Mitarbeiter erhielten letzten Lohn im Oktober

Tännler zu Konkurs von Krypto-Broker: «Das kann es geben»

Der neueste Zuger Krypto-Crash bringt den Präsidenten der Swiss Blockchain Federation, Heinz Tännler, nicht aus der Ruhe. (Bild: Unsplash @Kanchanara/zvg)

Die Zuger Covario AG hat Mitte Dezember ihre Bilanz deponiert. Seit Monaten warten die Angestellten auf ihren Lohn. Wie steht es um das Zuger Crypto-Valley?

Der letzte Freitag des Jahres, ein Bürogebäude an der Zuger Bahnhofsstrasse, zweiter Stock im Treppenhaus. An der verglasten Eingangstür lehnt ein Paket des US-Postal Service – aufgegeben in New York, verschickt als «Priority Mail», doch schnell geht hier gar nichts mehr.

Obwohl es auf Mittag zugeht, hat die Post noch niemand reingeholt. Und als sich nach dem zweiten Klingeln hinter der Milchglasscheibe immer noch nichts bewegt, steht fest, was die Dunkelheit ennet der Eingangstür angedeutet hat: Hier wird nicht gearbeitet. Nicht an diesem Freitagvormittag und wohl auch nicht in nächster Zeit. Denn die Mieterin der Büros, ein 2019 gegründeter Broker für Kryptowährungen namens Covario, ist pleite (zentralplus berichtete).

Covario deponierte Bilanz wegen Überschuldung

Das berichtet das Wirtschaftsportal «Inside Paradeplatz», das zeigt eine Akteneinsicht auf dem Zuger Handelsregister: Am 20. Dezember, um 8 Uhr morgens, hat das Kantonsgericht Zug den Konkurs über die Gesellschaft eröffnet. Tags zuvor hatte die Firma die Bilanz wegen Überschuldung deponiert.

«Dieser Konkurs zieht global Kreise und wird möglicherweise auch hier in Zug Auswirkungen haben.»

Heinz Tännler zur FTX-Pleite

Laut «Inside Paradeplatz» erfuhren 35 Angestellte kurz vor Weihnachten von der Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers. Dieser habe über Monate hinweg weder AHV- noch Pensionskassenabgaben bezahlt, die Angestellten warteten seit Oktober auf ihre Löhne. Das bestätigt eine der 35 Personen gegenüber zentralplus. Ihren Namen will sie nicht öffentlich machen, sie sagt aber: «Wir haben vor Kurzem die Anmeldungen fürs RAV erhalten.» Die Kündigungen habe das Management damit begründet, dass ein Investor seine versprochene Zahlung nicht geleistet habe: «Mehr hat man uns nicht gesagt.»

Abgangswelle im Verwaltungsrat kündigte Crash an

Offenbar soll die Führung um den Verwaltungsratspräsidenten, einen 44-jährigen Amerikaner mit Wohnsitz in Zug, diesen Frühling versucht haben, einen Investor zu finden. Gab es diesen Retter in der Not? Ist er abgesprungen? Und was sagen die Verantwortlichen zum Konkurs? Das bleibt offen. Eine Anfrage an Covario bleibt unbeantwortet. Der Telefonanruf landet nach einsekündigem Fetzen Warteschlaufenmusik auf dem Anrufbeantworter.

So lächelt einem das elfköpfige Management von der nach wie vor aufgeschalteten Website entgegen, als wäre nichts gewesen.

Doch spätestens gegen Ende November gab es Anzeichen, dass es bei Covario bald nichts mehr zu Lachen gibt. Auf einen Schlag traten mehrere Verwaltungsräte der Covario AG und einer gleichnamigen, weiterhin aktiven Holdinggesellschaft zurück. Er wünsche der Firma das Beste, schrieb etwa ein 37-jähriger Verwaltungsrat aus dem Kanton Schwyz, während ein anderer die Firma auf lediglich einer Zeile anwies, seinen Rücktritt zur Kenntnis zu nehmen. Das war am 22. November – gut einen Monat später kam es zum Crash.

FTX-Pleite wird Zug noch beschäftigen

Was hat dieser für den Kanton Zug zu bedeuten, der seit Jahren viel Geld und Energie dafür investiert, sich als Crypto-Valley zu positionieren? Auf Anfrage sagt Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor und Präsident der Swiss Blockchain Federation, er kenne die Situation der Firma nicht, weshalb er zum konkreten Fall nichts sagen könne. Aber: «Dass man sich plötzlich nicht mehr finanzieren kann, aus welchen Gründen auch immer, kann es in solch jungen Branchen geben.»

In einer jungen Branche wie Blockchain gebe es immer wieder «Bereinigungsphasen», während der weniger erfolgreiche Unternehmen zugrunde gehen. Ob man derzeit von einer solchen Phase sprechen könne, könne er jedoch nicht beurteilen.

Unsicherheit hat Ende November die FTX-Pleite ausgelöst. Innert weniger Tage ist der bekannte Händler für Digitalwährungen konkurs gegangen. «Dieser Konkurs zieht global Kreise und wird möglicherweise auch hier in Zug Auswirkungen haben», meint Tännler. Wie diese aussehen, werde sich zeigen. Der Zuger Kryptoexperte Alexander Brunner meinte jüngst gegenüber zentralplus, dass die Investitionsbereitschaft in Kryptoprodukte gesunken sei (zentralplus berichtete). Also genau der Grund, der gemäss eigenen Angaben zum Aus der Covario AG geführt hat.

Tännler ist weiter optimistisch

Verunsichert ist Heinz Tännler deshalb nicht. Der Zuger Finanzdirektor verweist auf einen baldigen Bericht der Kryptoinvestorin Crypto Valley Venture Capital, wonach sich in diesem Jahr 4 bis 6 Prozent mehr Firmen aus der Kryptobranche in Zug angesiedelt hätten als 2021. Bereits jetzt arbeitet gut die Hälfte der schweizweit rund 6000 Angestellten im Blockchain-Sektor im Zuger Crypto-Valley – also etwa 3000 Personen. Trotz des jüngsten Konkurses ist Tännler deshalb überzeugt: «Die Zuger Kryptobranche entwickelt sich kontinuierlich weiter.»

Darauf dürfte auch die Covario-Belegschaft hoffen. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht es um ihre Zukunft. Oder, wie es die Person sagt, die bis zum Lichterlöschen für den Zuger Kryptobroker gearbeitet hat: «Ich hoffe, ich finde einen neuen Job, kann nach vorne schauen und das Vergangene hinter mir lassen.»

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Heinz Tännler, Präsident der Swiss Blockchain Federation und Zuger Finanzdirektor
  • Versuchte Kontaktaufnahme mit der Covario AG
  • Unterlagen aus dem Zuger Handelsregister
  • Schriftlicher Austausch mit Andreas Hess, Leiter Handelsregister und Konkursamt Zug
  • Artikel «Inside Paradeplatz»
  • Website der Covario AG
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