Was planen Romano & Christen?

Bodum-Villen: Hier geht’s vorwärts, dort steht alles still

Was passiert an der Obergrundstrasse 99? Nach wie vor sind die Pläne der neuen Besitzer unklar.

Der Unternehmer Jørgen Bodum hat die beiden umstrittenen Villen an der Obergrundstrasse vor rund zwei Jahren verkauft. Doch trotz neuer Besitzer geht es beim ehemals besetzten Gebäude auch in absehbarer Zeit nicht vorwärts. Das ruft Kritik hervor.

Es gibt in der Stadt Luzern viele bekannte Gebäude: Der Torbogen, das Hotel Gütsch, die Jesuitenkirche. Und es gibt Gebäude, die vielleicht nicht ganz so bekannt sind, in der Stadt aber für jede Menge Gesprächsstoff sorgen: Das Luzerner Museum, das Theater – oder die beiden Stadtvillen an der Obergrundstrasse 99 und 101.

Die beiden Häuser, besser bekannt als die Bodum-Villen, sind seit Jahren ein heiss diskutiertes Thema. Gross war die Empörung über den ehemaligen Besitzer, den dänischen Unternehmer Jørgen Bodum. Ihm wurde vorgeworfen, die Villen als Spekulationsobjekt gekauft zu haben und sie nun absichtlich verlottern zu lassen.

Vor ziemlich genau zwei Jahren erhielt die Geschichte eine neue Wendung. Im April 2020 verkündete das Luzerner Architekturbüro Romano & Christen, dass es die beiden Villen von Bodum gekauft habe (zentralplus berichtete). Seither ist es an der Obergrundstrasse vergleichsweise ruhig geworden. Zeit für eine Nachfrage.

Villen sind in desolatem Zustand

Die Ausgangslage ist nicht für beide Häuser dieselbe. Die Obergrundstrasse 101, die Villa Toscana, befindet sich in einem verhältnismässig guten Zustand. Hier haben Romano & Christen konkrete Ausbaupläne: Sie wollen die Villa mit der Backsteinfassade an der Ecke Obergrundstrasse/Villenstrasse künftig für eigene Zwecke nutzen und dort ihren Geschäftssitz einrichten. Dazu müssen die Architekten das Haus jedoch zuerst auf Vordermann bringen. Ein ordentlicher Frühlingsputz reichte hierzu nicht aus.

An der Obergrundstrasse 101 soll bald Leben einkehren. (Bild: bic)

«Die Häuser sind durch mangelnden Unterhalt stark mit gefährlichen Schimmelpilzen befallen», betont Jennifer Christen von Romano & Christen auf Anfrage. «Es ist nicht nur das Holz befallen, sogar die Backsteinmauern sind über alle Stockwerke kontaminiert.»

Baubewilligung soll bald eintreffen

Darum haben Romano & Christen im vergangenen Sommer ein neues Baugesuch für die Villa Toscana eingereicht (zentralplus berichtete). Dabei handelt es sich um eine Änderung der bereits bewilligten Baupläne von Bodum vom September 2016. So planen Romano & Christen einen sanfteren Umbau des historischen Gebäudes als ihr Vorgänger.

An der Aussenhülle wird lediglich das Dach ersetzt. Diese Sanierung ist gemäss Christen bald abgeschlossen. Sobald die Sanierung des Dachs abgeschlossen ist, treibt das Büro den Innenausbau voran.

Gemäss Baugesuch, das Ende August auflag, hätten die Arbeiten am Ausbau noch im vergangenen Jahr aufgenommen werden sollen. Offenbar kam es beim Umbau aber zu Verzögerungen. Jennifer Christen rechnet damit, dass der Innenausbau bald umgesetzt wird: «Die Bewilligung der Projektänderung Villa Toscana wird zeitnah erwartet und wurde uns auch so in Aussicht gestellt.» Die Zusammenarbeit mit Stadt und Denkmalpflege sei gut.

Die beiden Villen liegen nämlich in der Ortsbildschutzzone B der Stadt Luzern. Will heissen: Ein Abbruch des Gebäudes ist nur zulässig, wenn eine Sanierung technisch unmöglich oder wirtschaftlich unverhältnismässig ist. Zudem muss ein bewilligtes Neubauprojekt vorliegen, bevor die Stadt die Abbruchbewilligung erteilt. Und gerade für die zweite Immobilie ist dieser Schutzstatus relevant.

An der Obergrundstrasse 99 passiert nichts

Der Zustand der Villa Ryser – Romano & Christen haben die Villen so getauft – ist nämlich desolat. Vier Monate nach der Übernahme haben Romano & Christen lediglich das Dach notdürftig abgedeckt, damit es nicht mehr hinein regnet. Seither herrscht hier Stillstand. Bekannt ist bisher nur, dass die Architekten die Stadtvilla nicht für den Eigengebrauch, sondern kommerziell nutzen wollen. Im vergangenen Sommer bestätigten die Stadt und Romano & Christen, dass die Projektierung für das Gebäude aufgenommen wurde (zentralplus berichtete).

Konkretes ist bisher nicht bekannt. Auf Nachfrage von zentralplus will sich das Unternehmen nicht zu den Plänen für das Gebäude äussern. Die Frage, was mit dem zweiten Gebäude passiert, blieb unbeantwortet.

Das Architekturbüro erklärt einzig die grundsätzliche Strategie für die Villa. Diese heisst vorerst: abwarten. «Wir möchten die Villa Toscana sauber abschliessen, um das gewonnene Wissen und die Erfahrungen dann beim zweiten Haus, bei der Villa Ryser, direkt einsetzen zu können», sagt Jennifer Christen. Vor dem Abschluss der Arbeiten an der Obergrundstrasse 101 passiert im Gebäude nebenan nichts.

Erinnerungen werden wach

Das Architekturbüro erachtet die Sanierung offenbar als Lernprozess. Doch irgendwie beschleicht einem ein ungutes Gefühl beim Anblick des nach wie vor verlotterten Gebäudes. Die Tatsache, dass auch zwei Jahre nach der Übernahme keine konkreten Pläne für die Villa Ryser bekannt sind, weckt böse Erinnerungen an den Umgang Bodums mit den beiden Villen.

Schon kurze Zeit nach dem Verkauf hatte der Architekt und Nachbar Bruno Hermann Bedenken an den Plänen von Romano & Christen geäussert. Der Architekt setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt der beiden schutzwürdigen Gebäude ein. Er befürchtete, dass auch die neuen Besitzer dieselbe Strategie wie ihr Vorgänger verfolgen und das Gebäude zerfallen lassen, um einen Neubau zu errichten. (zentralplus berichtete).

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Auf Nachfrage zeigt es sich, dass sich an seinen Befürchtungen nichts geändert hat. «Ich bin irritiert, dass für die Villa Ryser noch immer keine konkrete Idee vorliegt», sagt Hermann. Die Visualisierungen, die eine sanierte Villa Ryser zeigen, hält er für wenig überzeugend. «So eine Skizze hat man innerhalb einer Woche gezeichnet.»

Er wünscht sich von Romano & Christen, dass sie wenigstens die Bevölkerung besser informieren würden. Er wisse zwar aus eigener Erfahrung, dass das schwierig und aufwändig sei. Doch gerade Romano & Christen kommuniziere sonst sehr geschickt und umfassend. «Wenn jemand die Bevölkerung mitziehen könnte, dann sie», sagt Hermann. Seine Skepsis an den Plänen des Architekturbüros bleibt darum bestehen.

Letztes Jahr hing vorübergehend ein Protestplakat vor der Obergrundstrasse 99. (Bild: zvg)

Im vergangenen August sorgte zudem eine Mini-Protestaktion der Gruppierung Resolut vor der Obergrundstrasse 99 für Aufmerksamkeit. Auch sie kritisierten, dass die Villa nach wie vor leer steht und dass die neuen Eigentümer die Sanierung hinauszögern. «Bis heute warten wir vergeblich darauf, dass an der Obergrundstrasse etwas Zählbares passiert», begründen sie ihren damaligen Protest (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen

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