Hausbesetzung in Luzern

Bruchstrasse: Mieterinnen wurden auf die Strasse gestellt

Daniel Gähwiler vom Mieterinnenverband Luzern ärgert sich über den Leerstand an der Bruchstrasse 64. (Bild: ewi / zvg)

Ein altehrwürdiges Haus im Herzen der Stadt Luzern ist seit Jahren unbewohnt. Den Mietern an der Bruchstrasse wurde wegen einer angeblichen Sanierung gekündigt. Doch ein Baugesuch wurde nie eingereicht.

Das Bruchquartier ist eines der schönsten in der Stadt Luzern. Bäume säumen die Strassen, es sind fast nur Velofahrerinnen unterwegs, die historischen Häuser reihen sich harmonisch aneinander. Die Mietpreise sind nicht günstig – aber das nehmen die Luzerner in Kauf, die dort leben. Wohl auch, weil die Lage an der Bruchstrasse zentral und dennoch ruhig ist.

Wer hier ein Haus kauft, macht eine sichere Investition. Und das ist das Problem.

Zwei Besitzerwechsel binnen eines Jahres

Die Aussicht auf gute Mieteinnahmen lockt nämlich auch Immobilienspekulanten an. Eines der Häuser – das mit der Nummer 64 – hat seit 2018 dreimal den Besitzer gewechselt. 2018 verkaufte es die langjährige Besitzerin an die Firma Crowdhouse.

Die Firma war damals eine Plattform für Leute, die Geld in Immobilien anlegen wollen. Mit wenig Geld konnten sie Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses werden. Ein Geschäftsmodell, das der Firma einige Negativschlagzeilen einbrachte – beispielsweise im «Beobachter».

Architektenbüro wurde zurückgepfiffen

In dieser Zeit wurde ein Architekturbüro damit beauftragt, eine Sanierung zu planen. Die Arbeiten hatten kaum begonnen, da war der Auftrag auch schon wieder weg (zentralplus berichtete). Crowdhouse verkaufte das Haus im Januar 2019 an eine Immobilienfirma, die dem Zuger Fritz Burkard gehört. Der Spross der bekannten Sika-Unternehmerfamilie gehört zu den reichsten Männern der Schweiz.

«Leerkündigungen sind nur erlaubt, wenn der Besitzer glaubhaft machen kann, dass er eine Sanierung plant.»

Daniel Gähwiler

Den Mieterinnen an der Bruchstrasse 64 wurde die Wohnung wegen des angeblichen Umbaus gekündigt. Passiert ist seither aber nichts – und nun wurde das Haus besetzt. Die Aktivistinnen wollen damit ein Zeichen gegen Spekulationen mit Wohnraum setzen (zentralplus berichtete). Haben sie mit ihrer Kritik recht?

Mieterinnen wurden auf die Strasse gestellt

Für Daniel Gähwiler, Co-Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverbands Luzern, ist es ein grosses Ärgernis, dass das Haus leer steht. «Leerkündigungen sind nämlich nur erlaubt, wenn der Besitzer glaubhaft machen kann, dass er eine Sanierung plant.» Beispielsweise, indem er ein Baugesuch einreicht oder ein Architektenbüro beauftragt.

Die Häuser an der Bruchstrasse sind als schützenswert eingestuft.
Die Häuser an der Bruchstrasse sind im Bauinventar als schützenswert eingestuft. (Bild: Emanuel Ammon / Aura)

Im vorliegenden Fall hatten die Mieterinnen die Kündigungen der Wohnung 2018 angefochten. Es gab eine Schlichtungsverhandlung. «Das bedeutet normalerweise, dass eine Fristerstreckung gewährt und/oder eine Entschädigung bezahlt wird», sagt Gähwiler. Mutmasslich wurde auch in diesem Fall eine Einigung erzielt. Die Konsequenz: «Der Fall kam nicht vor Gericht, letztlich wurde rechtlich also nie geklärt, ob die Kündigungen zulässig waren.»

Ein Baugesuch für die Bruchstrasse 64 wurde nie eingereicht

Fakt ist: Weder Crowdhouse noch die heutige Besitzerin Corgi Real Estate AG haben je ein Baugesuch eingereicht. Dies bestätigt Reto Käch, Bereichsleiter Baugesuche bei der Stadt Luzern. «Seit 2018 waren wir immer wieder mit verschiedenen Besitzern in Kontakt wegen eines Umbaus», sagt er auf Anfrage von zentralplus.

«Wir finden es sehr schade, dass die Liegenschaft seit 2,5 Jahren nicht mehr bewohnt wird.»

Reto Käch, Bereichsleiter Baugesuche

Im April 2020 war es schon so weit, dass mit der Besitzerin eine Checkliste erarbeitet wurde, welche Unterlagen es für das Baugesuch alles braucht. Im April 2022 fand eine Besichtigung mit der Denkmalpflege statt. Seither ging nichts mehr.

Sorge um das schützenswerte Gebäude

«Es handelt sich um eine schöne Liegenschaft», meint Reto Käch. «Wir finden es sehr schade, dass sie seit 2,5 Jahren nicht mehr bewohnt wird.» Tatsächlich ist das 1900 gebaute Haus an der Bruchstrasse im Bauinventar als schützenswert eingestuft. Es gehört zu den «gestalterisch einheitlichen, das Strassenbild prägenden Häuserzeilen» im Quartier, wie dem Denkmalverzeichnis zu entnehmen ist.

Reto Käch hofft deshalb, dass das Haus durch die Besetzung keinen Schaden nimmt. Ob Fritz Burkard als Verwaltungspräsident der Besitzerfirma Strafanzeige erstatten will, ist noch unklar. zentralplus ist es nicht gelungen, ihn zu kontaktieren.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von guido.roth
    guido.roth, 22.06.2022, 10:08 Uhr

    Inteessant wäre zu erfahren, wieso es mit dem Baugesuch harzt. Stellt der Denkmalschutz überrissene Forderungen?
    Die Besetzung wird die Restaurierung auch nicht beschleunigen. Schöussendlich ist es für die Besitzer dann die beste Option, zuzuwarten, bis das Haus so baufällig ist, dass nur noch ein Abriss in Frage kommt.

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    • Profilfoto von Michel von der Schwand
      Michel von der Schwand, 22.06.2022, 11:21 Uhr

      Davon würde ich ausgehen! Es ist allgemein bekannt, dass der Denkmalfetischismus der städtischen Beamten überhand genommen hat. Die Auflagen lassen Hausbesitzer teilweise verzweifeln und eine Immobilie nicht mehr rentabel betreiben. Die Verantwortlichen des Mieterverbandes lassen diese Tatsache jedoch immer wieder weg. Theoretisch können sie eine Immobilie verlottern lassen. Bei solch alten Häusern kann dies aber dauern, da diese meistens eine ausserordentlich gute Bausubstanz aufweisen. Dazu hat die Stadt theoretisch die Möglichkeit der Enteignung (braucht jedoch extrem viel). Haben Hausbesitzer dennoch die Absicht, schützenswerte Häusern verlottern zu lassen, darf man sich getrost an die Stadt wenden, denn diese hat Erfahrung darin (Schmiede, Ruckli-Hof etc.).Deshalb bei der nächsten Abstimmung genu überlegen, ob man den Bauzonenplan ablehnt oder eben annimmt.

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    • Profilfoto von Peter Omachen
      Peter Omachen, 22.06.2022, 14:20 Uhr

      So ein Unsinn. Der Erhalt der Fassaden und allenfalls der historischen Parkettböden ist nicht nur nachhaltig, sondern erhält auch die Attraktivität dieses schönen Hauses im Quartier. Neue Küchen und Bäder sind für die Denkmalpflege nie ein Problem.

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      • Profilfoto von Michel von der Schwand
        Michel von der Schwand, 23.06.2022, 16:19 Uhr

        Ich weiss als Hausbesitzer ganz klar, wovon ich spreche. Machen Sie sich bitte schlau und kommentieren Sie dann! Seien Sie versichert, dass es bei denkmalgeschützten Immobilien sehr wohl auch um Küchen, Bäder gehen kann. Da sind sogar Decken oder Böden Gegenstand von Auflagen. Aber einfach mal darauf los kommentieren. Genau mein Humor.

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