Eltern
Blog
Während sich befreundete Paare trennen

«Ich bin stolz auf meine über 20-jährige Beziehung»

Beziehung und Familie unter einen Hut zu bringen, kann ganz schön herausfordern. (Bild: fotolia)

Viele Paare trennen sich, sie und ihr Mann aber sind seit über 20 Jahren zusammen. Dabei war es auch für sie nicht nur einfach, nach einer Trennung kamen sie wieder zusammen. Wie herausfordernd Kinder, Arbeit und Gedanken an die Zukunft für ihre Beziehung waren, erzählt Elternbloggerin Olivia Bucher.

Ich erinnere mich, als ob es erst gestern gewesen wäre. Mein Mann Sandro und ich sassen vor über 20 Jahren auf dem Klappbett in seinem damaligen Kinderzimmer, welches er mit seinem Bruder teilte. Wir haben seine Fotoalben durchgesehen, als wir plötzlich auf Fotos seiner Erstkommunion gestossen sind.

Die Kirche war dieselbe wie bei meiner Erstkommunion, so weit nichts Ungewöhnliches. Aber siehe da, da waren dieselben Gspändli auf seinen Fotos, die auch bei meiner Erstkommunion dabei gewesen waren. Wie waren wir überrascht, als wir herausgefunden haben, dass wir uns «theoretisch» seit der Erstkommunion kannten, uns aber erst mit 18 Jahren so richtig kennengelernt haben. 

Grosse Herausforderungen

Nach der ersten Verliebtheit folgte die Trennung, zu unterschiedlich waren wir meiner Meinung nach. Ich eher laut, gesprächig, quirlig und Sandro eher schüchtern, Kommunikation mit Worten war nicht sein Steckenpferd. Und unsere Herkunftsfamilien hätten unterschiedlicher nicht sein können. Trotz der Trennung blieben wir innig verbunden. Und siehe da, wir fanden wieder zueinander.  

Damals waren wir noch immer sehr jung, und so hätten wir natürlich nicht gedacht, dass wir unseren gemeinsamen Weg weitergehen, eine Familie gründen, heiraten und heute stolze Eltern von drei Jungs sein würden. Die Jahre, als die Kinder noch kleiner waren, waren für uns als Paar eine grosse Herausforderung. Da wir die Kids selber betreut haben, hatten wir wenig Paarzeit, und wenn dann endlich mal Feierabend war, plumpsten wir meist müde ins Bett.  

Offen für Veränderung

Die Kinder wurden älter, und mit der Erziehung der Kids veränderten auch wir uns. Wenn ich manchmal zurückschaue, ist es eindrücklich, einzuordnen, wie sehr wir beide uns weiterentwickelt haben. Früher ass ich immer dieselben Gerichte in denselben Restaurants, ja nichts Neues ausprobieren war meine Devise.

Heute lebe ich als Veganerin, probiere jede Woche neue Gerichte aus und bin sehr flexibel geworden, verlasse gerne ab und zu meine Komfortzone. Mein Mann ass fast kein Gemüse, am liebsten Teigwaren und Fleisch. Heute mag er auch Gemüse und Salat und ist offen für kreative Ideen, sei es für Ausflüge oder Erziehungsmethoden. 

Energiereserven am Limit

Ja, ich gebe es zu, das tönt etwas zu romantisch. Und so war es natürlich nicht nur. Wir hatten unsere Hochs und Tiefs. Während meines Mutterschaftsurlaubs waren wir über mehrere Monate fast täglich zusammen, was zwar sehr schön, aber auch herausfordernd war.  

Während meiner dritten Schwangerschaft habe ich mein Expertendiplom abgeschlossen. Wöchentlich zweimal nach Zürich zu reisen nebst einem Vollzeitjob, das hat extrem an meinen Energiereserven genagt. Während Sandro zu Hause die zwei Jungs und den Haushalt gemanagt hat, hat er mich teilweise spät am Abend in Zürich abgeholt. 

Sandro hat mir immer gesagt, dass die Zeit wieder kommen werde, in der wir mehr Zweisamkeit hätten und Zukunftspläne schmieden könnten. Zeitweise haben mir diese Visionen gefehlt. Was machen wir, wenn die Kinder grösser sind, wenn sie ausziehen, wohin zieht es uns dann? Arbeiten wir dann auf einem Kreuzfahrtschiff, in einem Skigebiet oder sogar im Ausland? Und jetzt, wo wir ab und zu gemeinsame Tageswanderungen machen können oder am Abend alleine ausgehen, fällt mir auf, wie viele Paare sich in unserem Umfeld trennen. 

Wertschätzung mit kleinen Dingen 

Unsere Beziehung war nicht immer himmelhochjauchzend, aber wir haben uns umeinander bemüht. Sei es mit einem «Ich liebe dich»-Post-it am Badezimmerspiegel, einem selber gemachten Adventskalender oder einfach einem Überraschungsnachtessen mit Kerzenlicht in unserem Wohnzimmer. Schon vor unserer Hochzeit war für uns klar, dass eine Beziehung, auch wenn sie langjährig ist, keine Selbstverständlichkeit ist. Einander Wertschätzung entgegenbringen, eine Kommunikation auf Augenhöhe pflegen, und dies nebst dem Alltagswahnsinn, das braucht einen Extraeffort.  

Ab und zu beneide ich kurz die scheinbaren Vorteile von getrenntlebenden Eltern, wie zum Beispiel die freien Wochenenden, an denen sie einfach so lange schlafen können, wie sie wollen. Doch dann teile ich diese Gedanken mit meinem Partner, wir schweifen zurück in die Vergangenheit, lachen über vergangene Dispute, unsere eigenen «Mödeli» – und sind einfach stolz, dass wir trotz der Ansteckungsgefahr, die von dieser Trennungswelle ausgeht, unseren Weg gemeinsam gehen und jeden Tag geniessen. Denn niemand weiss, was die Zukunft bringt, zum Glück. 

Eltern
Blog
Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon