man es mit anderen Guuggenmusigen, ist der Aufwand bei uns sehr klein.» Die wöchentlichen Proben beginnen erst im Herbst, die Susoschmöcker spielen zudem nur gerade an fünf bis sechs Anlässen.

«Bewusst findet unser letzter Auftritt schon am Samstag statt. Dies am Herti-Umzug in Zug. Somit bleibt den Leuten genug Zeit, selbst noch an die Fasnacht zu gehen», sagt Casillo.

Auch finanziell sei es nicht immer einfach, sagt die Präsidentin. «Wir sind zwar unabhängig von der Stiftung Zuwebe, dürfen jedoch die Proberäumlichkeiten gratis nutzen. Selbst könnten wir das finanziell kaum stemmen.» Für ihr 35-jähriges Bestehen planen die Susoschmöcker neue Kostüme. «Dafür sind wir auf finanzielle Unterstützung angewiesen.»

Obwohl die Hippiegewänder schon acht Jahre alt sind, machen sie nach wie vor Eindruck bei den Gästen. Wenn die Susoschmöcker durch die Gänge der Stiftung Zuwebe gehen, ernten sie bewundernde Blicke. Tatsächlich geniessen die Mitglieder ein hohes Ansehen im Haus, vielleicht gar einen Hauch von Promistatus. Dieser Ruhm ist wohlverdient.

Verwendete Quellen
  • Besuch des Zuwebe-Fasnachtsballs
  • Gespräche vor Ort/per Telefon
  • Informationen des Kantons Zug zum LBBG

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