Stadt-Land-Graben

«Es gibt mehr Autos als Haushalte im Kanton Luzern»

Das Mobilitätsverhalten von Agglomerationseinwohnern – hier Ebikon – ist anders als dasjenige von Stadtluzernern. (Bild: ewi)

Im Kanton Luzern werden die meisten Kilometer immer noch mit dem Auto zurückgelegt. Der Stadt-Land-Unterschied ist dabei enorm.

Glaube nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast. Wohl jede Studentin hat diese Satz bereits gehört. Gefälscht ist dabei eine bewusste Übertreibung. In Wahrheit meint der Satz nämlich folgendes: Je nachdem, wo man hinschaut und wie man hinschaut, präsentiert sich die Welt in einem anderen Gewand.

Auch Luzern konnte diese Woche davon lernen. Erst vor wenigen Tagen zeigten die Daten des Städtevergleich Mobilität, dass in keiner Deutschschweizer Stadt so viel zu Fuss gegangen wird wie hier. Und dass jeder zweite in der Stadt Luzern kein Auto besitzt (zentralplus berichtete). Nun meldet sich die kantonale Statistikstelle Lustat zu Wort und setzt den Fokus auf einen anderen Teil der Geschichte.

Unterschiede beim Autobesitz je nach Berechnung

Am Montag präsentierte Lustat neue Mobilitätsdaten auf Basis des Mikrozensus Mobilität und Verkehr (MZMV). Das Bundesamt für Statistik führt die Befragung seit 2005 alle fünf Jahre durch, um die Mobilität der Schweizer zu messen. Lustat verdoppelt die Luzerner Stichprobe jeweils, um genauer zu schauen, wie Luzerner unterwegs sind. 2800 Personen wurden befragt.

Wie beim Städtevergleich stammen auch die aktuellen Daten der Lustat-Befragung aus dem Jahr 2021 und sind daher durch die Corona-Pandemie beeinflusst. Damals waren die Einwohner schlicht weniger mobil, die Anzahl zurückgelegter Kilometer schrumpfte. Es gibt aber auch Unterschiede zwischen den beiden Studien.

Die Daten wurden 2021 erhoben, als die Corona-Pandemie dafür sorgte, dass viele zuhause blieben. (Bild: ber)

Während der Städtevergleich Mobilität zeigt, dass 50 Prozent der Stadtluzerner kein Auto besitzen, sagen die Daten des MZMV, es seien nur ein Drittel. Grund dafür ist die Berechnungsmethode und was man als städtisch definiert.

Lustat misst den Autobesitz pro Haushalt. Der Städtevergleich dagegen zählt die Anzahl Autos im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Ausserdem wurden nur Autos in der Stadt Luzern gezählt, während Lustat auch die Agglomeration einschliesst. Und genau dort, in Kriens, Emmenbrücke, Horw und den anderen Gemeinden der Agglomeration, scheint das Auto recht beliebt zu sein.

Agglomeration verhält sich eher wie das Land

Personen, die in der Agglomeration leben, nutzen ihr Auto deutlich häufiger als Stadtluzerner. Sie verhalten sich daher eher wie die Bevölkerung im ländlichen Raum. Für rund drei Viertel der täglich zurückgelegten Strecke nutzen die Einwohner in der Agglo und in der Landschaft West das Auto. Wie die untenstehende Grafik zeigt, sind es in der Stadt Luzern weniger als die Hälfte.

Ein Vergleich des Modalsplits je nach Region. (Bild: zvg)

Das ist nur ein Beispiel für die starken regionalen Unterschiede bei der Mobilität. «Wir haben einen ausgeprägten Stadt-Land-Unterschied», meint Norbert Riesen, Direktor von Lustat. Auch beim Autobesitz. Während – nach Lustat-Berechnung – in der Stadt jeder Dritte kein Auto hat, sind es in den ländlichen Gemeinden nur zehn Prozent.

In der Landschaft Ost, zu der die Gemeinden rund um den Baldeggersee gehören, gibt es besonders viele Autos. Zwei von fünf Haushalten haben dort mehr als ein Auto. Im kantonalen Durchschnitt schlägt das ins Gewicht, sagt Norbert Riesen. «Es gibt mehr Autos als Haushalte im Kanton Luzern.» Genau 1,15 Autos pro Luzerner Haushalt sind es insgesamt.

Am meisten Zeit zu Fuss

Alles in allem ergibt sich folgendes Bild: Die durchschnittliche Luzernerin nutzt für 70 Prozent der Distanzen das Auto oder ein Töff. Für 20 Prozent den öffentlichen Verkehr und für knapp zehn Prozent der Distanzen geht sie zu Fuss oder fährt Velo. Mit drei von fünf Personen mit ÖV-Abo liegt der Kanton rund sechs Prozent über dem Schweizer Schnitt.

Wer den Schlüssel im Zündschloss umdreht, tut das meistens in der Freizeit. Erst danach folgen die Fahrten zur Arbeit und zum Einkaufen. Die meiste Zeit verbringen die Luzerner trotzdem noch zu Fuss, nämlich ganze 39 Minuten pro Tag. Nicht, weil Luzerner besonders weit laufen, sondern weil Laufen im Vergleich am längsten dauert.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Lustat-Pressekonferenz
  • Medienmitteilung von Lustat
  • Schriftlicher Austausch mit Lustat
  • Medienarchiv zentralplus
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1 Kommentar
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    Franz, 07.11.2023, 11:35 Uhr

    Gut, dass Lustat das Framing des «Städtevergleichs Mobilität» korrigiert. Und ebenso gut, dass zentral+ die Lustat-Daten publiziert.

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