Jetzt muss auch der Zugersee künstlich belüftet werden
Die Zuger Regierung nimmt verschiedene Änderungen am Richtplan vor. Unter anderem soll der Zugersee neu belüftet werden. Ausserdem gibt es weniger gute News für Biker.
Der Kanton Zug passt den kantonalen Richtplan in verschiedenen Kapiteln an. Konkret geht es um Anträge der Zuger Gemeinden sowie um Anpassungen in den Kapiteln Wald, Gewässer, Kantonsstrassen, Güterverkehr und Velowege. Aus diesem Grund lud die Zuger Baudirektion am Freitag zu einer Medienkonferenz.
Die augenfälligste Änderung von allen dürfte eine sein, die das Wohlergehen des Zugersees betrifft. Dieser weist bekanntlich eine zu hohe Nährstoffbelastung auf. Das spüren Zuger nicht zuletzt beim kühlen Schwumm im See, bei dem es immer wieder zu kurzen Gruselmomenten kommt, wenn Algen die Beine der Badenden berühren.
Algen lieben phosphorreiche Gewässer. Und der Zugersee bietet eine Menge davon. Der Phosphorgehalt liegt im grössten Zuger Gewässer bei knapp 80 Milligramm pro Kubikmeter. Ziel wäre bei der gleichen Menge Wasser eine Belastung von nur 30 Milligramm Phosphor.
Das Problem existiert nicht erst seit gestern. Nein, die Belastung war in der Vergangenheit bereits deutlich grösser. In den 1980ern erreichte der See einen Höchstwert von rund 200 Milligramm pro Kubikmeter. Mittlerweile jedoch hat sich der Zugersee an die Spitze der Rangliste der Schweizer Seen manövriert. Der Baldegger- und der Hallwilersee, frühere Spitzenreiter, liegen heute deutlich unter 30 Milligramm. Dies mit gutem Grund: Beide Seen werden seit geraumer Zeit künstlich belüftet.
Mehr Luft für die unteren Zugersee-Schichten
Der Zuger Regierungsrat will es den Vorreitern gleichtun. Er erwägt die Einführung einer Kompressionsanlage mit Druckluft zur Zirkulationsunterstützung. Was kompliziert klingt, ist eigentlich relativ simpel, wie Regierungsrat Florian Weber erklärte: «Mittels des Kompressors, der in Walchwil angebracht wird, schaffen wir Luft in die Tiefe des Sees, wo das Problem besonders gross ist.» Der Zugersee ist stellenweise bis zu 200 Meter tief. «Dort unten gibt es praktisch keine Umwälzung, der Phosphorgehalt ist erheblich.» Mit der Luft, welche via Leitungen in die Tiefe gepumpt wird, sollen die tieferen Schichten im wahrsten Sinn des Wortes reanimiert werden. Dies mittels Diffusoren.
«Wichtig ist dabei ein strenges Monitoring, damit wir reagieren können, wenn ein unerwünschter Nebeneffekt entsteht», so Weber. Die Schifffahrt werde von der Anlage kaum betroffen sein, erklärte René Hutter, Leiter des Amtes für Raumplanung. «Dies insbesondere, da die Anlage nur im Winter läuft, wenn die Kursschiffe nicht verkehren. Ausserdem sind es einzig Auftriebsbojen, welche die Position der Diffusoren anzeigen.»
Dass der Kompressor nur im Winter in Betrieb genommen wird, hat einen einfachen Grund: «Wenn das Wasser nicht nur am Seegrund, sondern überall rund 4 Grad kalt ist, ist eine Umwälzung deutlich einfacher, als wenn in den oberen Schichten 25 Grad herrschen.»
Neben den seeinternen Massnahmen wurden auch seeexterne Massnahmen ergriffen. Bauern, die mit ihren Düngemitteln den Nährstoffgehalt im Zugersee in die Höhe treiben, müssen verschiedene Änderungen vornehmen.
Kosten: Zwölf Millionen Franken – andere Kantone sollen sich beteiligen
Ziel der Zuger Regierung ist es, dass der Zugersee bis 2070 unter einen Wert von 30 Milligramm Phosphor pro Kubikmeter fällt. Ein Langzeitprojekt also, das seinen Preis hat. Die ganze Zugersee-Sanierung soll rund zwölf Millionen Franken kosten, wobei ein Anteil durch die anderen Seeanstösser-Kantone Schwyz und Luzern zu begleichen seien.
Die Betriebskosten sollen sich bei rund 450’000 Franken pro Jahr bewegen. Der Bund habe indes noch keine Bereitschaft gezeigt, sich am Projekt zu beteiligen, wie Weber an der Medienkonferenz mitteilte.
Zudem werde die ökologische Aufwertung von Fliessgewässern und Seeufern gemäss dem Gewässerschutzgesetz weiterverfolgt. Die Renaturierung der Lorze im Lorzentobel soll nun als konkretes Vorhaben aufgenommen werden. Aufgewertet werden sollen auch 18 Seeufer am Zuger- und Ägerisee.
Obacht, Biker, vielleicht seid ihr bald auf dem Holzweg
Auch weitere Projekte, die den kantonalen Richtplan betreffen, wurden am Freitag thematisiert. Im Juni 2023 beschloss der Kantonsrat im Richtplan neue Richtlinien für den Veloverkehr. Er beauftragte den Regierungsrat, die nötigen Netze in den kantonalen Richtplan zu integrieren. Ausserdem trat am 1. Januar 2023 das Bundesgesetz über Velowege in Kraft, das Kantone zur Planung und Umsetzung von Velowegnetzen verpflichtet. Um diesen Forderungen zu entsprechen, wurde auch der Richtplan angepasst.
Und das dürfte Mountainbiker nicht nur freuen, denn: Wurden sie bisher auf praktisch allen Waldwegen toleriert, soll es bald klare Regelungen geben, wo sie sich bewegen dürfen. «Die Idee davon kam von den Waldeigentümern. Dies mit der Begründung, dass die Bike-Aktivität mancherorts ausgeartet sei. Dies wiederum sei weder für das Wild noch für die Waldbewirtschaftung gut», äusserte sich Weber.
Mit dem Ziel, die Biodiversität im Wald zu fördern, sollen ausserdem zwei neue Waldnaturschutzgebiete ausgewiesen und ein bestehendes Gebiet vergrössert werden. Dies aufgrund ihrer ökologischen Qualität. Die Grundeigentümerschaften stünden den neuen Gebieten positiv gegenüber, betont der Regierungsrat.
So gehts nun weiter
Die geplanten Anpassungen des kantonalen Richtplans werden während 60 Tagen beim Amt für Raum und Verkehr in Zug und bei den Gemeinden aufgelegt. Sie dauern bis am 6. November 2023. Die Bevölkerung ist eingeladen, Vorschläge und Anregungen einzubringen. Dies entweder hier oder via [email protected]. Die Eingaben fliessen in die Überprüfung der Richtplananpassung ein. Voraussichtlich im Sommer 2024 befindet der Kantonsrat darüber.
- Medienkonferenz bei der Baudirektion
- Informationen zur Belüftung des Hallwilersees
- Medienmitteilung Kanton Zug