Besuch des US-Sanktionsverantwortlichen

Versteckte Gelder: Der Druck auf Zuger Treuhänder steigt

Der US-Sanktionsbeauftragte Brian Nelson (rechts) bei seinem Treffen mit Seco-Vertretern in Bern. (Bild: Twitter @SECO_StateSec)

Immer intensiver suchen die USA nach Schweizer Treuhändern und Anwälten, die mit Oligarchen handelten oder deren Vermögen verstecken. In Zug sind sie bereits fündig geworden.

Die Schweiz hat seit Kriegsbeginn russische Gelder im Wert von
7,5 Milliarden Franken auf Schweizer Bankkonten eingefroren. Den USA geht das zu langsam. «Die Schweiz könnte 50 bis 100 Milliarden zusätzlich blockieren», sagte der US-Botschafter in Bern kürzlich zur «NZZ». Daher hat die Biden-Regierung diese Woche ihren höchsten Sanktionsverantwortlichen Brian Nelson in die Schweiz geschickt.

Am Dienstag hat sich Nelson mit Vertretern des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) getroffen. Ein Schwerpunkt bei den Gesprächen war die «Problematik der Vermögensverwaltung durch Anwälte und Anwältinnen», berichtet die «Handelszeitung». Anwälte hierzulande würden sich teils illegal als Treuhänder betätigen und von der Schweiz aus komplizierte Strukturen in Offshore-Ländern aufbauen, heisst es im Bericht. Diese «Facilitatoren» wollen die US-Behörden aufspüren.

USA sanktionierten bereits Zentralschweizer

Kurz vor Nelsons Ankunft in der Schweiz veröffentlichten die USA die neueste Sanktionsliste. Ihr jüngster Fund ist die Liechtensteiner Treuhandgesellschaft Sequoia Treuhand Trust, in der auch Schweizer Staatsbürger beschäftigt waren: Sie sollen für den Oligarchen Gennadi Timtschenko tätig gewesen sein. Neue Zuger Personen oder Gesellschaften finden sich auf der Liste nicht. Es wäre jedoch nicht das erste Mal, wenn es bald dazu kommt.

Denn erst im November sanktionierten die US-Behörden mehrere Zentralschweizer. Sie werfen ihnen vor, mit sanktionierten Personen aus Russland zusammengearbeitet zu haben (zentralplus berichtete). Das Beispiel zeigt: Die US-Behörden haben auch Anwälte und Treuhänder im Kanton Zug im Blick. Gemäss Brian Nelsons Botschaft künftig noch genauer.

Über 500 Gesellschaften im Kanton sind im Handelsregister unter dem Zweck «Treuhand» gelistet. Dazu kommen etwa 175 «Trusts», diverse Kanzleien und Hunderte Beratungsunternehmen. Es ist nicht auszuschliessen, dass es auch unter ihnen «Facilitatoren» gab, die mit sanktionierten Personen handelten und ihr Vermögen verwalteten.

Anwaltsgeheimnis erschwert Recherche

Bereits seit Längerem befinden sich auf der US-Sanktionsliste zwei russische Gesellschaften mit derselben Adresse in der Stadt Zug. Gemäss dem Handelsregister haben sie dieselbe Verwaltungsrätin und Zweitadresse in der russischen Stadt Kaliningrad. Mit im Gebäude befinden sich auch die Büros der «Schweiger Advokatur». Die Kanzlei ist breit aufgestellt und auch international tätig.

«Sie werden Verständnis dafür haben, dass uns das Anwaltsgeheimnis verbietet offenzulegen, ob wir für die beiden von Ihnen angesprochenen Gesellschaften anwaltlich tätig waren.»

«Schweiger Advokatur»

Ob sie mit den sanktionierten Firmen im selben Haus zu tun hatte, will die Kanzlei auf Anfrage nicht sagen. Sie betont jedoch, dass es sich um ein grosses Haus mit einer Vielzahl von Unternehmen handle. Darüber hinaus schreibt «Schweiger Advokatur»: «Sie werden Verständnis dafür haben, dass uns das Anwaltsgeheimnis verbietet offenzulegen, ob wir für die beiden von Ihnen angesprochenen Gesellschaften anwaltlich tätig waren.»

Zug ist einer der Hauptstandorte grosser internationaler Unternehmen in der Schweiz. Mit der neuen OECD-Mindeststeuer müssen die bald tiefer in die Tasche langen, als bisher.
In Zug gibt es Hunderte Treuhandgesellschaften und internationale Kanzleien. (Bild: zvg)

Das Anwaltsgeheimnis ist eine der grossen Hürden bei der Nachverfolgung von russischem Vermögen in der Schweiz. Denn rechtlich geht das Anwaltsgeheimnis bei der Vertretung vor Gericht der Meldepflicht vor. Das bedeutet: In ihrer sogenannten «kernanwaltschaftlichen» Tätigkeit sind Anwältinnen nicht verpflichtet, Vermögen zu melden – auch wenn sie annehmen, dass es unter die Sanktionen fällt. So erklärt es das Seco auf seiner Website.

Treuhänder ist kein geschützter Beruf

Anders verhält es sich bei der Vermögensverwaltung oder bei treuhänderischen Tätigkeiten: Hier müssen Anwälte Gelder melden, die unter die Sanktionen fallen. Der Titel Treuhänder sei aber nicht geschützt, schreibt Bruno Aeschlimann, Präsident der Zuger Treuhändervereinigung (ZTV) auf Anfrage. Jede Person dürfe sich Treuhänder nennen und ein entsprechendes Büro eröffnen – Anwalt oder nicht.

«Schwarze Schafe können trotz aller Gesetze im Wirtschaftsleben nie ganz verhindert werden.»

Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor

Es gebe überall Menschen mit krimineller Energie, die Krisen und Notsituationen ausnützten, schreibt Bruno Aeschlimann. Der Zuger Finanzdirektor, Heinz Tännler, kann das bestätigen. «Schwarze Schafe können trotz aller Gesetze im Wirtschaftsleben nie ganz verhindert werden», erklärt er auf Anfrage von zentralplus.

Um «schwarze Schafe» kümmert sich der Bund

Für die Durchsetzung der Sanktionen sei aber nicht der Kanton verantwortlich, schreibt Heinz Tännler weiter. Zug arbeite dafür eng mit den nationalen Aufsichtsbehörden zusammen. Es wäre ausserdem nicht sinnvoll, wenn alle Kantone eigene spezialisierte Stellen aufbauen müssten. Weil Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften häufig in mehreren Kantonen tätig seien, wäre der Koordinationsaufwand enorm, erklärt er.

«Es ist davon auszugehen, dass sich vor allem der Druck des Auslands weiter erhöhen wird.»

Heinz Tännler

Der Kanton erwarte von seinen Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften, auf riskante Ausflüge in rechtliche Grauzonen zu verzichten, sagt Heinz Tännler. Doch vollständig verhindern liesse sich das nicht. Die Folge: «Es ist davon auszugehen, dass sich vor allem der Druck des Auslands weiter erhöhen wird», meint der Finanzdirektor.

Verwendete Quellen
  • Artikel im «Tagesanzeiger»
  • Sanktionsliste der USA
  • Artikel in der «NZZ»
  • Artikel in der «Süddeutschen Zeitung»
  • Suche im Zuger Handelsregister
  • Eintrag in Moneyhouse
  • Artikel in der «Handelszeitung»
  • Eintrag bei den Parlamentsdiensten
  • Schriftlicher Austausch mit Heinz Tännler, Finanzdirektor Kanton Zug
  • Schriftlicher Austausch mit der Schweiger Advokatur
  • FAQ des Seco
  • Schriftlicher Austausch mit Bruno Aeschlimann, Präsident Zuger Treuhändervereinigung ZTV
  • Website von «opensanctions.org»
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5 Kommentare
  • Profilfoto von D. Brunner
    D. Brunner, 23.04.2023, 10:41 Uhr

    «Der Druck auf Zuger Treuhänder steigt»: Kein einziger Name, einzig am Schluss des Artikels Heinz Tännlers entsprechende Ankündigung.

    «Zwei sanktionierte Firmen» haben ihren Sitz an der Dammstrasse 19, aber auch hier weder die Namen von Firmen, noch von deren Organen.

    Die Fragen «wer, wo, was, wie, wann?» zu beantworten, ist die einfachste, grundlegende journalistische Pflicht (statt zu insinuieren).

    Wobei: Selbstverständlich darf aufgrund der historischen Erfahrungen mit grosser Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass im Kanton Zug tätige Treuhänderinnen und/oder Anwälte auf US- und EU-Sanktionslisten landen werden.

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 23.04.2023, 08:59 Uhr

    Es geht darum, den Schweizer Finanzplatz unrettbar zu ruinieren. Dazu wird auf Gutmenschentum und den unreflektierten Aktionismus der permanenten Ermahner zu schlechtem Gewissen gesetzt. Und die notorisch dafür bekannten „alternativen“ Politkreise nehmen den Ball auf und machen liebend gerne mit. Da braucht man nicht einmal die wirklich üblen Werkzeuge zu zeigen.

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    • Profilfoto von LD
      LD, 23.04.2023, 12:17 Uhr

      Das ist zweifelsfrei so. War hier abgeht ist eine wohlorganisierte Heuchelei. Dabei sollte man den moralischen Anspruch dieser Auseinandersetzung nicht ungeprüft hinnehmen, denn es ging bei der Zerstörung des Bankenplatzes Schweiz einzig darum, die eigenen Konkurrenzangebote zur Schweiz zu lancieren, mit Delaware, Virgin Islands und den Kanalinseln. Eine Umleitung der Finanzströme zu diesen neuen Angeboten.
      Ausserdem ein gefährlicher Eingriff in die Eigentumsrechte, was der Glaubwürdigkeit des ganzen sogenannten Westens enorm schadet. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der globale Osten und Süden in Riesenschritten aus dem Dollar flüchtet und sich verlässlicheren Partner zuwendet und nicht politisierte Währungen nutzt. Der Dollar als Leitwährung sieht deshalb seinem Ende entgegen, was für unseren Grossen Bruder grosse Schwerzen bereiten wird.
      Es gibt nur eines(!): rechtsstaatliche Verfahren, die dann viele Jahre dauern, bis der Spuk von endet dem Teich vorbei ist.

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    • Profilfoto von Libero
      Libero, 23.04.2023, 13:43 Uhr

      Als Libero ist es mir klar, dass verteidigen in unseren Genen liegen muss. Beim Bank-Geheimnis wurden Zähne heraus gebissen! Beim Anwalts-Geheimnis werden EU + USA mit der Motorsäge vorfahren müssen, bei der Dichte der Anwälte in den Eidg. Räten.

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      • Profilfoto von LD
        LD, 23.04.2023, 14:35 Uhr

        Zu den Themen Sanktionen und Eingriffe in die Eigentumsrechte und deren verhehrende Folgen: Darüber sollte dringend nachgedacht werden!Jammergestalten spielen heute Elite im Finanzsystem – ein Phänomen, das wie ein Virus oder wie eine hypnotische Kraft wirkt und die Kritikfähigkeit selbst der klügsten Menschen ausser Kraft setzt. Die grössten Geister kapitulieren vor dem grössten Unsinn und behaupten, was offensichtlich nur Schaden anrichtet. Es gibt auch Gegenmittel zur Motorsäge.

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