Neubad bleibt vorerst stehen – vielleicht auch für immer
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Der Luzerner Stadtrat will das Areal Kleinmatt/Biregg beim Neubad und der Feuerwehr weiterentwickeln. Doch die Ansprüche an das Gebiet sind so vielfältig, dass der Stadtrat eine zusätzliche Planungsrunde braucht, um sich Klarheit zu verschaffen.
Das Areal Kleinmatt/Biregg, ein Dreieck zwischen der Eschen-, Bleicher- und Bireggstrasse, ist ein Schlüsselareal für die Stadt Luzern. Zugegeben: Das heisst es an vielen anderen Orten ebenfalls. Doch hierbei handelt es sich um das grösste Areal in Zentrumsnähe für den gemeinnützigen Wohnungsbau.
Und für die Stadt Luzern ist das besonders wichtig, weil sie den Anteil der gemeinnützigen Wohnungen in der Stadt bis 2037 auf 16 Prozent erhöhen muss. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen in der Stadt jährlich 100 zusätzliche gemeinnützige Wohnungen gebaut werden. Aus Sicht der Stadt heisst es darum: Jede gemeinnützige Wohnung zählt.
Stadtrat steht vor heikler Entscheidung
So ist es auch auf dem Areal Kleinmatt/Biregg das Ziel der Stadt, möglichst viele neue gemeinnützige Wohnungen zu bauen. Doch während dieses Anliegen an den meisten anderen Orten unbestritten ist, ist die Ausgangslage im Kleinmatt-Quartier delikat. Denn hier steht nebst der Feuerwehr und einigen privaten Häusern an der Kleinmattstrasse das ehemalige Hallenbad der Stadt Luzern. Und dieses ist seit zehn Jahren die Heimat der erfolgreichen Zwischennutzung Neubad (zentralplus berichtete).
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Während dieser Zeit ist das Neubad zu einem zentralen Begegnungs- und Kulturort in der Stadt geworden. Oder wie Baudirektorin Manuela Jost anlässlich einer Medienkonferenz zur Weiterentwicklung dieses Areals sagte: «Das Neubad ist eine ausserordentlich erfolgreiche Zwischennutzung mit nationaler Ausstrahlung.» Und so stellt sich für den Stadtrat die Frage: Was geht für die Stadt verloren, wenn das alte Hallenbad abgerissen wird, um Platz für Wohnungen zu machen (zentralplus berichtete)?
Stadtrat weiss nicht, ob er das Hallenbad abreissen will
Es ist eine Frage, mit der sich der Stadtrat bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. 2015 hat eine Machbarkeitsstudie skizziert, wie das Areal in Zukunft bebaut werden könnte. Die vielversprechendste Variante schlug zwei neue Gebäude, an den heutigen Standorten der Feuerwehr und des Hallenbads, vor. Rund 185 Wohnungen könnten so realisiert werden – mit relativ grosszügigen Grundrissen, wie Nico Hardegger und Sarah Grossenbacher von der Stadtplanung Luzern an der Pressekonferenz ergänzten.
Die Feuerwehr und das alte Hallenbad stuft die kantonale Denkmalpflege als erhaltenswert ein. Doch mit einem möglichen Erhalt der Gebäude hat sich die Studie damals gar nicht befasst. Ebenso wenig wurde darin auf das Thema Freiräume eingegangen, welches für die Stadt sehr wichtig ist.
«Es kann nicht sein, dass auf diesem Areal plötzlich alles andere wichtiger wird als der gemeinnützige Wohnraum.»
Manuela Jost, Baudirektorin Stadt Luzern
Die Studie aus dem Jahr 2015 entspricht den heutigen Gegebenheiten auf dem Areal nicht mehr. Damals stand die Zwischennutzung Neubad noch ganz am Anfang – heute ist sie fest etabliert. Auch Aspekte wie der öffentliche Freiraum oder eine klimaangepasste Stadtentwicklung standen damals nicht im Fokus. Für den Stadtrat sind darum noch zu viele Fragen offen. Eine Entscheidung, wie das Areal weiterentwickelt werden soll, kann er unter diesen Umständen nicht treffen. Darum schlägt er eine zusätzliche Planungsschlaufe vor.
Für das Neubad geht es weiter
Dem Stadtrat schwebt ein sogenanntes Dialogverfahren vor. Dabei werden sich ein interdisziplinäres Team und ein Begleitgremium mit Fragen der Architektur, des Freiraums, des Kulturraums und des Stadtklimas befassen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden regelmässig mit Betroffenen und Interessierten reflektiert. Dieser Prozess soll sicherstellen, dass die verschiedenen Anliegen der Bevölkerung bei der Planung berücksichtigt werden. Der Stadtrat bleibt damit seinem seit einigen Jahren eingeschlagenen Weg treu und setzt bei der Stadtplanung voll auf Partizipation.
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Gewisse Rahmenbedingungen für dieses Dialogverfahren gibt die Stadt vor. So soll es auch zukünftig einen «flexibel nutzbaren Kulturraum mit multifunktionalen Räumen und einer hohen Nutzungsvielfalt» für die Öffentlichkeit geben. Mit anderen Worten: Die Idee des Neubads bleibt – in welcher Form auch immer – bestehen.
Manuela Jost verkündete an der Pressekonferenz zudem weitere frohe Neuigkeiten fürs Neubad: Die Nutzungsvereinbarung mit der Stadt, welche Ende 2023 abläuft, wird erneut verlängert. Das Neubad wird es also auch in den nächsten Jahren noch geben. Mehr Details dazu wollte Jost zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten. Mitte September soll dem Parlament ein entsprechender Bericht und Antrag vorliegen.
Hallenbad bleibt vielleicht stehen, Feuerwehr nicht
Weniger deutlich ist die Haltung des Stadtrats zum ehemaligen Hallenbad. Er schreibt in einem entsprechenden Bericht und Antrag: «Es ist insbesondere zu klären, inwiefern baukulturelle und identitätsstiftende Bestandteile allenfalls in eine neue Überbauung übergeführt werden können.» Dass das Hallenbad in der heutigen Form unter Schutz gestellt und erhalten wird, kommt für den Stadtrat zwar nicht infrage. «Es soll jedoch geprüft werden, inwiefern ein Weiterbauen und Weiterentwickeln des Bestands möglich ist und welche Vor- und Nachteile dies im Vergleich zu einem Neubau hat.»
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Klar ist hingegen bereits jetzt, dass das Feuerwehrgebäude abgerissen wird und einem Neubau Platz macht. Stadtplanerin Sarah Grossenbacher machte deutlich, dass die Feuerwehrwache im Gegensatz zum Neubad keine Identifikationsfunktion für die Stadt habe. Zudem ist das Grundstück heute wenig dicht bebaut. «Wir können nicht alles erhalten, sonst gibt es keine neue Wohnungen», sagte Grossenbacher. Und Manuela Jost ergänzte: «Es kann nicht sein, dass auf diesem Areal plötzlich alles andere wichtiger wird als der gemeinnützige Wohnraum.»
2030 sollen die Bauarbeiten starten
Nebst diesen zwei zentralen Erkenntnissen zum Neubad und zum ehemaligen Hallenbad gibt es zahlreiche weitere Rahmenbedingungen, die wenig überraschend sind. Sie entsprechen voll und ganz der Strategie für die Stadtentwicklung. Das heisst: Weniger, dafür gesammelte Parkplätze, mehr Grün- und Freiräume sowie der Einbezug von Prinzipien der Schwammstadt. Zudem wird im Dialogverfahren geprüft, ob auf dem Areal eine Energiezentrale zur Wärmeversorgung des Quartiers mit Seewärme gebaut werden kann. Und ob es im Untergrund noch Platz hat für ein neues Regenrückhaltebecken.
Bis im Sommer 2025 sollen die Ergebnisse dieser zusätzlichen Planungsrunde bekannt sein. Der Stadtrat will sich daraufhin festlegen, wie es auf dem Areal weitergeht. Klar ist schon jetzt: Alle Anliegen an dieses Areal wird er dabei nicht berücksichtigen können.
In den Folgejahren wird das Areal im Baurecht an eine Wohnbaugenossenschaft abgegeben, welche einen Architekturwettbewerb durchführen wird. 2030 starten dann voraussichtlich die Bauarbeiten für Luzerns neuste Genossenschaftssiedlung. Ob das ehemalige Hallenbad ein Teil davon sein wird, wird sich zeigen.
- Besuch der Medienkonferenz
- Bericht und Antrag des Stadtrats
- Informationen zur Wohnraumpolitik der Stadt