«Hall of Shame» der Yale-Universität

Darum will Swiss Krono weiter in Russland geschäften

Die Swiss Krono Gruppe beschäftigt in Menznau rund 480 Mitarbeiterinnen – in ihrem Werk in Russland sind es rund 1000 (Bild: Pixabay). (Bild: Pixabay)

Nachdem Russland die Ukraine angegriffen hat, haben Hunderte von Firmen das Land aus Protest verlassen. Nicht darunter sind die Baarer Sika und der Luzerner Holzverarbeiter Swiss Krono, die weiterhin in Russland geschäften. Warum?

Die «Hall of Shame» ins Leben gerufen hat Jeffrey Sonnenfeld, Wirtschaftsprofessor der amerikanischen Eliteuniversität Yale. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat er ein Register ins Netz gestellt, das auf einen Blick zeigt, welche Unternehmen Putin den Rücken kehren. Und welche eben nicht.

Bestnoten bekommt der Zuger Baustoffproduzent Holcim, der Russland komplett den Rücken gekehrt hat. Zwei Zentralschweizer Firmen hingegen gibt Sonnenfeld die Schulnote «F». Im Schweizer Bildungssystem wäre das eine «1» – also richtig, richtig schlecht. Eine von ihnen ist die Baarer Sika (zentralplus berichtete). Der Aktienkurs des einstigen Börsenlieblings ist in den letzten sechs Monaten um über einen Viertel abgestürzt. «Greng abe», scheint da das Motto zu sein. Eine Medienanfrage von zentralplus lässt das Unternehmen auch nach Wochen unbeantwortet.

Swiss Krono beschäftigt 1000 Menschen in Russland

Anders sieht es bei der zweiten Firma aus, die von der Yale-Universität eine derart miese Note bekommt: die Swiss Krono mit Sitz in Luzern. Das Holzunternehmen äussert sich auf Anfrage ausführlich.

Das «F» kassiert die Firma, weil sie weiterhin ein Werk in Russland betreibt. Das bestätigt die Firmengruppe auf Anfrage von zentralplus. «Wir beschäftigen circa 1000 Mitarbeitende an unserem russischen Standort in Sharya», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme. Das Werk vertreibt seine Produkte ausschliesslich in Russland und den GUS-Staaten. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Staaten der ehemaligen Sowjetunion.

Verantwortung gegenüber den russischen Mitarbeiterinnen

Die Swiss Krono erhält den Betrieb im Werk in Russland derzeit aufrecht. Vorläufig und «unter stetiger und strenger Beobachtung der Situation und im Rahmen der rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten», wie es seitens der Unternehmergruppe heisst.

«Wir haben alle Exporte von Swiss-Krono-Produkten nach Russland und Weissrussland gestoppt.»

Swiss Krono Group

Dafür gebe es verschiedene Gründe. Nicht zuletzt die Sorge um das Wohlergehen der russischen Mitarbeiter. «Uns geht es darum, für die Menschen Verantwortung zu übernehmen, die seit vielen Jahren für uns arbeiten und Teil der Swiss-Krono-Familie sind – und das in allen Ländern», so die Firmengruppe.

Swiss Krono hat Exporte und Investitionen in Russland gestoppt

Zwischen den Zeilen drückt durch: Als Bösewicht in diesem Konflikt will sich das Unternehmen nicht verstanden wissen. Auch habe die Luzerner Firma gewisse Konsequenzen gezogen aufgrund des Angriffs Russlands auf die Ukraine.

«Wir als Swiss Krono Group haben alle Exporte von Swiss-Krono-Produkten nach Russland und Weissrussland gestoppt und beliefern somit von ausserhalb Russlands keine russischen und weissrussischen Kunden mehr», heisst es in der Stellungnahme. «Des Weiteren tätigen wir keinerlei Investitionen an unserem russischen Standort und haben damit auch dessen geplanten Ausbau gestoppt.»

Putin macht Druck

Gemäss dem österreichischen Onlinemagazin «Der Standard» sind etliche Firmen gar nicht in der Lage, sich aus Russland zurückzuziehen. «Raus aus dem Land des Aggressors – wollen und können macht für viele Firmen einen grossen Unterschied», zitiert ein Artikel mehrere europäische Wirtschaftsexperten. «Wer sich verabschieden will, dem droht Wladimir Putin mit Zwangsverstaatlichung und einem Eilverfahren wegen vorsätzlichen Bankrotts», heisst es darin weiter.

So erging es jüngst Renault, die ihre russische Tochter Lada für einen Rubel an den russischen Staat verkaufte. Abschreiber für den französischen Autobauer: 2,2 Milliarden Euro. Auch die US-Fast-Food-Kette McDonald's zieht sich nach 30 Jahren ganz aus Russland zurück und verbucht wohl einen Verlust von 1,4 Milliarden Franken.

«Wir haben Teilen der Belegschaft und deren Familien bei der Ausreise geholfen.»

Swiss Krono Group

Auf Putins Massnahmen angesprochen, äussert sich Swiss Krono sehr zurückhaltend. «In der Tat hat Russland verschiedene Gesetze erlassen, die ausländische Unternehmen in Russland sowie deren Führung betreffen und einschneidende Auswirkungen haben können», schreibt das Holzunternehmen – ohne weiter in die Details zu gehen.

Mitarbeiter aus der Ukraine in Sicherheit gebracht

Swiss Krono ist nicht nur in Russland aktiv, es hat auch drei Werke in der Ukraine. Dort wurde die Produktion nach dem Ausbruch des Krieges umgehend eingestellt, weil die Sicherheit der Mitarbeitenden vor Ort nicht mehr gegeben war. Mittlerweile wird in den beiden Werken im Westen wieder produziert.

«Die Energie- und Rohstoffpreise steigen und sind eng verbunden mit einer starken Verknappung.»

Swiss Krono Group

In der Ukraine liege das Hauptaugenmerk darauf, die Mitarbeitenden und deren Familien zu unterstützen. «Unter anderem, indem wir Teile der Belegschaft und deren Familien oder zum Teil nur deren Familien bei der Ausreise geholfen haben», wie das Unternehmen schreibt. Teilweise seien sie von Kolleginnen aus Ungarn, Polen und Deutschland in Empfang genommen und untergebracht worden. Teils können die Leute wohl auch in den dortigen Werken weiterarbeiten.

Weiter schicke das Unternehmen Hilfsgüter in die Ukraine und habe auch in Ungarn, Polen, Deutschland und in der Schweiz diversen Hilfsorganisationen Materialien kostenlos zur Verfügung gestellt, um den Aufbau dringend benötigter Infrastruktur zu unterstützen.

Produktionsausfälle und steigende Preise

Wirtschaftlich wird der Krieg in der Ukraine verschiedene Auswirkungen auf Swiss Krono haben. «Wir spüren unter anderem die Teuerungen in allen Bereichen, wie jeder andere auch: Die Energie- und Rohstoffpreise steigen und sind eng verbunden mit einer starken Verknappung.» Hinzu kommen die Produktionsausfälle aufgrund der temporären Schliessung der Werke sowie die derzeit ansteigende Inflation.

Wie sich diese Lage im weiteren Zeitverlauf entwickeln wird, könne aufgrund der unsicheren politischen Lage nicht vorausgesagt werden.

Swiss Krono

Swiss Krono Schweiz hat ihren Sitz im Luzernischen Menznau und beschäftigt dort rund 480 Mitarbeiterinnen. Der Holzverarbeitungsbetrieb gehört zur Swiss Krono Gruppe, die sich im Besitz der Familie Kaindl befindet. Gründer Ernst Kaindl starb 2017. Seither steht seine Tochter Ines Kaindl dem Unternehmen als Verwaltungsratspräsidentin vor.

Verwendete Quellen
  • Liste der Firmen, die in Russland verbleiben
  • Artikel im «Standard»
  • Medienanfrage an Sika (unbeantwortet)
  • Mailkontakt mit der Medienstelle von Swiss Krono
  • Firmenporträt in der «Bilanz» 2014
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