Avec-Box macht dicht

Schweizer «Späti» findet in Cham keine Kundinnen

Die Avec Box auf dem Papieri-Areal in Cham hat rund um die Uhr geöffnet. (Bild: ewi)

Die Avec-Box des Grosskonzerns Valora auf dem Papieri-Areal in Cham rentiert nicht – darum wird der Betrieb eingestellt. Auch andere vollautomatisierte Angebote stehen den Zugern bald nicht mehr zur Verfügung.

Wer schon einmal in Deutschland in den Ferien war, weiss: «Spätis» sind legendär. In den kleinen Läden lässt sich praktisch rund um die Uhr einkaufen, das Angebot reicht vom Dosenbier bis zum Waschmittel. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Öffnungszeiten entwickeln sich die Miniläden gerade in der Nacht zu einem beliebten Treffpunkt.

Angesichts der Beliebtheit von Spätis liesse sich vermuten, dass die Einkaufsboxen der Ladenkette Avec ein grosses Bedürfnis erfüllen. Acht Avec-Boxen gibt es in der Schweiz, eine davon steht auf dem Papieri-Areal in Cham.

Avec Box eröffnete erst vor einem halben Jahr

Die Läden haben rund um die Uhr geöffnet und funktionieren ohne Verkaufspersonal. Vom Einlass bis zur Bezahlung wird hier alles übers Smartphone abgewickelt. Ein Angebot, das durch und durch dem Zeitgeist entspricht.

Darum überrascht es, dass der Grosskonzern Valora, dem die Avec-Kette gehört, mitteilte, dass die acht Avec-Boxen eingestellt werden. Die Boxen, welche von Avec mal als «moderner Quartierladen», mal als «modernster Convenience Store der Schweiz» bezeichnet werden, rentieren nicht.

Zwar ist noch nicht bekannt, wann die Tür der Avec-Box in Cham endgültig schliesst. Doch so oder so dürfte zumindest die Box in Cham um eine Bezeichnung ergänzt werden: «Laden mit der kürzesten Lebensdauer». Denn das Geschäft wurde erst im Januar 2023 eröffnet (zentralplus berichtete).

Valora sah mit dem Standort auf dem Papieri-Areal grosses Potenzial, wie Pressesprecherin Christina Wahlstrand auf Anfrage von zentralplus mitteilt: «Valora hat die Avec-Box nebst dem geplanten Mix aus Ateliers, Freiräumen und Gastronomie als innovative Ergänzung gesehen für den kleinen Einkauf zwischendurch.»

Avec-Zukunft in Cham ist ungewiss

Doch obwohl der komplett selbstständige Einkauf einfach und das Angebot auf den wenigen Quadratmetern erstaunlich vielseitig ist, vermochte die Avec-Box die Chamerinnen nicht zu überzeugen. «Konkret hat sich gezeigt, dass die Aufwendungen für die Avec-Box, gemessen an der Nachfrage, insgesamt zu hoch sind, als dass damit eine langfristige Wirtschaftlichkeit gegeben ist», sagt Wahlstrand.

Wie es mit der Box in Cham langfristig weitergeht, ist noch unklar. Valora hat angekündigt, künftig vermehrt auf hybride Verkaufsflächen zu setzen. Dort arbeitet tagsüber Personal, nachts kann eigenständig mittels Smartphone eingekauft werden. Von heute sechs will Valora die Zahl dieser Läden in der Schweiz auf über 20 vergrössern. Ob in Cham auch so ein Laden entsteht, kann Christina Wahlstrand zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen.

Auch Kaffeeautomaten verschwinden von Bahnhöfen

Mit dem Boom von Self-Checkout-Kassen und Online-Shopping wird Einkaufen immer unpersönlicher, autonomer und digitaler. Doch das Scheitern der Avec Boxen ist nicht der einzige Ort, wo diese Entwicklung zumindest vorübergehend gestoppt wird. Auch an zahlreichen Zentralschweizer Bahnhöfen verschwindet bald ein Angebot für all jene, die den persönlichen Kontakt beim Einkaufen scheuen.

Wie die SBB mitteilen, werden die Lavazza-Kaffeeautomaten an den Bahnhöfen bald entfernt. Der Vertrag der SBB mit Selecta für die Lavazza-Automaten läuft Ende Jahr aus. Danach werden die Automaten sukzessive abgebaut. Obwohl Kaffee des Pendlers Lebenselixier ist, vermochten sich die Automaten nicht durchzusetzen. Der Grund dafür ist, dass das Kaffeeangebot an Bahnhöfen während der letzten Jahre stark gewachsen ist. Und obwohl Lavazza eine traditionsreiche Marke ist, die für Kaffeequalität steht, haben die Pendler offenbar keine Lust auf das Gebräu, das aus den Automaten fliesst.

Die Lavazza-Automaten werden bald von den Schweizer Bahnhöfen verschwinden. (Bild: Leserreporter)

So ist auf den Perrons denn auch keine Nachfolge für die Automaten geplant: «Auf die Lavazza-Automaten wird kein ähnliches Angebot folgen, da die meisten Bahnhöfe bereits über ein breites Kaffeeangebot verfügen», sagt SBB-Mediensprecher Moritz Weisskopf auf Anfrage.

Immerhin: Mit den Selecta-Snackautomaten bleibt ein 24/7-Einkaufsangebot gegen kleine Hungerattacken an den Bahnhöfen erhalten. Die SBB haben den prestigereichen Vertrag mit der Selecta erst vor wenigen Wochen verlängert.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christina Wahlstrand
  • Medienmitteilung von Valora
  • Schriftlicher Austausch mit Moritz Weisskopf

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12 Kommentare
  • Profilfoto von MARIO P. HERMANN
    MARIO P. HERMANN, 22.07.2023, 12:32 Uhr

    Kleiner Hinweis am Rande:
    Einmal wird Christina Wahlstrand von Valora im Artikel mit Christian Wahlstrand erwähnt…ein winzig kl. «Schönheitsfehler»…
    Sonst sehr gut verfasst!

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  • Profilfoto von MARIO P. HERMANN
    MARIO P. HERMANN, 22.07.2023, 11:43 Uhr

    Sehr gut, dass diese vollautomatisierten «Läden» nicht rentieren; denn wer braucht solches unpersönliches Zeugs…!?!
    Ich jedenfalls nicht.
    Meist werden solche Projekte von «Hochstudierten» entworfen, den Firmen vorgelegt, dann manchmal umgesetzt und die Unternehmen verlochen dann sehr viel Geld für nix und wieder nix…
    Und wer bezahlt am Ende diese Verluste?
    Richtig: Die Kunden!
    Das ist eindeutig am falschen Ort gespart; wie auch teilw. bei den Self-«Kassen» bei Coop oder Migros.
    Da stehen doch tatsächlich manchmal 2 bis 3 Angestellten und schauen, dass nicht «bschisse» wird… Und doch wird an diesen unbedienten «Kassen» viele Sachen nicht eingelesen, wo jährlich Hunderttausende oder Millionen flöten gehen.
    Und somit sind wir im heutigen Zeitalter 2023 angekommen, wo vieeeles in der Tat schlechter ist als früher — schade!

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  • Profilfoto von Chamerin
    Chamerin, 22.07.2023, 09:11 Uhr

    Leider wurde für nie etwas veröffentlicht das im Papieriareal eine Avec Box steht. Schade wäre bestimmt mehr benutzt worden wenn es publiziert worden wäre.

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  • Profilfoto von Ferienkind@gmx.ch
    [email protected], 22.07.2023, 07:32 Uhr

    Endlich begreifen die Leute langsam, dass mir dem digitalen Zeitalter das Persönliche fehlt. Man will doch nicht überwacht werden, was man einkauft. Es vereinfacht zwar zum Teil das Einkaufen, jedoch wo bleibt der schwatz?

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    • Profilfoto von Jerome Halter
      Jerome Halter, 23.07.2023, 07:56 Uhr

      Persönlich? Ich will gar keine soziale Interaktion mit dem Personal!

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    • Profilfoto von Remo
      Remo, 28.07.2023, 08:10 Uhr

      Mit wem soll ich im Laden schwatzen? Ich will einkaufen. Die in Gruppen rumstehenden schwatzenden Rentner stehen nur im Weg.

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  • Profilfoto von Peter Frei
    Peter Frei, 22.07.2023, 06:30 Uhr

    Kein Wunder kommen keine Kunden wenn der Sicherheitsdienst nur Personen ins Areal lässt die da wohnen. Sehr wirsch und unfreundlich wird man als Besucher weggewiesen.

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      Sereina Willi, 22.07.2023, 08:14 Uhr

      Haben Sie von denen mal Werbung gesehen? Firmen glauben heute einfach, dass ihre Kunden einfach so kommen

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    Matthias, 21.07.2023, 23:08 Uhr

    Finde ich schade. Ich kannte den Laden gar nicht, sonst wär ich sicherlich mal hingegangen.

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  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 21.07.2023, 18:09 Uhr

    Die Konsumorgie hat wegen den schrumpfenden Geldbeuteln offenbar ihren Höhepunkt überschritten. Damit sind hoffentlich auch alle Initiativen für längere Ladenöffnungszeiten und Sonntagsverkäufe hinfällig geworden.

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 21.07.2023, 17:41 Uhr

    Es ist beruhigend, dass solche seelenlosen Smartphone-Shops keine Zukunft haben. Das zeigt, dass die Leute nicht jeden Unsinn mitmachen, nur weil es technisch möglich ist. Jetzt noch das Selfscanning abschaffen – und gut ist.

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    • Profilfoto von Fabian
      Fabian, 22.07.2023, 17:07 Uhr

      Bitte nicht! Selfscanning ist das angenehmste was in den letzen Jahren in Läden eingeführt wurde.

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