Bauherren sollten täglich kontrollieren

«Es gibt kaum einen Neubau ohne Baumängel»

Feuchtigkeitsschäden entstehen am häufigsten. (Bild: Adobe Stock Symbolbild)

Baumängel bei Neubauten nehmen zu. Ein Luzerner Fachanwalt rät Bauherren, täglich auf die Baustelle zu gehen, um Schäden zu verhindern.

Sie zogen in eine Neubauwohnung, dann lief Wasser aus den Steckdosen; von der Decke tropfte es, die Dusche streikte und das Parkett war beschädigt. Der Mietzins der neuen Horrorwohnung: stolze 2220 Franken. Was einem Paar im Aargau passiert ist und was der «Blick» kürzlich publik machte, ist kein Einzelfall.

Gemäss einer Studie der ETH Zürich fliesst jeder zehnte Franken, der fürs Bauen ausgegeben wird, in die Beseitigung von Mängeln. Insgesamt zahlten Bauherren im Jahr 2013 rund 1,6 Milliarden Franken wegen Baupfusch in der Schweiz. Aktuellere Daten gibt es nicht – doch der Trend zeigt nach oben.

Baumängel im Kanton Luzern nehmen zu  

Das bestätigen mehrere Experten, mit denen zentralplus gesprochen hat. Zum Beispiel Cornelio F. Zgraggen, Fachanwalt für Baurecht in Luzern. «In der Praxis ist bei Baumängeln eine steigende Tendenz wahrzunehmen», schreibt er. «Es gibt kaum einen Neubau, der keine Baumängel aufweist.»

Feuchtigkeitsschäden, Risse, schlechte Wärmedämmung und Schallschutz: Diese Bauschäden begegnen dem Anwalt am häufigsten. «Wenn ein Bauherr heutzutage nicht täglich auf der Baustelle nach dem Rechten schaut, sind Baummängel beinahe vorprogrammiert.»

Auch Alex Widmer, Geschäftsführer des Luzerner Hauseigentümerverbands, beobachtet einen «leichten Anstieg» von Baumängeln im Kanton Luzern. Er macht dafür verschiedene Trends im Bausektor verantwortlich.

Corona-Pandemie könnte Baumängel verstärkt haben

Zeitmangel, Kostendruck, mehr Vorschriften und Fachkräftemangel: Sie alle würden zu mehr Fehlern führen, sagt Widmer. Häufig fehle die Zeit, damit Handwerker und Planer detailliert miteinander sprechen. Oder die Sprachbarriere mache Probleme. «Vor 20 Jahren sprach man auf den Baustellen Deutsch, Portugiesisch und Italienisch. Heute gibt es viel mehr Sprachen.»

Experten im «Blick» machen auch die Corona-Pandemie verantwortlich für Pfusch auf dem Bau. Die Pandemie habe Lieferketten gestört, den Fachkräftemangel und die Teuerung angeheizt. Widmer bezweifelt hingegen den Zusammenhang.

Eigentümer sollen mehr Zeit erhalten, Mängel zu melden

Tatsache ist: Wenn es aus den Wänden tropft und hinter den Fliesen schimmelt, wird es für frischgebackene Eigentümer schnell teuer. Längst ist auch die Politik alarmiert. Im Herbst hat der Nationalrat eine Gesetzesänderung gefordert.

Wer ein Haus kauft oder neu baut, soll künftig länger Zeit haben, Baumängel zu melden. Der Nationalrat will die siebentägige Rügefrist für verdeckte Baumängel aufheben und die Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre anheben. Der Schweizer Baumeisterverband will dagegen eine 60-​Tage-Frist beibehalten und die Verjährung nicht antasten. Nun muss der Ständerat entscheiden.

Baumängel im Neubau: Das müssen Eigentümer tun

Cornelio F. Zgraggen hat Erfahrung mit Bauherren, deren Wände feucht sind. Auch er rät, auf die Verjährungsfristen zu achten, damit Eigentümer ihre Mängelrechte nicht verlieren. Ausserdem empfiehlt er, schon beim Vertragsabschluss aufzupassen.

«Die Rechte, die der Eigentümerschaft zustehen, sind sehr stark von der individuellen vertraglichen Ausgestaltung abhängig.» Eigentümer sollten sich die Firmen sorgfältig aussuchen und darauf achten, wie die Gewährleistung in den Verträgen geregelt ist. So kann man Pfusch vermeiden und bleibt, wenn es geschieht, nicht auf der Rechnung sitzen.  

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Cornelio F. Zgraggen, Fachanwalt für Baurecht
  • Schriftlicher Austausch mit Alex Widmer, Geschäftsführer des Luzerner Hauseigentümerverbands
  • Artikel im «Blick» zu Baupfusch in Strengelbach
  • Artikel im «Blick» zum Einfluss der Corona-Pandemie auf Baumängel
  • Studie zu Baumängeln in der Schweiz
  • Beitrag auf parlament.ch zur Gesetzesanpassung bezüglich Baumängel
  • Mitteilung des Schweizer Baumeisterverbands zur Gesetzesanpassung
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Der Zugezogene
    Der Zugezogene, 27.04.2024, 07:41 Uhr

    Tja das kriegt man halt, wenn man billige Arbeitskräfte einsetzt. Schwarzarbeiter zähle ich da nicht mal zu

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  • Profilfoto von Haefeli Roger
    Haefeli Roger, 23.04.2024, 18:16 Uhr

    Sorry, wo bleibt die Kontrolle des Architekten und der Bauleitung, welche beide kräftig Honorar beziehen vom Bauherrn! Jede einzelne Arbeitsgattung muss abgenommen werden, bevor die nächste folgen kann! Dafür müsste die Bauleitung haftbar sein! Dann würden billige Pseudofachkräfte vor der Bezahlung auffliegen. Sag ich schon Jahre lang, ohne Wirkung, darum habe ich vor 10 Jahren schon das Baugewerbe aufgegeben.

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  • Profilfoto von Chöngu
    Chöngu, 23.04.2024, 11:18 Uhr

    Die Arbeit darf halt nichts mehr Kosten, dann bleibt für die nachkommenden Herren mehr!
    Richtpreis adee, öffentliche Bauten- den Billigste, und am ende gibts die Firma nicht mehr?
    Nur so weiter, dann arbeitet nur noch der Handwerker aus Kassachstan oder der Mongolei auf def Baustelle!
    Gruss von der Baustelle!😜

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    Hanswurst, 22.04.2024, 19:42 Uhr

    Mir scheint, dass diese Problematik künftig deutlich zunehmen wird: Erfahrene Boomer scheiden aus dem Berufsleben aus, und es mangelt zunehmend an geeigneten, arbeitswilligen Fachleuten: Wer will heute noch bei Wind und Wetter richtig „krüppeln“ wie die Bauarbeiter oder eine anspruchsvolle Ausbildung als Ingenieur absolvieren, um nachher für einen unangemessen tiefen Lohn so hohe Verantwortung zu übernehmen? Oder als junger Architekt in einem renommierten Büro als billige Arbeitskraft seine Sporen abverdienen? Da geht man doch lieber direkt zur öffentlichen Hand, besserer Lohn, angenehmste Arbeitsregelungen und immer pünktlich daheim, jede verplapperte Sekunde kompensieren, viele angenehme Teamsitzungen mit frohem Austausch und wenn man sich „überlastet“ glaubt, gibts sicher bald personelle Verstärkung.

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  • Profilfoto von Paul
    Paul, 22.04.2024, 07:02 Uhr

    GU, Gier und schlecht ausgebildete Arbeiter und nochmals die gier. Es wird Gebaut und Verkauft. So geht die schlechte Qualität tum unwissenden Käufer. Simpel

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