Chamer Jungunternehmer

Seine Unterleibchen retten Hockeyspielern das Leben

Nico Serenas Start-up Aycane kämpft mit Lieferengpässen. (Bild: zvg)

Seit dem Tod eines Eishockeyspielers ist die Nachfrage für Produkte des Chamer Start-ups Aycane explodiert. Auch EVZ-Spieler tragen das dauerhaft ausverkaufte Unterleibchen mit Halsschutz.

Adam Johnsons Zusammenstoss mit einem Gegenspieler ist heftiger, als es auf Anhieb erkennbar ist. Der ehemalige NHL-Spieler wird bei einem britischen Eishockey-Cupspiel Ende Oktober von der Kufe eines Schlittschuhs am Hals getroffen. Er fällt zu Boden, rappelt sich auf und taumelt stark blutend vom Eis, bevor er zusammenbricht.

Im Spital erliegt der 29-Jährige seinen Verletzungen. Zu Hause sollte seine Freundin einen Verlobungsring finden, mit dem Johnson sie offensichtlich überraschen wollte. Eine tragische Geschichte, die auch in Zug zu reden gab.

Zurück in der Gegenwart, beschäftigt der Unfall die Eishockeywelt noch immer. Weltweit werden Diskussionen über ein mögliches Halsschutzobligatorium geführt. Die Spieler der Schweizer Nationalmannschaften müssen sich seit Dezember an ein solches halten. Derweil setzt der EVZ weiterhin auf Eigenverantwortung. Dabei pflegt der Verein eine Partnerschaft mit Aycane, dem Chamer Start-up, dessen Verkaufszahlen seit Adam Johnsons Tod rapide in die Höhe geschnellt sind. Wegen eines Unterleibchens mit Halsschutz, das schnittfest ist.

Ironie des Schicksals

Aycane-CEO Nico Serena hat das Start-up 2020 mitgegründet. «Der Vorfall hat mich zutiefst berührt», erinnert sich Serena, «insbesondere, weil wir damals schon seit über zweieinhalb Jahren mit unseren schnittfesten Produkten unterwegs waren.» Sofort habe er realisiert, dass Johnsons Tod sich bemerkbar auf die Geschäftstätigkeiten von Aycane auswirken würde.

Er sollte Recht behalten. Seit Monaten sind die Unterleibchen mit schnittfestem Stoff am Hals und an den Handgelenken vergriffen. «Die nächste Lieferung wird im Mitte März eintreffen, ist jedoch auch schon ausverkauft», so Serena. Momentan werde in Deutschland an neuen Hightechstoffen getüftelt. Der Fahrplan steht: «Unser Ziel ist es, in den nächsten drei Jahren einen zu 100 Prozent schnittfesten Stoff auf den Markt zu bringen, der noch besser ist als das, was wir heute anbieten.»

Nordamerika ist die halbe Miete

Auch wenn das aktuelle Produkt noch nicht den hundertprozentigen Schutz vor Verletzungen garantiert, erobert Aycane die Branche augenscheinlich im Sturm. Wegen ihres Fokus auf Eishockey habe sich Nordamerika als möglicher Absatzmarkt zwar aufgedrängt, erklärt Serena. «Doch dass wir nach zweieinhalb Jahren bereits mehr als 50 Prozent unseres Umsatzes in Nordamerika machen, ist sicher eine Überraschung.»

Dieser Halsschutz hätte möglicherweise den Tod Adam Johnsons verhindert. (Bild: zvg)

Das Chamer Start-up möchte sich in der Branche als führender Hersteller für Eishockey- und Fitnessbekleidung etablieren. Dabei traut Serena sich und seinem Team zu, auch die etablierte Konkurrenz – etwa Bauer oder CCM – hinter sich zu lassen. Erste Lieferungen nach Japan, Korea oder Australien indizieren, dass auch im fernen Osten Potenzial vorhanden ist.

Zudem hätten sie jüngst erste branchenfremde Anfragen erhalten, fährt Serena fort. Und zwar aus dem Skisport. Ob das Chamer Start-up Aycane seine Erfolge vom Eis auf den Schnee übertragen kann, wird sich zeigen.

Reto Kläy spricht sich für Obligatorium aus

Ob der EVZ im Lauf des Frühlings an seine Erfolge aus den Meisterjahren 2021 und 2022 anknüpfen kann, wird sich ebenfalls zeigen. Und schliesslich ist es auch ungewiss, ob es nächste Saison zu einem Halsschutzobligatorium in der National League kommen wird. «Die Chancen stehen gut», lautet EVZ-Sportchef Reto Kläys Einschätzung. Er würde dies begrüssen.

EVZ-Sportchef Reto Kläy würde ein Halsschutzobligatorium begrüssen. (Bild: EVZ)

Hingegen steht er einem Zuger Alleingang skeptisch gegenüber. «Ein Obligatorium ohne Sensibilisierungsarbeit wäre wenig wirksam», fürchtet er. Auch weil Spieler versucht sein könnten, das Gebot zu umgehen. Mit der Sensibilisierungsarbeit habe der EVZ indes bereits begonnen. Und damit dazu beigetragen, dass die Thematik nach dem Abflachen der Debatte, die der Tod Adam Johnsons ausgelöst hat, im Verein präsent geblieben sei.

Verletzungen gehörten im Eishockey zwar dazu, erklärt Sportchef Kläy. «Lebensbedrohliche Unfälle wie jener von Adam Johnson sind aber zum Glück sehr selten.»

Beim EVZ tragen fast alle Aycane

Von den Produkten des Chamer Start-ups Aycane ist Reto Kläy überzeugt: «Sie verbinden idealen Tragekomfort mit Schnittschutz an Hals, Handgelenken und Beinen.» Die meisten EVZ-Spieler würden diese Unterleibchen bereits tragen.

Wer noch nicht eingedeckt ist, muss sich im Fall der ausverkauften Unterleibchen gedulden, bis sie wieder verfügbar sind. Dabei würden die EVZ-Spieler bestimmt weit oben auf der Warteliste geführt, ist sich Kläy sicher.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Aycane-Mitgründer Nico Serena
  • Telefonat mit EVZ-Sportchef Reto Kläy
  • Medienmitteilung der Swiss Ice Hockey Federation
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon