Bauprogramm für Kantonsstrassen

Wie der Kanton Luzern 500 Millionen für Strassen ausgibt

210 Strassenbau-Projekte stehen im neuen kantonalen Bauprogramm von Luzern. (Bild: Adobe Stock)

Es ist eines der wichtigsten verkehrsplanerischen Instrumente des Kantons: Das Bauprogramm für Kantonsstrassen. Gleichzeitig dürfte das neuste Programm das letzte in dieser Form sein.

Sie sind die Adern des Luzerner Verkehrssystems: Die Kantonsstrassen. Über 500 Kilometer lang ist dieses Netz, welches einen Grossteil der Luzerner Gemeinden miteinander verbindet. Bei so vielen Strassen und stets zunehmendem Verkehr ist klar, dass es an diesem Netz ständig etwas zu tun gibt.

Sei es für den Ausbau einer Strasse, sei es für den Bau eines separaten Velowegs oder einer Busspur oder zur Sanierung eines ganzen Knotens: Projekte gibt es unzählige. Um da den Überblick zu behalten, betreibt der Kanton Luzern seit Jahren das kantonale Bauprogramm. Darin sind alle Bauprojekte auf dem Kantonsstrassennetz enthalten – inklusive geschätzter Kosten und Priorisierung.

Nun hat der Regierungsrat einen Entwurf für das Bauprogramm für die Periode von 2023 bis 2026 vorgelegt. Es ist ein 80-seitiges, trockenes Dokument mit endlosen Excel-Listen, welche ebenso endlos viele Zeilen und Spalten enthalten, im Anhang. Nicht gerade ein Lesevergnügen. Um dir die mühsame Lektüre zu ersparen, fasst zentralplus für dich die wichtigsten fünf Punkte aus dem Bauprogramm zusammen.

1. Wie funktioniert das Bauprogramm?

Das kantonale Bauprogramm beinhaltet sämtliche Bauprojekte auf Kantonsstrassen. Der Kanton teilt diese Projekte in drei verschiedene Töpfe – Topf A, B und C – ein. Im Topf A befinden sich die Projekte, die der Kanton in der Periode 2023 bis 2026 realisieren oder zumindest ausführen will. Projekte in Topf B werden lediglich geplant. Alle weiteren Vorhaben sind in Topf C und müssen sich noch lange auf ihre Realisierung gedulden.

Im vergangenen Winter fand die Vernehmlassung für den ersten Entwurf des Programms statt. Parteien, Verbände und Gemeinde konnten sich zu den Vorschlägen des Kantons äussern. Der Regierungsrat hat auf Basis dieser Rückmeldungen den Entwurf überarbeitet und legt diesen nun dem Kantonsrat zur Diskussion vor.

2. Wie viele Projekte gibt es?

Das kantonale Bauprogramm umfasst über alle drei Töpfe hinweg sage und schreibe 210 Projekte. Die Vorhaben ziehen sich von der Stadt Luzern bis tief ins Entlebuch und von Willisau bis nach Vitznau quer durch den Kanton. 57 davon sind neu im Bauprogramm. 99 Projekte befinden sich in Topf A und haben somit die höchste Priorität. Im Topf mit der tiefsten Dringlichkeit befinden sich lediglich 30 Bauprojekte. Der Kanton hat für die kommenden Jahre offensichtlich vieles vor.

Im Vergleich zum letzten Bauprogramm für die Periode von 2019 bis 2022 sind es zwölf Projekte mehr. Vor allem im B-Topf hat die Zahl der Projekte deutlich zugenommen. Aber auch im Topf A sind elf Projekte hinzugekommen.

3. Was kostet das Bauprogramm?

Viele Projekte bedeuten zwangsläufig hohe Kosten. Das ist beim Bauprogramm nicht anders. Alleine für die Projekte im Topf A stehen für die nächsten vier Jahre knapp 500 Millionen Franken zur Verfügung. Insbesondere für die Jahre 2025 und 2026 stehen mit jährlich knapp 140 Millionen Franken fast 50 Prozent mehr Mittel zur Verfügung als für 2023.

Grund dafür ist das aktuelle Bauprogramm, das noch bis Ende Jahr läuft. Denn dieses konnte der Kanton wegen der Corona-Pandemie und des Personalmangels nicht fristgerecht abschliessen. Beat Hofstetter von der Dienststelle für Verkehr und Infrastruktur (Vif) begründet auf Anfrage: «Es konnten nicht alle Vorhaben des aktuellen Bauprogramms umgesetzt werden. Dies wurde im neuen Bauprogramm – abgestimmt auf den zeitlichen Ablauf der Vorhaben – entsprechend berücksichtigt.» In anderen Worten: Dem Programm steht jetzt mehr Geld zur Verfügung, um die in Verzug geratenen Projekte möglichst bald umzusetzen.

Achtung Baustelle: Dieses Bild wird man auf Luzerns Strassen auch in den nächsten Jahren an vielen Orten antreffen. (Bild: Emanuel Ammon)

Zudem übersteigen diese Beträge deutlich die im Aufwand- und Finanzplan vorgesehen Mittel für das Strassenbauprogramm. Das hat einen Grund: Der Kanton verschafft sich damit einen Puffer. Mit den zusätzlichen Mitteln will er der «Marktlage im Baugewerbe» sowie möglichen Verzögerung im Bewilligungsverfahren Rechnung tragen. So will der Kanton verhindern, dass die Projekte wegen Unsicherheiten bezüglich der Kosten abgespeckt werden müssen.

Die beiden mit Abstand teuersten Projekte sind die Sanierung der Rengglochstrasse für rund 53 Millionen sowie die Umfahrung Beromünster für 70 Millionen Franken. Beide sind in Topf A. In Topf B gibt es weitere teure Projekte: Die Verbesserung der Verkehrssituation im Grossraum Sursee kostet 50 Millionen Franken. Und verschiedene Strassenbauprojekte am Seetalplatz und entlang der Seetalstrasse in Emmen kosten zusammen rund 80 Millionen Franken.

4. Gefällt das allen?

Nein. Bereits in der Vernehmlassung äusserten alle Parteien von links bis rechts teils scharfe Kritik am neuen Bauprogramm (zentralplus berichtete). Im Frühling setzte sich zudem der Kantonsrat – zumindest indirekt – bereits ein erstes Mal mit dem Programm auseinander. Die grüne Kantonsrätin Judith Schmutz kritisierte nämlich den Zeitpunkt für das neue Programm.

Denn mit dem Projekt «Zukunft Mobilität Luzern» (Zumolu) hat die Regierung eine gesamte Neuorganisation der kantonalen Verkehrsplanung angestossen (zentralplus berichtete). Verschiedene verkehrspolitische Dokumente wie der Richtplan oder die Klima- und Energiestrategie befinden sich derzeit in der Revision respektive Erarbeitung. Damit ein prägendes Instrument wie das Bauprogramm verabschiedet werden könne, müssten erst die Ergebnisse aus den grundlegenden Strategien für Klima und Mobilität vorliegen und vom Rat nachvollzogen und beschlossen sein, so Schmutz. «Dies ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich», kritisierte sie gemeinsam mit ihrer grünen Fraktion.

Der Vorstoss blieb im Rat letztlich chancenlos. Die grosse Mehrheit der Ratsmitglieder war trotz Kritik der Ansicht, dass es das Bauprogramm als Planungsinstrument brauche. Ansonsten drohe mit Ablauf des jetzigen Programms ein verkehrsplanerisches Chaos.

5. Wie geht es weiter?

Fakt ist aber, dass das Bauprogramm 2023–2026 das letzte seiner Art sein wird. «Die bisherige Struktur, die Entscheidungskriterien und das bewährte System der Töpfe im Bauprogramm wird für den Zeitraum 2023 bis 2026 voraussichtlich ein letztes Mal fortgesetzt», heisst es in der Medienmitteilung des Kantons.

Obwohl das Bauprogramm in seiner heutigen Form sich dem Ende zuneigt, nimmt die Regierung munter neue Bauprojekte ins Programm auf, baut die Töpfe A und B aus – und budgetiert deutlich mehr Mittel dafür. Keine Spur also von Bereinigung der Altlasten. Beat Hofstetter von der Dienststelle für Verkehr und Infrastruktur betont aber, dass es sich dabei nicht um eine Art Torschlusspanik seitens Kanton handle. Weiter geht er auf diese Frage nicht ein.

Aber er verrät, wie es nach 2026 weitergehen könnte: «Gemäss aktuellem Stand Projekt Zukunft Mobilität könnte das Bauprogramm für die Kantonsstrassen durch ein Programm Gesamtmobilität abgelöst werden.» Der Kanton arbeitet derzeit daran, die Idee zu konkretisieren.

Klar ist auch, dass nicht alle der 210 Projekte bis 2026 realisiert oder zumindest geplant sind. Diese werden ins künftige Programm Gesamtmobilität übernommen.

Verwendete Quellen
  • Bauprogramm 2023–2026
  • Schriftlicher Austausch mit Beat Hofstetter
  • Motion 728 von Judith Schmutz
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Albus
    Albus, 23.08.2022, 07:09 Uhr

    Mit dem jetzigen Wirtschaftsrückgang frage Ich mich woher das Geld kommen wird.

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    • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
      Kasimir Pfyffer, 23.08.2022, 10:49 Uhr

      Ein Kinderspiel! Mit der AFR 19 hat der Kanton die Gemeinden kräftig ge …. und konnte die wachsenden Kosten wie Sozialhilfe etc. zum grössten Teil auf die kommunale Ebene abwälzen. Falls trotzdem gespart werden müsste, glauben zuerst Bildung, Kultur und Sozialhilfe dran. Das ist beste Lozärner Tradition. Dann werden nochmals die Steuern für Private kräftig erhöht und ganz am Schluss, wenn es wirklich wirklich nicht anders geht, würde man allenfalls die Firmen noch ein bisschen mehr besteuern. Aber nur im absoluten Notfall!

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