Idee für Luzerner Berufsbildungsfonds

Wer keine Lehrlinge ausbildet, soll künftig zahlen

Künftig sollen ausbildende Unternehmen von anderen Betrieben solidarisch unterstützt werden. (Bild: Symbolbild: Pexels/Andrea Piacquadio)

Höhere Ausbildungskosten und wachsende Herausforderungen für Berufsbildner: Um Lehrbetriebe zu unterstützen, schlägt FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp einen Berufsbildungsfonds vor. Damit rennt er bei der Regierung offene Türen ein.

Wenn Unternehmen Lehrlinge ausbilden, investieren sie Geld und Zeit in diese Ausbildung. Die ausgebildeten Fachkräfte werden aber anschliessend mitunter von Unternehmen übernommen, die keine eigenen Lehrlinge ausbilden. Diese «Trittbrettfahrer» sieht der Luzerner FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp als eines der strukturellen Probleme in der Berufslehre.

Hinzu kämen steigende Anforderungen an die Zentren für überbetriebliche Kurse (ÜK) und die Qualifikationsverfahren, womit die Kosten bei den Lehrbetrieben in die Höhe schiessen. Auch die Berufsbildnerinnen würden stärker gefordert, weshalb sie eine bessere Ausbildung und mehr Zeit von ihrem Betrieb für ihre Aufgabe benötigen (zentralplus berichtete). Gleichzeitig bleibt die Lehre beliebt, mit der steigenden Schülerzahl dürfte es künftig zu wenig Lehrstellen geben, wie Zemp in einer Motion auflistet.

Unternehmen sollen sich solidarisch beteiligen

Abhilfe schaffen möchte er mit einem kantonalen Berufsbildungsfonds. Die Idee dahinter: Da alle Unternehmen von ausgebildeten Fachkräften profitieren, sollen sich auch alle solidarisch an deren Ausbildung beteiligen. Arbeitgeber, die keine Lehrlinge ausbilden, äufnen einen Fonds. Mit dem Geld werden anfallende Kosten für die Berufsbildung gesenkt und innovative Massnahmen für die Berufsbildung gefördert.

Neu ist die Idee nicht: Einzelne Branchen wie beispielsweise Musikinstrumentenbauer, Gärtnerinnen und Fahrlehrer besitzen einen solchen Berufsbildungsfonds bereits. Auch acht Kantone haben einen solchen Fonds eingeführt. Neben Westschweizer Kantonen wie Genf, Jura oder Waadt auch der Kanton Zürich. Zur Schaffung des Fonds in Luzern schlägt Zemp in seinem Vorstoss explizit das Zürcher Modell vor.

In Zürich kommen so jährlich 25 Millionen zusammen

In Zürich zahlen Arbeitgeber, die keine Lehrlinge ausbilden, ein Promille ihrer deklarierten Lohnsumme in den Fonds. Also ein Promille dessen, was das Unternehmen jährlich all seinen Mitarbeitenden zusammengerechnet als Lohn zahlt. Die Familienausgleichskassen erheben dafür einmal jährlich die Beiträge und ziehen sie auch ein. Ausgenommen sind Firmen, die Lehrlinge ausbilden, die bereits in einen brancheneigenen Berufsbildungsfonds einzahlen, und Unternehmen, deren Lohnsumme unter 250’000 Franken liegt. So kamen in Zürich gemäss neuesten Zahlen im Jahr 2022 rund 25,1 Millionen Franken zusammen.

So hat der Zürcher Berufsbildungsfonds die Gelder 2022 ausgegeben. (Bild: Screenshot: Jahresbericht 2022 Zürcher Berufsbildungsfonds)

Mit diesem Geld unterstützt eine neunköpfige Kommission unter anderem Projekte und Berufsmessen, übernimmt 20 Prozent der ÜK-Kosten und bezahlt Raummieten und das Material für Prüfungen. Über 90 Prozent der Mittel flössen somit zu den Lehrbetrieben, wie Ruth Köfler auf Anfrage schreibt. Sie leitet die Geschäftsstelle des Fonds in Zürich. Mittlerweile habe sich der Fonds etabliert, obwohl das Zürcher Gewerbe diesen zuerst ablehnte. Die Kosten der Ausbildung von Lehrlingen werde so gerechter über die Arbeitgeber verteilt. «Mit den Fondsgeldern hat die Berufsbildungskommission zudem die Möglichkeit, spezielle Projekte und Leistungen im Bereich der beruflichen Grundbildung zu würdigen», so Köfler.

Ganz übernehmen will Gaudenz Zemp das Zürcher Modell indes nicht. Denn die Zürcher Verhältnisse seien nicht deckungsgleich mit denjenigen in Luzern. Der Fonds soll deshalb auf Luzern zugeschnitten werden.

Von der Wirtschaft, für die Wirtschaft

Mit seiner Motion stösst Zemp bei der Regierung auf Anklang, wie aus ihrer Antwort vom Dienstag hervorgeht. Auch sie verortet künftige Herausforderungen der Berufsbildung, bei der ein Fonds Abhilfe schaffen könnte. Steigende Anforderungen an die Lehrbetriebe stellten besonders kleinere Unternehmen vor Probleme. Diese stellen 40 Prozent der Lehrstellen im Kanton Luzern bereit. «Die Ausbildungsbereitschaft dieser KMU ist somit essentiell. Ein Fonds könnte die Ausbildungsbereitschaft stützen, indem das Lehrstellenmarketing gefördert, die Betriebe finanziell entlastet und z.B. auch die Weiterbildung der Berufsbildenden unterstützt wird», schreibt der Kanton.

Gemäss einer ersten Schätzung kämen für einen Luzerner Fonds nach Zürcher Modell rund vier bis fünf Millionen Franken jährlich zusammen. Dieses Geld soll gemäss dem Kanton umgehend wieder in Umlauf gebracht werden, weshalb er ein Limit für den Fonds vorschlägt.

Sich selbst will die Regierung dabei möglichst raushalten: Da Kantone und Gemeinden bereits viel für ihre Lehrlinge tun würden, zahlten sie keine Beiträge und würden dementsprechend nicht unterstützt werden. Zudem solle der Fonds durch eine Kommission der Wirtschaft betreut werden, wobei sich der Kanton nur beteiligen würde. Die Eckwerte des Berufsbildungsfonds möchte der Regierungsrat dem Parlament überlassen. Eine für den Fonds notwendige Gesetzesrevision sei «mittelfristig umsetzbar».

Zemp erhofft sich mehr und bessere Lehrabgängerinnen

Über die positive Antwort der Regierung ist Gaudenz Zemp sehr erfreut. Die Idee eines Berufsbildungsfonds für Luzern sei im Rahmen der Konferenz der Präsidenten der Berufs- und Branchenverbände und mit Christof Spöring, dem Leiter der Luzerner Dienststelle Berufs- und Weiterbildung, entstanden. «Viele Branchen kennen ja bereits einen Berufsbildungsfonds, Herr Spöring brachte als gutes Beispiel den Kanton Zürich ins Spiel», so Zemp.

FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp ist der Direktor des KMU- und Gewerbeverbands Kanton Luzern. (Bild: zvg)

Dass der Luzerner Kantonsrat das Modell für den Kanton Luzern adaptieren soll, begrüsst Zemp: «Dies ist gut, um die bestmögliche Lösung zu finden und diese politisch breit abzustützen.» Ebenso spräche für den Direktor des Luzerner KMU- und Gewerbeverbands (KGL) nichts gegen ein Limit. In Anlehnung an die 20 Millionen Franken aus Zürich kämen für Luzern wohl 5 Millionen Franken infrage, so Zemp.

Für die Verwendung schielt er ebenfalls nach Zürich, denn die dortige Lösung werde auch vom kantonalen KMU- und Gewerbeverband unterstützt. Sprich: Gut zwei Drittel des Fonds für die Übernahme von ÜK-Kosten, ein Viertel für Prüfungen und den Rest für Projekte, Berufsbildnerkurse und Verwaltungskosten. Zemp ist überzeugt, dass der Fonds zu «qualitativ besseren Lehren und quantitativ mehr Lehrabgängern» führe. Das helfe letztlich allen Betrieben bezüglich Fachkräftemangel. Zuerst muss sich jedoch der Kantonsrat mit der Motion beschäftigen. Da der Vorstoss sehr breit abgestützt war, stehen die Zeichen gut, dass er überwiesen wird.

Hinweis: In der ersten Version stand fälschlicherweise «Prozent». Dies wurde nun zu «Promille» korrigiert.

Verwendete Quellen
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