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Wie Eltern das Essverhalten ihrer Kinder prägen

«Ich möchte nicht mein Leben lang Zielhosen nacheifern»

(Bild: Gemeinfrei)

Brokkoli? Garantiert nicht! Fleisch und Teigwaren? Oh ja! So erlebte ich meine Kinder in der Pubertät. Dabei hatten mein Mann und ich schon früh diskutiert, wie wir beim Essen zur positiven Prägung unserer Kinder beitragen können. Eines jedoch ist gewiss: Es ist ein steter Kampf.

Die Themen Essen, Diäten, Ernährungsgewohnheiten sind omnipräsent. Man hört ab und zu die Sprüche wie «Ich nehme heute noch es Dessert, ich esse ja kei Znacht meh» oder «Ich muss weder chli luege», wenn gemeint ist, dass man wieder mehr auf die Essgewohnheiten achten müsse, um allenfalls noch ein paar Pfunde zu verlieren.

Anfang Jahr fiel mir ein Spruch auf einem Plakat auf, welcher mit «… ist die Hüfte im Juli weniger breit» endete. Ich dachte zuerst, ich hätte beim Vorbeifahren den Spruch nicht korrekt gelesen. Wir schreiben das Jahr 2024, und solche Werbeslogans finden noch immer Anklang? «Echt jetzt?!» würden unsere Söhne zu so was sagen.

Liebe Gesellschaft, liebe Kommunikationsprofis, wir haben im Thema Ernährungsgewohnheiten nicht nur eine Verantwortung für die Erwachsenen in unserer Gesellschaft, sondern auch für unsere Kinder.

Teenagerjahre mit Size-Zero-Vorbildern

Wenn man davon ausgeht, dass ein Mensch im Schnitt drei Mahlzeiten pro Tag isst, sind das 1095 Mahlzeiten pro Jahr. Bei einer Lebensdauer von 80 Jahren sind das total 87’600 Mahlzeiten im Leben. Lohnt es sich da wirklich, sich mit Ernährungsverbote zu kasteien, die Lust am Essen zu verlieren und allenfalls die Hälfte seiner Mahlzeiten nicht geniessen zu können?

Wie viele junge Frauen hatte auch ich in meiner Jugend und auch als junge Erwachsene mit meinem Körper zu kämpfen. Die «Zielhosen», diese Hosen, welche man immer im Schrank behält, mit dem Ziel, dass man diese irgendwann tragen kann, wer kennt sie nicht? Bereits in meinen Teenagerjahren war in den Medien omnipräsent, dass Frauen nicht nur intelligent, sondern auch schlank sein müssen. Gesund essen war omnipräsent in meinem Alltag.

Mit meiner ersten Schwangerschaft kamen dann die vielen Gelüste. Mein damaliger Chef, welcher mich hauptsächlich als Salatesserin kannte, bemerkte mal so nebenbei, dass ich ja aktuell gar nicht mehr in sein Auto passte. Uff! Ja, ich hatte wirklich ein paar Pfunde zugelegt, jetzt, wo ich mit der Schwangerschaft alle meine Essensgebote über den Haufen geschmissen hatte.

Bemerkungen zum Essverhalten 

Als unser Sohn mit dem Breiessen anfing und danach auch schon bald vom Teller ass, merkte ich, wie emotional aufgeladen die Thematik des Essens in unserer Familie war. Die Grosseltern sagten häufig zu ihm: «Du hesch de schön g’ässe», wenn er seine Portion aufgegessen hatte.

Und natürlich ist mir seit der Geburt unserer Söhne aufgefallen, wie schnell die Kinder die Ernährungsgewohnheiten der Eltern und deren Glaubenssätze dahinter übernehmen. Ich wollte nie, dass ich meine Jungs sagen höre: «Mis Mami esst gad kei Pommes, wel sie gseid hed, dass ehres Füdli esch ebe chli z’gross esch.» 

Auch in unserem Freundeskreis waren die Essgewohnheiten der Kinder ein viel diskutiertes Thema. Die Themenpalette reichte vom Zuckerverbot im ersten Lebensjahr bis hin zum heimlichen Schokoladenessen der Eltern am Abend. Auch in diesen Gesprächen war die Vorbildfunktion der Eltern immer sehr präsent.

Unsere Kinder sollen Essen entdecken

Mein Mann und ich haben viel diskutiert, was wir bei der Thematik Essen zur positiven Prägung unserer Kinder beitragen können. Uns war es wichtig gewesen, dass ihnen das Essen schmeckte, auch Gemüse, und sie es nicht nur assen, weil es gesund ist und sie es deswegen essen sollten.

Auch hatten wir versucht, ihnen die Bandbreite an verschiedenen Gerichten näherzubringen. Von Fondue chinoise bis vegane Bolognese: Wir wollten ihnen vorleben, dass neue Geschmäcker zu entdecken und tolle Rezepte auszuprobieren auch Spass machen kann.

Teenies stellen uns beim Essen auf die Probe

Je älter die Kinder wurden, desto mehr veränderte sich auch ihr Essverhalten. In der Teeniephase widerstrebte den Jungs plötzlich alles Gemüse. Nun assen sie am liebsten nur noch fettig und salzig – Hauptsache ungesund. Cherrytomaten? Igitt! Brokkoli? Garantiert nicht! Fleisch und Teigwaren? Oh ja! Am liebsten bereits zum Frühstück. Zur Not gabs dann halt einen eiskalten Caffè Latte aus dem Kühlschrank.

Es ist ein steter Kampf. Liebe Eltern, lasst euch nicht entmutigen, geht weiter als gutes Vorbild voran, und dann wird es sich bestimmt legen. 

Übrigens: Ich gebe es zu, ich möchte nicht mein Leben lang irgendwelchen Zielhosen oder unrealistischen Kleidergrössen nacheifern. Bei jedem Gipfeli ein schlechtes Gewissen zu haben oder mich bei jedem Schokoriegel zu entschuldigen, dass ich gerade meine Tage habe, dazu habe ich einfach keine Lust. Umso mehr habe ich seit vielen Jahren aufgehört, mir Neujahrsvorsätze vorzunehmen, schliesslich hat man jeden Tag die Möglichkeit, neu zu starten.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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