Amphibienwanderung legt Verkehr lahm

Die Kröten kommen: Sechs Wochen Strassensperre in Cham

Eine Kreuzkröte in der Nacht. (Bild: zvg)

Frösche, Kröten, Molche – wenn die Tage wärmer werden, kriechen sie aus den Wäldern und wandern zu ihren Laichgebieten. In Cham müssen sie dafür eine Strasse überqueren und schweben in Lebensgefahr.

Nördlich von Cham, in einer Landschaft, geprägt von Kleinweilern und grünen Wiesen, liegt ein künstliches Amphibienhabitat zwischen der Autobahn A4 und einer Betonfabrik. Es ist der Bibersee.

Der künstlich angelegte Weiher ist jeden Frühling Endpunkt einer Wanderung von Tausenden von Amphibien. Doch der Weg ist nicht ungefährlich. Denn während ihrer Reise müssen die Tiere eine schmale Strasse überqueren, die den grünen Streifen Land zwischen Oberwil und Bibersee durchschneidet. Und kommen nicht selten unter die Reifen. Die Gemeinde Cham wird aktiv.

Der Amphibienzug

Jedes Jahr erwachen Tausende Frösche, Kröten und Molche im nahegelegenen Oberwilerwald aus ihrer Winterstarre. Sie verlassen ihr Winterquartier und wandern zu den Laichplätzen. Dort angekommen, findet die Fortpflanzung statt, aus der sich Larven entwickeln. Sind die Tiere ausgewachsen, wandern sie ab Sommer zurück in die Wälder.

«Jedes Jahr nimmt die Zahl der Amphibien zu, die zwischen Oberwilerwald und Bibersee wandern.»

Drin Alaj, Gemeinderat von Cham

«Auch Cham kennt den Kreislauf des Amphibienzugs bestens», schreibt der Chamer Gemeinderat Drin Alaj (SP) auf Anfrage von zentralplus. Seit die Gemeinde im Jahr 2015 den Bibersee errichtet hat, habe sich der Weiher zu einem wichtigen Laichplatz für die Tiere entwickelt. «Jedes Jahr nimmt die Zahl der Amphibien, die zwischen Oberwilerwald und Bibersee wandern, zu.»

Cham, Bibersee
Der Weiher Bibersee ist ein Laichgebiet. (Bild: zvg)

Die Amphibien kommen in Cham unter die Räder

Die Zunahme an Tieren bleibt nicht ohne Folgen. Auf ihrem Weg zum Laichplatz müssen Abertausende von Kröten und Fröschen die Biberseestrasse überqueren. Obwohl auf der verkehrsberuhigten Strasse nur Zubringerdienst und landwirtschaftlicher Verkehr gestattet sind, ist der schmale Betonstreifen für die Amphibien tödlich.

«Die Zahl der überfahrenen Tiere hat in den vergangenen Jahren leider zugenommen.»

Drin Alaj

Immer wieder kommen die kleinen Wasserlebewesen unter die Reifen vorbeifahrender Traktoren und Autos. «Die Zahl der überfahrenen Tiere hat in den vergangenen Jahren leider zugenommen», schreibt Drin Alaj. Die Gemeinde Cham hat daher bereits im Jahr 2019 Massnahmen ergriffen.

Um die Wanderroute der Amphibien entlang der Autobahnböschung der A4 abzusichern, wurden sogenannte Amphibienrampen angebracht. Sie dienen den Tieren als Überstiegshilfen an den Randsteinen. Vier weitere Ausstiegshilfen installierte die Gemeinde an verschiedenen Entwässerungsschächten.

Mit Amphibienrampen erleichtert Cham den Kröten den Weg. (Bild: zvg)

Um weitere Erkenntnisse für den Artenschutz in der Region zu erlangen, wird diesen Frühling ausserdem ein Pilotprojekt durchgeführt. Doch bis die Ergebnisse des Projekts ausgewertet sind, könnten bereits Tausende von schützenswerten Amphibien zu Tode kommen. Daher gibt es jetzt eine Sofortmassnahme.

Strassensperrung für Amphibien in Cham

Von Ende Februar bis Mitte April sperrt Cham die Biberstrasse auch für den landwirtschaftlichen Verkehr und den Zubringerdienst. Da die Hauptwanderzeit der Amphibien nachts ist, gilt die Sperrung von 18 Uhr abends bis 7 Uhr früh. Tagsüber ist die Strasse für die berechtigten Fahrzeuge vorsichtig normal befahrbar.

«Damit soll einem Grossteil der Amphibien eine gefahrenfreie Querung ermöglicht werden.»

Gemeinde Cham

Die Gemeinde folgt damit der Empfehlung einer Regionalvertretung der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz (karch). «Damit soll einem Grossteil der Amphibien eine gefahrenfreie Querung ermöglicht werden», schreibt die Gemeinde im Zuger Amtsblatt.

Die genaue Dauer und der Beginn der nächtlichen Sperrung der Biberseestrasse seien wetterabhängig, sagt Gemeinderat Drin Alaj. Regen und Temperaturen ab 5 Grad Celsius seien «auslösende Faktoren». Sobald die Strasse gesperrt ist, wird der Verkehr mit entsprechenden Schildern über Hasental umgeleitet. Die Zuger Polizei wird die Einhaltung der neuen Regel stichprobenartig kontrollieren.

Bundesrechtlich geschützt

Alle Amphibienarten in der Schweiz sind bundesrechtlich geschützt. Sie gehören zu den am stärksten gefährdeten Artengruppen in der Schweiz. 70 Prozent der Arten stehen auf der Roten Liste. Im Kanton Zug sind 13 der 20 in der Schweiz vorkommenden Arten heimisch. Dazu zählen die Kreuzkröte, die Erdkröte, der Bergmolch und die Gelbbauchunke.

In einer Evaluation von 2014 zeigte sich, dass der Rückgang der Arten und der Wertverlust der Laichgebiete seit 1990 ungebremst voranschreitet. Der Kanton hält dagegen und schafft neuen Lebensraum für Frösche, Kröten und Lurche. In Naturschutzgebieten, im Wald, bei Kiesgruben, Deponien und auf landwirtschaftlichen Flächen.

Verwendete Quellen
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