Passepartout zieht erste Bilanz

Sparbillette: Was in Luzern super läuft, will Zug nicht

Zu Stosszeiten wimmelt es am Bahnhof Luzern vor Passagieren. Sparbillette sollen das Problem bekämpfen.. (Bild: Leser-Bild)

Der Zuger Regierungsrat will im öffentlichen Verkehr keine Sparbillette anbieten. Dabei zeigt bereits ein Blick über die Kantonsgrenze hinaus das Potenzial der günstigen Tickets.

ÖV-Tickets zu günstigeren Preisen als gewöhnlich. Die Idee von Sparbilletten klingt doch eigentlich ganz nett. Nicht aber in den Ohren der Zuger Regierung oder des Zuger Tarifverbunds. Sie beide stehen einer entsprechenden Forderung aus der ALG- und Mitte-Fraktion im Zuger Kantonsrat kritisch gegenüber (zentralplus berichtete).

Beide sehen in Sparbilletten keinen Nutzen. Die erhoffte Lenkungswirkung werde ausbleiben, so die Annahme. Zudem rechnet die Zuger Regierung mit steigenden Kosten zulasten der öffentlichen Hand.

Der Entscheid ist zwar wenig mutig, aber konsequent. Denn ein Blick in die restlichen Tarifverbunde in der Schweiz zeigt: Nur gerade ein einziger der 18 Verbunde hat bisher Sparbillette eingeführt. Der Luzerner Tarifverbund Passepartout.

Sparbillette sind in Luzern ein Erfolg

Als erster Tarifverbund der Schweiz hat Passepartout im vergangenen Sommer Sparbillette auf sechs Zugstrecken eingeführt (zentralplus berichtete). Ziel der Massnahme war es, nach der Corona-Pandemie wieder mehr Kunden zurück in den ÖV zu bringen. Zudem erhoffte sich der Tarifverbund eine Entlastung der Züge während der Stosszeiten.

«Eine gewisse Lenkungswirkung wird sicherlich erreicht.»

Markus Flückiger, Marktleiter Tarifverbund Passepartout

Eine erste Bilanz in Luzern zeigt nun: Die Sparbillette sind ein Erfolg. «Wir verkaufen zwischen 300 und 400 Tickets pro Woche, Tendenz steigend», bestätigt Markus Flückiger, Marktleiter beim Luzerner Tarifverbund. Besonders viele Tickets würden zu speziellen Events verkauft, beispielsweise an der Fasnacht.

Flückiger führt weiter aus, warum die Sparbillette den erhofften Effekt erzielen: «Eine gewisse Lenkungswirkung wird sicherlich erreicht. Zudem werden die Kunden sensibilisiert und der Einstieg für nicht ÖV-Kunden wird erleichtert.» Allerdings ist diese Aussage mit Vorsicht zu geniessen, da der Tarifverbund diesbezüglich keine Kundenbefragung durchgeführt hat. Nur der nationale Tarifverbund, der sogenannte «Direkte Verkehr», erhebt solche Daten.

Entsprechende Auswertungen der SBB unterstreichen aber den Nutzen von Sparbilletten. Jedes vierte verkaufte Ticket wird von einer Person benutzt, die ohne den Rabatt das Auto anstelle des Zugs genommen hätte.

Die Unterschiede zwischen Zug und Luzern

Hätte in Zug also bereits ein Blick über die Kantonsgrenze hinaus gereicht, um das mögliche Potenzial von Sparbilletten zu erkennen? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn die beiden Tarifverbunde in Luzern und Zug sind zu unterschiedlich, als dass sie sich direkt miteinander vergleichen liessen.

Der Zuger Tarifverbund ist wesentlich kleiner als derjenige in Luzern. Das Streckennetz in Zug deckt nur den Kanton sowie angrenzende Ortschaften wie Arth-Goldau oder Gisikon ab. Der Tarifverbund Passepartout hingegen umfasst die Kantone Luzern, Nid- und Obwalden. Hier lassen sich demnach deutlich längere Strecken zurücklegen als in Zug.

Die Rechnung ist einfach: Je länger die Strecke, desto teurer das Billet, desto grösser der mögliche Rabatt. Auf kurzen Strecken hingegen fällt ein Rabatt kaum ins Gewicht, womit das Sparbillet seine Lenkungswirkung verfehlt.

Markus Flückiger bestätigt denn auch, dass die Sparbillette vorwiegend auf den längeren Strecken, also beispielsweise zwischen Luzern und Zofingen oder zwischen Luzern und Lungern benutzt werden.

Viele haben in Zug ein Abo

Auch die Tatsache, dass an speziellen Events wie der Fasnacht besonders viele Spartickets verkauft werden, unterstreicht, dass das Angebot vor allem von Personen genutzt wird, die nicht regelmässig mit dem ÖV fahren.

«In Zeiten hoher Benzinpreise braucht es attraktive Angebote, welche das Umsteigen vom Auto auf den ÖV etwas einfacher macht.»

Luzian Franzini, ALG-Kantonsrat

In Zug hingegen besitzen die meisten Passagiere ein Abonnement. Karin Fröhlich, Sprecherin des Zuger Tarifverbunds, erklärt: «Ein Jahresabo lohnt sich im Tarifverbund Zug bereits ab zwei Tagen pro Woche. Dies dürfte mit ein Grund sein für die Beliebtheit des Zuger Pass beziehungsweise für die hohe Abodichte.»

In Zug hat man sich darum für ein anderes Mittel entschieden, um die überfüllten Busse und Züge zu Stosszeiten zu entlasten: «Wir stehen mit verschiedenen Schulen in Kontakt, um mit Staffelungen der Schulstart- und Schulschlusszeiten die Spitzen zu brechen», sagt Fröhlich.

Zuger ÖV erholt sich nur langsam

Diese Strategie mag zwar das Problem der Stosszeiten zumindest teilweise lösen. Neukundinnen werden damit jedoch nicht gewonnen. ALG-Kantonsrat Luzian Franzini hätte sich darum mehr Mut von der Zuger Regierung und vom Tarifverbund gewünscht: «In Zeiten hoher Benzinpreise braucht es attraktive Angebote, welche das Umsteigen vom Auto auf den ÖV etwas einfacher machen.»

Zudem erhofft er sich von Sparbilletten nach der Pandemie eine schnellere Rückkehr der Passagiere. «Die ÖV-Nutzung hat während Covid abgenommen, diese Entwicklung muss rückgängig gemacht werden.» Tatsächlich nehmen die Passagierzahlen im Zuger ÖV bisher nur langsam wieder zu. 2021 war die Frequenz im Vergleich zum Vorjahr nur um 1,2 Prozent gestiegen. Die Passagierzahlen sind im Vergleich zum Rekordjahr 2019 deutlich tiefer. Damals wurden rund 30 Millionen Reisen verbucht. Im 2021 waren es rund ein Drittel weniger.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Radfahrerin
    Radfahrerin, 31.05.2022, 12:15 Uhr

    Dass Sparbillette auf kurzern Strecken keinen Sinn machen ist falsch. Ich fahre von Zug nach Cham mit dem Rad zur Arbeit. Ich würde bei schlechtem Wetter gern Bus fahren. Kosten hin und züruck: 10chf und 30 Minuten Fahrt. Dann nehme ich doch das Auto und fahre nur 10 Minuten. Das ist schade für die Umwelt aber der Preis stimmt einfach nicht.

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