PR-Manager, Mechaniker und Rennfahrer in einem

Ein Zuger Rennfahrer will alle hinter sich lassen

Vom Autoblogger zum Rennfahrer: der Zuger Silvio Romano. (Bild: zvg)

Der Zuger Motorsport-Rennfahrer Silvio Romano fährt im neuen Jahr an offiziellen Auto-Slalomrennen mit. Der Weg dorthin war alles andere als stringent.

Silvio Romano sitzt da, in seinem blauen Poloshirt mit roten Streifen und dem gleichfarbigen Basketball Cap. Gut vorbereitet, aufmerksam und doch irgendwie liebevoll distanziert. Ehrgeizig, verbissen und zielstrebig sind Worte, die man mit dem 49-Jährigen schnell in Verbindung bringen kann.

Das kleine Café in Kriens scheint irgendwie zu klein für ihn zu sein. Er ist sich grössere Bühnen gewohnt. Will mehr. Aber nicht um jeden Preis. So viel ist sicher. Denn die Familie geht vor. Bei allem, was er tut. Immer. Aber da ist eben auch diese Leidenschaft als Rennfahrer, die ihn im Jahr 2014 gepackt hat. 

Egal ob er im Slalomrennen um Pylonen fahren muss oder im Bergrennen nebst einem präzisen auch einen schnellen Fahrstil mit viel Mut beweisen muss. «Mein Ziel ist es immer, möglichst viele von ihnen hinter mir zu lassen.» Seit 2014 fährt er in seiner Freizeit Autorennen. Mit seinem eigenen Auto: einem Hyundai i20N. Bis zu zwölf Rennen sollen es im Jahr 2024 sein, auch an der interkantonalen Slalommeisterschaft (IKSM).

Um das richtige Auto zu finden, hat er sich mehr als drei Jahre Zeit genommen. Um genauer zu sein: von 2019 bis 2023. Die lange Pause war nicht wirklich gewollt. Zuerst wurde sein altes Auto bei einer MfK-Kontrolle aus dem Verkehr gezogen. Doch dazu später mehr. Dann kam 2022 Long Covid. Die Diagnose war ernüchternd: nur noch 50 Prozent Lungenvolumen.

«Diese Freizeitbeschäftigung hilft mir definitiv, Dampf abzulassen und einen Ausgleich zu meinem sonst eher weniger risikobereiten Job zu finden.»

Silvio Romano

Nach einem Jahr mit Long Covid hat der damals 46-Jährige über 15 Kilogramm zugenommen. Weil er rund ein Jahr keinen Sport machen durfte. Er stand vor der Wahl: kämpfen und sich durchbeissen oder alles an den Nagel hängen. Er entschied sich für ersteres und begann damit, bei extremen Wanderwettkämpfen in Deutschland zu starten. Das Ziel: die Lungenleistung trainieren und die Kilos loswerden. Heute trainiert er vier- bis fünfmal pro Woche im Fitnesscenter. Die Mühe hat sich gelohnt. Die zusätzlichen Kilos sind weg. Im Jahr 2024 will er mit seinem Auto richtig durchstarten.

Vom Autoblog-Autor zum Rennfahrer 

Heute, sagt Silvio Romano, sei er hobbymässiger Rennfahrer. Den Weg in den Rennsport hätte er gerne früher gefunden. Vielleicht schon in seiner Kindheit. Aber damals hätte das Geld gefehlt – und vermutlich hätten auch die Eltern etwas dagegen gehabt, wenn ihr kleiner Junge damals in einen Kart gestiegen wäre. Das ist bei Silvio Romano und seinem Sohn heute anders. «Er ist elf Jahre alt und möchte in sieben Jahren wie ich einmal Slalom und Bergrennen fahren.» Bereits heute messen sich die beiden bei Go-Kart-Rennen. Wobei Papa die Nase bisher (noch) vorne hat. 

Werfen wir einen Blick zurück ins Jahr 2014. Silvio Romano darf für die Boulevardzeitschrift «Blick» zwei Wochen lang den Opel Cascada Probe fahren. Kurz darauf beginnt er damit, einen Autoblog zu schreiben. Die Leute sind interessiert, und die Presseverantwortliche bei Opel Schweiz wird auf ihn aufmerksam. Bei einem Anlass von Opel Schweiz fragt sie ihn, ob er Lust hätte, an der nächsten OPC-Challenge mitzufahren. Er sagt zu.

Die Rennfahrerleidenschaft packt ihn sofort. Er fährt zuerst für Opel Schweiz den Opel Adam S, dann für die Garage Ruckstuhl in Kloten den Opel Corsa OPC. Ehe er 2016 sein eigenes Team aufbaut. Dazu gehören sein Vater, sein Patenonkel, seine Frau und sein Sohn. Fortan fährt er einen Opel Astra OPC. 2019 dann der Schock bei der MfK. Bei der gewohnten Motorfahrzeugkontrolle entdeckt man ein Ölleck zwischen Motor und Getriebe. Fertig, Rennen fahren – zumindest bis ins Jahr 2023. Dann entdeckt er sein heutiges Auto: den Hyundai i20N.

Seine stärksten Konkurrenten bisher: Lotus-Fahrer

Das Startgeld für die Rennen müssen die Fahrer selber bezahlen. Das Auto, den gesamten Unterhalt, die Reparaturen ebenfalls. Aber er kommt bisher gut über die Runden – auch weil er bereits zu Beginn viele Freunde und lokale Firmen hat, die ihn als Sponsoren unterstützen. 

Silvio Romano hat die Lizenz REG. Diese berechtigt den Start in sogenannten Berg- und Slalomrennen, die in der Region stattfinden. Sein Ziel ist es, nächstes Jahr zwischen April und Oktober bei den zwölf geplanten Rennen derart viele Punkte zu holen, dass er sich einen Platz mit der Lizenz NAT sichern kann. Das würde ihm die Teilnahme an nationalen Bergrennen in der Kategorie Superserie erlauben.  

Seine stärksten Konkurrenten waren bisher die Lotus-Fahrer. Im Jahr 2024 werden es die Toyota-Yaris-GR-Piloten sein. Bei jedem Rennen fährt man zwei Trainingsläufe und zwei Rennläufe. Der bessere Rennlauf zählt. Die Strecke kennen die Fahrer nicht. Anhand von Youtube-Videos könnte man diese auswendig lernen. Aber teilweise werden die Strecken auch geändert. Deshalb steht Romano bereits um sechs Uhr auf der Rennstrecke, um diese zu besichtigen.  

Silvio Romano macht fast alles im Alleingang

Silvio Romano erledigt praktisch alles im Alleingang. Egal ob als PR-Manager, Mechaniker oder Rennfahrer. «Da habe ich manchmal einen gewissen Nachteil, weil ich keine Ausbildung als Mechaniker habe.» Zum Beispiel, wenn die anderen Fahrer neue Slicks – sogenannte profillose Reifen – ausprobieren. Das dauert bei ihm länger – weil er diese nicht so schnell ausprobieren oder auf das Know-how als Mechaniker zurückgreifen kann. 

«Mein grösstes Ziel ist es, dass ich nach dem Rennen wieder ganz und mit meinem eigenen Auto nach Hause fahren kann.»

Silvio Romano

Seit 2019 hat ihn das Bergrennfieber gepackt. «Da spüre ich das Adrenalin noch viel stärker als bei den Slalomrennen.» Und was meint seine Frau dazu? «Sie hat mich einmal gefragt, ob diese Rennen gefährlich sind. Ich habe ihr geantwortet: ‹Wenn ich einen Helm trag, ist es nicht so gefährlich.›» 

Obwohl es schon vorgekommen ist, dass es Fahrer von der Rennpiste gefegt hat. Ihn eingeschlossen. Aber nur ein Mal. Als er in seiner zweiten Saison quer durch eine Wiese während eines Rennens in Frauenfeld gefahren ist. «Das hat mir vollkommen gereicht – ich fahre zwar gerne am Limit, aber mein grösstes Ziel ist es, dass ich nach dem Rennen wieder ganz und mit meinem eigenen Auto nach Hause fahren kann.» Das hat er auch seiner Frau und seinem Sohn versprochen. 

Auf der Strecke Rennfahrer, im Büro Informatiker

Auch wenn der 49-jährige Zuger kein Preisgeld für sein Hobby erhält, hat er seine Leidenschaft neben seinem hauptberuflichen Job als Informatiker gefunden. «Diese Freizeitbeschäftigung hilft mir definitiv, Dampf abzulassen und einen Ausgleich zu meinem sonst eher weniger risikobereiten Job zu finden.» Er selbst sagt, dass er vermutlich bereits ein Burn-out erlitten hätte, wenn er 2014 nicht in die Welt des Motorrennsports eingetaucht wäre.  

Letztlich geht es beim Rennfahren um Ruhm und Ehre. Silvio Romano ergänzt: «Wir sind eine kleine Familie, die einander hilft, wenn jemand in der Klemme steckt.» So kam es auch schon vor, dass jemand Überbrückungshilfe geleistet hat, wenn der Motor nicht anspringen wollte. Oder nach einem Rennen Bier kaltgestellt und unter den Fahrern verteilt wird. Das ist jeweils sein Job. 

Während des Gesprächs mit zentralplus kommt die Kellnerin an den Tisch. Sie fragt, ob man noch etwas haben möchte. Er schüttelt den Kopf. Da ist sie wieder – diese liebevolle Distanziertheit. Die genau weiss, was sie will. Mit dieser Spur an Verbissenheit und unbändigem Ehrgeiz. 

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Silvio Romano
  • Blogbeitrag von Silvio Romano
  • Medienmitteilung von Silvio Romano zum neuen Rennauto 
  • Website von Silvio Romano 
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