Phosphorgrenzwert ist deutlich überschritten

Jetzt muss auch der Zugersee künstlich belüftet werden

Schön anzuschauen ist er, der Zugersee. Doch unter der Wasseroberfläche ist die ökologische Situation ernst. (Bild: Andreas Busslinger)

Die Zuger Regierung nimmt verschiedene Änderungen am Richtplan vor. Unter anderem soll der Zugersee neu belüftet werden. Ausserdem gibt es weniger gute News für Biker.

Der Kanton Zug passt den kantonalen Richtplan in verschiedenen Kapiteln an. Konkret geht es um Anträge der Zuger Gemeinden sowie um Anpassungen in den Kapiteln Wald, Gewässer, Kantonsstrassen, Güterverkehr und Velowege. Aus diesem Grund lud die Zuger Baudirektion am Freitag zu einer Medienkonferenz.

Die augenfälligste Änderung von allen dürfte eine sein, die das Wohlergehen des Zugersees betrifft. Dieser weist bekanntlich eine zu hohe Nährstoffbelastung auf. Das spüren Zuger nicht zuletzt beim kühlen Schwumm im See, bei dem es immer wieder zu kurzen Gruselmomenten kommt, wenn Algen die Beine der Badenden berühren.

Algen lieben phosphorreiche Gewässer. Und der Zugersee bietet eine Menge davon. Der Phosphorgehalt liegt im grössten Zuger Gewässer bei knapp 80 Milligramm pro Kubikmeter. Ziel wäre bei der gleichen Menge Wasser eine Belastung von nur 30 Milligramm Phosphor.

Diese Spitzenreiterposition hat man ungern inne: Die Nährstoffbelastung in den Schweizer Seen nimmt ab. In Zug jedoch nur langsam. (Bild: zvg)

Das Problem existiert nicht erst seit gestern. Nein, die Belastung war in der Vergangenheit bereits deutlich grösser. In den 1980ern erreichte der See einen Höchstwert von rund 200 Milligramm pro Kubikmeter. Mittlerweile jedoch hat sich der Zugersee an die Spitze der Rangliste der Schweizer Seen manövriert. Der Baldegger- und der Hallwilersee, frühere Spitzenreiter, liegen heute deutlich unter 30 Milligramm. Dies mit gutem Grund: Beide Seen werden seit geraumer Zeit künstlich belüftet.

Mehr Luft für die unteren Zugersee-Schichten

Der Zuger Regierungsrat will es den Vorreitern gleichtun. Er erwägt die Einführung einer Kompressionsanlage mit Druckluft zur Zirkulationsunterstützung. Was kompliziert klingt, ist eigentlich relativ simpel, wie Regierungsrat Florian Weber erklärte: «Mittels des Kompressors, der in Walchwil angebracht wird, schaffen wir Luft in die Tiefe des Sees, wo das Problem besonders gross ist.» Der Zugersee ist stellenweise bis zu 200 Meter tief. «Dort unten gibt es praktisch keine Umwälzung, der Phosphorgehalt ist erheblich.» Mit der Luft, welche via Leitungen in die Tiefe gepumpt wird, sollen die tieferen Schichten im wahrsten Sinn des Wortes reanimiert werden. Dies mittels Diffusoren.

Wer dem Zugersee näherkommt, erblickt eine unschöne Algenlandschaft. (Bild: wia)

«Wichtig ist dabei ein strenges Monitoring, damit wir reagieren können, wenn ein unerwünschter Nebeneffekt entsteht», so Weber. Die Schifffahrt werde von der Anlage kaum betroffen sein, erklärte René Hutter, Leiter des Amtes für Raumplanung. «Dies insbesondere, da die Anlage nur im Winter läuft, wenn die Kursschiffe nicht verkehren. Ausserdem sind es einzig Auftriebsbojen, welche die Position der Diffusoren anzeigen.»

Luft wird in die Untiefen des Zugersees gepumpt und via Diffusoren verteilt. (Bild: zvg)

Dass der Kompressor nur im Winter in Betrieb genommen wird, hat einen einfachen Grund: «Wenn das Wasser nicht nur am Seegrund, sondern überall rund 4 Grad kalt ist, ist eine Umwälzung deutlich einfacher, als wenn in den oberen Schichten 25 Grad herrschen.»

Neben den seeinternen Massnahmen wurden auch seeexterne Massnahmen ergriffen. Bauern, die mit ihren Düngemitteln den Nährstoffgehalt im Zugersee in die Höhe treiben, müssen verschiedene Änderungen vornehmen.

Kosten: Zwölf Millionen Franken – andere Kantone sollen sich beteiligen

Ziel der Zuger Regierung ist es, dass der Zugersee bis 2070 unter einen Wert von 30 Milligramm Phosphor pro Kubikmeter fällt. Ein Langzeitprojekt also, das seinen Preis hat. Die ganze Zugersee-Sanierung soll rund zwölf Millionen Franken kosten, wobei ein Anteil durch die anderen Seeanstösser-Kantone Schwyz und Luzern zu begleichen seien.

Die Betriebskosten sollen sich bei rund 450’000 Franken pro Jahr bewegen. Der Bund habe indes noch keine Bereitschaft gezeigt, sich am Projekt zu beteiligen, wie Weber an der Medienkonferenz mitteilte.

Zudem werde die ökologische Aufwertung von Fliessgewässern und Seeufern gemäss dem Gewässerschutzgesetz weiterverfolgt. Die Renaturierung der Lorze im Lorzentobel soll nun als konkretes Vorhaben aufgenommen werden. Aufgewertet werden sollen auch 18 Seeufer am Zuger- und Ägerisee.

Obacht, Biker, vielleicht seid ihr bald auf dem Holzweg

Auch weitere Projekte, die den kantonalen Richtplan betreffen, wurden am Freitag thematisiert. Im Juni 2023 beschloss der Kantonsrat im Richtplan neue Richtlinien für den Veloverkehr. Er beauftragte den Regierungsrat, die nötigen Netze in den kantonalen Richtplan zu integrieren. Ausserdem trat am 1. Januar 2023 das Bundesgesetz über Velowege in Kraft, das Kantone zur Planung und Umsetzung von Velowegnetzen verpflichtet. Um diesen Forderungen zu entsprechen, wurde auch der Richtplan angepasst.

Und das dürfte Mountainbiker nicht nur freuen, denn: Wurden sie bisher auf praktisch allen Waldwegen toleriert, soll es bald klare Regelungen geben, wo sie sich bewegen dürfen. «Die Idee davon kam von den Waldeigentümern. Dies mit der Begründung, dass die Bike-Aktivität mancherorts ausgeartet sei. Dies wiederum sei weder für das Wild noch für die Waldbewirtschaftung gut», äusserte sich Weber.

Mit dem Ziel, die Biodiversität im Wald zu fördern, sollen ausserdem zwei neue Waldnaturschutzgebiete ausgewiesen und ein bestehendes Gebiet vergrössert werden. Dies aufgrund ihrer ökologischen Qualität. Die Grundeigentümerschaften stünden den neuen Gebieten positiv gegenüber, betont der Regierungsrat.

So gehts nun weiter

Die geplanten Anpassungen des kantonalen Richtplans werden während 60 Tagen beim Amt für Raum und Verkehr in Zug und bei den Gemeinden aufgelegt. Sie dauern bis am 6. November 2023. Die Bevölkerung ist eingeladen, Vorschläge und Anregungen einzubringen. Dies entweder hier oder via [email protected]. Die Eingaben fliessen in die Überprüfung der Richtplananpassung ein. Voraussichtlich im Sommer 2024 befindet der Kantonsrat darüber.

Verwendete Quellen
  • Medienkonferenz bei der Baudirektion
  • Informationen zur Belüftung des Hallwilersees
  • Medienmitteilung Kanton Zug
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16 Kommentare
  • Profilfoto von Peter
    Peter, 11.09.2023, 13:44 Uhr

    Schade dass eine Leitung Küssnacht – Immenser politisch verhindert wird… Würde auch ein bisschen helfen, oder?

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    Marie-Françoise Arouet, 09.09.2023, 16:24 Uhr

    Sie wissen aber schon, dass „Untiefen“ eben die Nicht-Tiefen eines Gewässers sind und nicht die tiefen Stellen. Sie sind in der Schifffahrt so gefürchtet, weil die Schiffe auf Untiefen (Riffe, Sandbänke) auflaufen und kentern. Mithin wird Pressluft in die Tiefen, nicht in die Untiefen des Zugersees gepumpt. Aber bitte, keine Ursache.

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    Peter Joe, 09.09.2023, 15:06 Uhr

    Dieses Problem existiert schon seit Urgrossvaters Zeiten. Das war immer so und bleibt so

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    • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
      Markus Rotzbeutel, 10.09.2023, 06:18 Uhr

      Was früher schon schlecht war soll bitte auch schlecht bleiben, damit es den Kindern nie besser gehen kann.

      Ich vermute die Aussage ist aber Käbis – mechanische Fäkalienverteilung ist noch gar nicht so alt.

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    Markud Rotzbeutel, 09.09.2023, 06:05 Uhr

    Verursacherprinzip gilt also anscheinend doch nicht – die Öffentlichkeit muss die Bauern noch mehr subventionieren.

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    Fabian Huber, 09.09.2023, 01:25 Uhr

    Als eher rechts gerichteter Wähler muss ich wiederholt sagen, Umweltschäden die wir jetzt oder in der Vergangenheit gemacht haben, sind in der Zukunft viel teurer als jetzt. Irgendwann sollte man sich doch eingestehen auf unsere Wissenschaft zu hören.
    Anscheinend dürfen gewisse Sachen eben nicht sein, es wäre ja verwerflich in der Politik Mal einer Meinung zu sein, obwohl jeder weiß dass es das richtige wäre.
    Liebe Politiker, Ihr arbeitet für das Volk und nicht für euch selbst oder eure Lobby.

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      LD, 09.09.2023, 12:52 Uhr

      Wer hat Sie ausgerichtet?

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    Marie-Françoise Arouet, 08.09.2023, 18:38 Uhr

    Als Marie-Françoise sich 1979 in jugendlich-sanfter Umnachtung und Begeisterung für die wolligen Utopien der damals immerhin noch zickigen und bockigen Lämmchenpartei in den Kantonsratswahlkampf reinhängte, war eines der Hauptthemen die künstliche Beatmung des Baldeggersees. Ein Strassentheater versammelte die kleine Fraktion der künstlerisch Begeisterten unter den Genossen, und unsere Freundin brillierte als gequälter Fisch in algigem Habitat. Praktischerweise zwängte sie sich zudem in einen Autoreifen, so dass Müll und Individualverkehr gleich mit gegeisselt werden konnten, wobei letzterer unter den Schlagworten „Lärm und Gestank“ und nicht unter „Klima“ abgehandelt wurde.
    Es gibt halt nichts Neues unter der Sonne.
    Die Genossinnen und Genossen erreichten damals mit fünf Nasen Fraktionsstärke. Sie waren anarchisch, oppositionell und alles Andere als staats- und autoritätsgläubig. Würde es je irgendwo für Mehrheiten reichen – so dachten sie damals – so würden sie keineswegs verbiedern oder zu arroganten Durchregierern mutieren.

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 09.09.2023, 10:04 Uhr

      Ja, selbst frustrierte Polit-Konvertierte haben wenigstens hin und wieder in Form von literarisch originellen Beiträgen ihre lichten Momente der Selbsterkenntnis.

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      • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
        Marie-Françoise Arouet, 09.09.2023, 12:12 Uhr

        Kommen Sie, kriegen Sie sich langsam wieder ein ob der schlichten Tatsache, dass nicht jeder Zeit seines Lebens auf dem intellektuellen Niveau eines Postpubertierenden stehenbleibt.

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          Kommentarschreiber, 10.09.2023, 07:57 Uhr

          Oh, M. Voltaire, in der Rolle als analytischer Entwicklungspsychologe.

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          • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
            Marie-Françoise Arouet, 10.09.2023, 10:37 Uhr

            Wie so vieles, ist auch diese Mutmassung falsch, was von ungenauem Lesen herrührt. Marie-Françoise hat im zweiten Bildungsweg Klarinette studiert. Es macht ihr Freude, aber den Rückstand des zweiten Weges hat sie leider leider nie aufholen können.

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              Kommentarschreiber, 10.09.2023, 10:56 Uhr

              Oh M. Voltaire verliert jetzt etwas die Contenance, peinlich.

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            • Profilfoto von Kommentarschreiber
              Kommentarschreiber, 10.09.2023, 11:59 Uhr

              Sehr bedauerlich, dass M. Voltaires Karriere als Klarinettist auf subalternem Niveau endete, hätte er sich doch, da aus wohlhabenden Verhältnissen stammend und somit finaziell sorgenlos, doch etwas mehr anstrengen können. Aber als Alternative hätte sich doch das etwas weniger anspruchsvolle Studium der Musikwissenschaft
              angeboten.

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      • Profilfoto von LD
        LD, 09.09.2023, 13:02 Uhr

        Sich von Staats-, autoritäts- und NGOgläubigen abzuwenden, ist dringlich und ein Akt von Souveränität. Punkt.

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      • Profilfoto von Michail Alexandrowitsch
        Michail Alexandrowitsch, 09.09.2023, 13:33 Uhr

        Staats- und Autoritätsgläubige widersprechen der Evolutionstheorie, der zufolge der Stärkere stets den Schwächeren verdrängen und dadurch langfristig eine Auslese zu einer Elite stattfinden soll. Abhängige sind per Defition nicht autonom, entsprechend keine Elite, und verfolgen deshalb eine fremde Agenda. Der beste Sklave ist derjenige, der nicht begreift, dass er einer ist.

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