Nach Entlassungen

Putin-Nähe: Umstrittene Firma sponsert Zuger Weihnachtsmarkt

Lehnt das Geld einer umstrittenen Firma nicht ab: der Zuger Weihnachtsmarkt. (Bild: Archivbild: zvg)

Heuer verwandeln die Organisatoren des Zuger Weihnachtsmarkts den Postplatz wieder in eine weihnachtliche Kulisse. Irritierend: Unter den Hauptsponsoren befindet sich der Düngerkonzern eines gebürtigen Weissrussen, dem Nähe zum russischen Präsidenten Putin vorgeworfen wird.

Seit einigen Tagen riecht es auf dem Zuger Postplatz wieder nach Glühwein. Tannen wurden mit Christbaumkugeln geschmückt, es erklingen Jodel- und Drehorgelklänge: Nachdem der Zuger Weihnachtsmarkt vier Jahre lang nicht durchgeführt wurde, findet er heuer das erste Mal über elf Tage statt. Organisiert wird er vom Verein Zuger Weihnachtsmarkt.

Gesponsert wird der Anlass von der Stadt Zug, der Zuger Kantonalbank, Capri-Sun, Siemens – und Eurochem. Eurochem ist ein russischer Düngerkonzern, dessen Gründer am Anfang des Jahres in die Schlagzeilen geraten ist. Der Gründer, ein Mann namens Andrey Melnichenko, landete im März 2022 auf der Sanktionsliste (zentralplus berichtete). Dem Oligarchen wird Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin vorgeworfen. Das streitet er jedoch ab. Melnichenko gehört gemäss der «Bilanz» zu den 300 Reichsten der Schweiz. Seinen Namen führt das Magazin gar in der Top-10-Liste auf. Das Vermögen des gebürtigen Weissrussen wird auf 16 bis 17 Milliarden Franken geschätzt.

Bevor die Sanktionen in Kraft getreten sind, trat Melnichenko als Begünstigter des Trusts jedoch zurück. Wer nachrückte? Seine Frau Alexandra. Ihr und Andreys Name stehen auch heute noch auf der Schweizer Sanktionsliste. Die Firma selbst wird jedoch weiterhin von den USA, vom Vereinigten Königreich und von der EU nicht sanktioniert.

Langjährige Partnerschaft mit der Eurochem

Wie kommts, dass die Organisatoren des Zuger Weihnachtsmarkts es zulassen, Geld von einer solch umstrittenen Firma anzunehmen?

Der Verein Zuger Weihnachtsmarkt geht auf konkrete gestellte Fragen seitens zentralplus nicht ein. In einem Statement schreibt er: «Den russischen Angriffskrieg hat der Verein Zuger Weihnachtsmarkt selbstverständlich im Blick. Er bewegt uns sehr.»

«Nach Gesprächen mit unserem Partner haben wir uns für eine Fortführung entschieden, weil Eurochem den Gedanken des Vereins teilt und wir nicht pauschalisieren möchten.»

Verein Zuger Weihnachtsmarkt

Neben Zuger Unternehmen seien auch einige internationale Firmen als Unterstützer dabei. «Wir blicken bei vielen Sponsoren auf langjährige Partnerschaften zurück. So auch bei Eurochem mit Sitz in Zug», so die Organisatoren. «Nach Gesprächen mit unserem Partner haben wir uns für eine Fortführung entschieden, weil Eurochem den Gedanken des Vereins teilt und wir nicht pauschalisieren möchten.» Der Zuger Weihnachtsmarkt sei als «weihnachtlicher Treffpunkt für alle Menschen und ein Ort der Begegnung» gedacht, bei dem das «friedvolle Miteinander» im Fokus stünde.

Fragen dazu, wie gross der Sponsoringbeitrag der Eurochem ist, inwiefern dies zu kritischen Rückmeldungen oder gar zu Absagen von Kulturschaffenden oder Ausstellern geführt hat, werden nicht beantwortet. Ebenso nicht, inwiefern man beim Verein über ethische Richtlinien verfügt, wann Gelder angenommen werden – und in welchen Fällen man auf ein Sponsoring durch die Eurochem verzichtet hätte.

Eurochem hat bereits Fasnachtsanlass gesponsert

Die Eurochem ihrerseits hält fest, dass sie sich als «verantwortungsbewusster Arbeitgeber» in den Gemeinden, in denen sie tätig sei, engagiere. «Als Schweizer Unternehmen mit Sitz in Zug sind wir seit 2014 aktiver Sponsor von Veranstaltungen, die der Gemeinde zugute kommen, wie dem Zuger Weihnachtsmarkt und der Fastnacht», hält die Firma in einer auf englisch verfassten Stellungnahme fest.

In der Tat hat der Düngerkonzern, der weltweit rund 27'000 Mitarbeiter beschäftigt, bereits die Zuger Chesslete mitgesponsert (zentralplus berichtete). Bereits dieses Engagement konnte manch Zugerin oder Fasnächtler nicht verstehen.

Massenentlassung bei der Eurochem in Zug?

Dass eine Firma, die zum Teil russischen Oligarchen gehört, auf der Hauptsponsorenliste steht, wirft Fragen auf. Umso mehr, weil an zentralplus die Meldung getragen worden ist, es habe bei Eurochem in Zug eine Massenentlassung gegeben.

Die Eurochem will Fragen dazu, ob es eine Massenentlassung beim Zuger Sitz gegeben habe, weder bestätigen noch dementieren. Der Düngerkonzern schreibt, dass er, wie viele andere Branchen in ihrem Sektor, «von der aktuellen geopolitischen Lage und den Auswirkungen der Sanktionen, wie zum Beispiel dem Zugang zu Finanzmitteln und der weitreichenden Unterbrechung unserer Lieferketten stark beeinträchtigt» worden sei.

Und weiter: «Infolgedessen sahen wir uns Ende 2022 gezwungen, das Betriebsmodell unserer Büros und Betriebe in Europa zu überprüfen, wobei einige Mitarbeiter das Unternehmen verliessen und andere in andere Teile der Gruppe wechselten.» Die Änderungen, die sie in Zug vollzogen hätten, seien «in voller Übereinstimmung mit allen notwendigen gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Unternehmensänderungen» geschehen.

Spricht eine Firma eine Massenentlassung aus, so muss sie es dem Kanton melden. Bernhard Neidhart, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit, scheint indirekt zu bestätigen, dass es eine Massenentlassung bei der Eurochem mit Sitz in Zug gegeben habe. «Das Amt für Wirtschaft und Arbeit wurde ordnungsgemäss informiert», lässt er verlauten. Weitere Details könne er aus Gründen des Amtsgeheimnisses nicht preisgeben.

Verwendete Quellen
  • Input von Leserreporter
  • Schriftlicher Austausch mit Verein Zuger Weihnachtsmarkt
  • Schriftlicher Austausch mit Bernhard Neidhart, Leiter Amt für Wirtschaft und Arbeit Kanton Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Fabian Maienfisch, Stv. Ressortleiter und Mediensprecher beim SECO
  • Schriftlicher Austausch mit Eurochem
  • Artikel der «Bilanz»
  • Sanktionsliste des SECO
  • Website des Zuger Weihnachtsmarkts
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