Vekselbergs Yacht in Mallorca beschlagnahmt

Russische Oligarchen: In den USA verfolgt, in Zug verschont

Forderungen nach Sanktionen gegen Russland werden immer lauter. Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler erklärt, warum das nicht ganz so einfach ist. (Bild: Unsplash/Markus Spiske/zvg)

Viktor Vekselberg, ein bekannter russischer Oligarch, gerät international ins Visier der Strafbehörden. An seinem Wohnort, dem Kanton Zug, geht die Umsetzung der Sanktionen nur langsam voran. Zu langsam für die Linken: sie wollen mit einer Taskforce Dampf machen.

Russischen Milliardären weht derzeit ein eisiger Wind entgegen. Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine haben verschiedene westliche Länder die Bankkonten von Oligarchen mit Putin-Nähe eingefroren. Die Liste ist lang: 874 Personen und 62 Unternehmen und Organisationen stehen darauf. «Zuger» und «Luzerner» Oligarchen sind bisher von Sanktionen verschont geblieben (zentralplus berichtete).

Doch das hat nun anscheinend ein Ende: Die Yacht des in Zug wohnhaften Viktor Vekselberg ist in Mallorca beschlagnahmt worden (zentralplus berichtete). Dies im Auftrag der USA, die in Spanien ein Rechtshilfegesuch gestellt haben. Mit einem solchen Gesuch unterstützen lokale Behörden die Ermittlungen anderer Staaten, beispielsweise bei der Erhebung von Beweisen. Die US-amerikanischen Behörden werfen Vekselberg unter anderem Steuerbetrug und Geldwäscherei vor.

Vekselberg: Verbindung zu Zug gab schon früher zu reden

Im Kanton Zug wissen die Behörden bislang von keinen Strafverfahren oder Sanktionen gegen Vekselberg. Bei der Zuger Staatsanwaltschaft wurde kein Verfahren eröffnet, sagt Mediensprecherin Judith Aklin. Auch eine Anfrage beim Bundesamt für Justiz zeigt: Gegen Vekselberg laufen keine Ermittlungen. Und auch ein Rechtshilfegesuch sei keines eingetroffen.

Eigene Sanktionen sind hierzulande (noch) nicht vorgesehen, denn Vekselberg steht nicht auf der Sanktionsliste der EU, die die Schweiz vor dem Hintergrund des Embargogesetzes übernommen hat.

«Wir können nicht einfach irgendetwas machen.»

Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor

Ein unbeschriebenes Blatt ist Vekselberg deshalb noch lange nicht. 2014 gab es Diskussionen, ob Vekselberg auch tatsächlich in Zug wohnt. Sowohl die damalige Zuger Direktion des Inneren als auch das Bundesamt für Justiz zweifelten daran, wie die «NZZ» berichtete. Doch das Zuger Verwaltungsgericht entschied, dass Zug durchaus sein Wohnort sei. Als Beweis für seine Zuger Verbindung nannte man seine Pauschalbesteuerung (zentralplus berichtete). Und seine Unterstützung für einen Oberwiler Sportverein (zentralplus berichtete).

Auch 2018 kam es zum Knatsch mit Behörden. Wegen amerikanischer Sanktionen weigerte sich die Bank Julius Bär, Vekselberg amerikanische Aktien zu verkaufen. Auch ein Postfinance-Konto wurde gekündigt. Gegen beide Entscheide ging Vekselberg gemäss der «NZZ» gerichtlich vor. Im letzteren Fall bekam er Recht.

Sanktionen werden nur langsam durchgesetzt

Zwar steht Vekselberg nicht auf der Liste, doch auch die Sanktionen gegen andere russische Oligarchen werden in der Schweiz nur harzig umgesetzt. Im Kanton Zug stehen vor allem juristische Personen auf der Liste – also Firmen, wie die in letzter Zeit oft kritisierten Rohstoffunternehmen. Doch was mit der Sanktionsliste anzufangen ist, scheinen manche Kantone nicht zu wissen.

Finanzdirektor Heinz Tännler schiebt den schwarzen Peter derweil dem Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zu. In einem vielfach kritisierten «SRF»-Auftritt begründet er das Zuwarten mit mangelhafter Kommunikation des Bundes. Um die Verantwortung der Kantone und privater Unternehmen zu klären, hat das Seco deshalb letzte Woche ein Merkblatt veröffentlicht (zentralplus berichtete). Doch für Tännler sind damit nicht alle Unklarheiten getilgt. Es laufen noch immer Abklärungen, denn das Merkblatt sei «lückenhaft».

«Wollen die Zugerinnen und Zuger ihre Schulhäuser und Spitäler mit Steuergelder aus solchen Firmen bezahlen?»

Tabea Estermann, Präsidentin GLP Zug

«Es ist teilweise unklar, wie die Sanktionsliste zu beurteilen ist», sagt Heinz Tännler am Telefon. Viele Einträge auf der Liste seien widersprüchlich oder mit unterschiedlichem Informationsgehalt, beschreibt der SVP-Regierungsrat die Situation. Gerade bei den juristischen Personen gebe es Mehrfachnennungen mit teils unterschiedlichen Informationen. Zudem blieben weitere Fragen noch offen. Etwa, was mit Firmen geschieht, die zwar nicht auf der Liste stehen, aber in Verbindung mit einer sanktionierten Person stehen. «Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, können wir unsere Arbeit nicht sauber machen», so der Zuger Finanzdirektor.

Für den Vorwurf, der Kanton Zug bremse die Umsetzung der Sanktionen, hat der 61-Jährige deshalb wenig Verständnis: «Wir können nicht einfach irgendetwas machen.» Immerhin habe sein kritisierter SRF-Auftritt dafür gesorgt, dass das Seco das Merkblatt herausgegeben habe. «Bis dahin waren wir in einer Art Blindflug unterwegs.»

«Ein Armutszeugnis für den Kanton Zug»

Die Zuger Linke pocht derweil auf rasches Handeln. Dabei liegt ihr Hauptaugenmerk auf dem Zuger Rohstoffhandel. So hat zum Beispiel die Grüne-Nationalrätin Manuela Weichelt beim Bundesrat interveniert – der findet jedoch, er könne keine eigenständigen Sanktionen erlassen (zentralplus berichtete).

Locker lassen will die Zuger Alternative – die Grünen (ALG) nicht: «Längerfristig bin ich davon überzeugt, dass der Zuger Rohstoffhandelsplatz endlich auf eine saubere Strategie setzten muss, welche sich an Menschenrechten und internationalen Standards orientiert», schreibt Kantonsrat Luzian Franzini auf Anfrage. Zumal die Grünen die Nähe der Branche zu Putin bereits seit rund 20 Jahren beanstanden, wie Weichelt in einer Podiumsdiskussion Anfang dieser Woche betonte.

Auch bei der Zuger SP ist der Rohstoffhandel Thema. Sie hat entsprechende Vorstösse dazu im Kantonsrat eingereicht. Zudem äussert sie deutliche Kritik am Finanzdirektor zur zögerlichen Umsetzung der Sanktionen: «Wenn nicht koordiniert werden kann und gleichzeitig kein Wille gezeigt wird, möglichen Missständen nachzugehen, dann ist das ein Armutszeugnis für den Kanton Zug», findet Kantonsrätin Virginia Köpfli. Damit der Kanton Zug eine aktivere Rolle bei den Sanktionen einnimmt, fordern die SP und die ALG mittels Postulat eine Taskforce. Diese soll aktiv nach Verbindungen und Vermögenswerten der sanktionierten Personen suchen.

Für die GLP ist der Ukraine-Krieg indes ein Anlass, um generell einige «roten Linien» zu definieren: «Heute ist es Putin und der Ukraine-Krieg, doch wer ist es morgen? Wollen die Zugerinnen und Zuger ihre Schulhäuser und Spitäler mit Steuergelder aus solchen Firmen bezahlen?», so GLP-Präsidentin Tabea Estermann. Um solche Fragen zu klären, benötige es eine ehrliche Diskussion mit der Bevölkerung.

Seco wehrt sich: Man tut, was man könne

Aktiver als Zug geht der Kanton Luzern vor. In einer Medienmitteilung kündigt er an, die Sanktionsliste systematisch zu überprüfen. Die Kantone haben zwar keine Ermittlungs-, wohl aber eine Meldepflicht (zentralplus berichtete).

Die Umsetzung der Massnahmen obliegt aber dem Seco. Dies bestätigt deren Mediensprecher Fabian Maienfisch auf Anfrage. Lautstarke Forderungen nach schnellerem Vorgehen sind hier jedoch an der falschen Adresse. Das Seco müsse auf die Meldungen von Behörden, Banken und weiteren Institutionen warten. Eigene Nachforschungen werden nicht angestellt. Anders als nach Aussagen des Zuger Finanzdirektor sind für das Seco mit dem herausgegebenen Merkblatt nun die meisten Unsicherheiten geklärt. «Zudem gibt es seit Beginn der Krise eine Hotline des Seco für betroffene Unternehmen und Personen.»

Vekselbergs im Jahr 2011 erbaute Yacht Tango wurde in Palma de Mallorca beschlagnahmt.
Vekselbergs Yacht Tango wurde in Palma de Mallorca beschlagnahmt. Sie ist rund 90 Millionen Euro wert. (Bild: SuperYachtFan)

Weiter konnte das Seco durchaus schon Erfolge verbuchen: Laut dem Sprecher sind – Stand 24. März – insgesamt sechs Milliarden Franken an Vermögenswerten gesperrt. Hinzu kommen zehn Liegenschaften, die schweizweit gemeldet wurden. Gemäss Verordnung dürfen sanktionierte Personen darin zwar weiterhin wohnen, diese aber nicht vermieten oder anderweitig veräussern. Sollte jemand dagegen verstossen, könnte das Seco eine Anzeige bei der Bundesstaatsanwaltschaft einreichen.

Fazit: Es passiert etwas. Damit das Tempo wie politisch gefordert anzieht, sind jedoch die Kantone und Banken gefragt.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Tabea Estermann, Zuger GLP-Präsidentin
  • Schriftlicher Austausch mit Judith Aklin, Mediensprecherin Zuger Staatsanwaltschaft
  • Telefonat mit Ingrid Ryser, Informationschefin beim Bundesamt für Justiz
  • Informationen zur internationalen Rechtshilfe vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement
  • Artikel der «NZZ»
  • Telefonat und schriftlicher Austausch mit Fabian Maienfisch, Mediensprecher beim Seco
  • Schriftlicher Austausch mit Luzian Franzini, ALG Kantonsrat
  • Podium Kosmopolitics – Das Geschäft mit Putin
  • Schriftlicher Austausch mit Virginia Köpfli, SP Kantonsrätin
  • Telefonat mit Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor
  • Artikel der «NZZ» vom März 2014
  • Medienberichte von zentralplus
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Wupi
    Wupi, 08.04.2022, 17:08 Uhr

    Zug ohne schmutziges Geld? Geht doch nicht. Die müssten ja die Steuern erhöhen! Ehrlich sieht anders aus.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 08.04.2022, 12:07 Uhr

    Wie sagt die SVP jeweils bei den IV-Bezügern? Wer nichts zu verbergen hat, kann sich ungeniert offen und ehrlich zeigen. Also los, zeigt uns mal eure fetten Schecks aus Moskau.

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