Im Luzerner Stadtzentrum

Neue Strassenmarkierung weist auf versteckten Kindergarten hin

Die neue Bodenmarkierung «Schule» in der Winkelriedstrasse. In die fotografierte Richtung dürfen nur Velos verkehren. (Bild: kap)

Auto- und Velofahrer in der Luzerner Winkelriedstrasse haben anscheinend keine Geduld, Kindergärtler eines fast versteckten Kindergartens im Parkhaus Hirzenmatt über die Strasse zu lassen. Nun soll eine markante Bodenmarkierung Abhilfe schaffen.

Seit Kurzem prangt auf der Luzerner Winkelriedstrasse in Blickrichtung Pilatusstrasse die Bodenmarkierung «Schule» auf dem Boden. In der Winkelriedstrasse gibt es ein Bordell, Coiffeursalons, ein Sportgeschäft, Bars. Aber eine Schule, wo soll diese sein? Das fragt ein Twitternutzer die Luzerner Polizei und die Stadt Luzern. Weiter will er wissen: Warum wurde die Markierung in Richtung Pilatusstrasse angebracht, obwohl es sich um eine Einbahnstrasse handelt? Lediglich Velos dürfen in diese Richtung verkehren.

Die Frage bewegt Luzern: Sogar eine Mitte-Kantonsrätin hat den Beitrag kommentiert: «Die Frage stellte mir am Samstag eine Kollegin ebenso. Bin gespannt auf die Antwort», schreibt sie unter dem Beitrag. Der Nutzer hat wiederum einen eigenen Verdacht: «Velecht d Stross verwächslet», fragt er augenzwinkernd.

Der unbekannte, versteckte Kindergarten

Mitnichten: Ein Schulhaus gibt es in der Strasse zwar nicht. Dafür einen Kindergarten. Nur ist dieser der Öffentlichkeit offensichtlich wenig bekannt. Er befindet sich kaum sichtbar im 1. Stock der Winkelriedstrasse 36, im selben Haus wie das Parkhaus Hirzenmatt. Auch die Stadt Luzern hat das Problem erkannt: «Der Hirschmatt-Kindergarten wird von Aussenstehenden kaum wahrgenommen», heisst es auf Anfrage.

Aber weshalb hat die Stadt das Verkehrsschild auch in Einbahnrichtung angebracht? Etwa, um rasende E-Bikefahrer in der Winkelriedstrasse zu disziplinieren? Die Stadt antwortet ausweichend: «Einzelne Eltern haben die Stadtverwaltung auf die mangelnde Anhaltebereitschaft der Fahrzeuglenkenden hingewiesen.»

Also gab es die Velo-Rowdys wirklich? Auf eine weitere Nachfrage präzisiert die Stadt und verweist auf bestehende Vorschriften. Diese verlangen, dass eine solche Markierung immer in beide Richtungen angebracht wird. Ob nun Velo-Rowdys oder ungeduldige Velofahrer die Eltern zur Verzweiflung gebracht haben, sei dahingestellt. Eins aber ist klar: «Für die pöhsen Fahrradfahrer ist die Beschriftung durchaus lesbar», resümiert ein twitternder Ex-GLP-Kantonsratskandidat in der Kommentarspalte ironisch.

Im Erdgeschoss befindet sich der Zugang zum Parkhaus Hirzenmatt. Im Obergeschoss ist der Kindergarten Hirschmatt untergebracht. (Bild: kap)

Der versteckte Kindergarten fristet schon länger ein Schattendasein

Mit der Markierung dürfte der Kindergarten ein für alle Mal enttarnt sein. Neben der Mitte-Kantonsrätin scheint aber auch die Stadt Luzern wenig über den verborgenen Kindergarten zu wissen. Auf die Fragen, seit wann es den Kindergarten gibt und bis wann dieser im Parkhaus-Gebäude bleibt, heisst es: «Die Frage lässt sich aufgrund von Ferienabwesenheiten momentan nicht beantworten.»

Ein Blick ins Internetarchiv zeigt aber: Der unsichtbare Kindergarten ist schon mindestens sechs Jahre in der Winkelriedstrasse 36 untergebracht. Den Kindergarten Hirschmatt gibt es aber schon deutlich länger: Das verrät der einzige in der Schweizer Mediendatenbank auffindbare Bericht zum Kindergarten Hirschmatt. Er stammt aus dem Jahr 2009.

Damals konnten Kinder des Kindergartens Hirschmatt auf eine Schatzsuche im Spielplatz Vögeligärtli gehen. Die Aktion war auch als Dankeschön für die Kindergärtler gedacht, die keinen Spielplatz auf dem eigenen Schulhof haben. Immerhin konnten die Kinder die Zukunft des Spielplatzes beeinflussen. So wurde der bestehende Sandkasten um rund eineinhalb Meter vergrössert und die Holzturmanlage ausgetauscht, schrieb damals die «Luzerner Zeitung».

Keine Fussgängerstreifen: Kindergärtler müssen anstehen

Damals war der Spielplatz für die Kindergärtler aber noch einfacher erreichbar. Auf der Winkelriedstrasse gab es damals nämlich noch Fussgängerstreifen, bis die Stadt diese gemäss einer Verordnung des Bundes 2016 abschaffen liess. «Dank den verkürzten Querungsdistanzen wird für die Fussgängerinnen und Fussgänger ein flächiges Queren möglich. Die Fussgängerstreifen werden überflüssig», begründet der Stadtrat die Abschaffung der Fussgängerstreifen in einem damaligen Bericht und Antrag.

Offenbar hat die Massnahme nicht wie gewünscht gewirkt. Für die Kinder hiess es fortan: Warten. Jetzt muss es also die Bodenmarkierung richten und die «Fahrzeuglenkenden» zum Anhalten bewegen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit der Medienstelle der Stadt Luzern
  • Bericht und Antrag des Stadtrats aus dem Jahr 2016
  • Artikel in der «Luzerner Zeitung» aus dem Jahr 2009
  • Weiterer Artikel in der Luzerner Zeitung aus dem Jahr 2009
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5 Kommentare
  • Profilfoto von SunnySunshine
    SunnySunshine, 29.07.2023, 19:28 Uhr

    Wenn ich da für Fussgänger halte und ein e-bike hinter mir ist, werde ich jedesmal überholt und die Fussgänger werden knapp angefahren! Von mir aus soll die Polizei da mal zur Mittagszeit stehen!

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  • Profilfoto von Jerome Halter
    Jerome Halter, 27.07.2023, 20:33 Uhr

    Velofahrer bekommen beim durchrasen diese bunten Zeichnungen gar nicht mit. Sie haben ja politische Immunität und sind eh nie die Schuldigen!

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    • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
      Markus Rotzbeutel, 28.07.2023, 12:25 Uhr

      Auf dem Bild: ein falsch parkiertes Auto.

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      • Profilfoto von Jerome Halter
        Jerome Halter, 28.07.2023, 21:37 Uhr

        Und? Velofahrer foutieren sich ja auch um bunte Zeichen, warum dieser Automobilist nicht auch?

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      • Profilfoto von SunnySunshine
        SunnySunshine, 29.07.2023, 19:31 Uhr

        Ne, das ist ok so. 30er Zone, zweite Reihe, der Verkehr fliesst weiterhin, Velos haben Vortritt. Ziemlich simpel.
        ..oder der Autofahrer ist am abbiegen und der andere fährt einfach dran vorbei..

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