Jüngste Kickbox-Schweizermeisterin

Bei Verona Gjinaj aus Kriens sind die Emotionen im Ring weg

Geht für ihre Passion jeden Tag ins Training: Verona Gjinaj aus Kriens. (Bild: Nathalie Ehrenzweig)

Ab Donnerstag läuft in München die Amateur-Kickbox-Weltmeisterschaft. Mit dabei ist Verona Gjinaj aus Kriens. Die zweifache Schweizermeisterin will den Titel holen.

Verona Gjinaj war erst neun Jahre alt, als sie ihr erstes Thaibox-Training besuchte. «Eigentlich wollte ich Karate ausprobieren, aber mein Vater kannte damals schon Tefik Bajrami und schlug mir vor, doch mal ins Kickboxen zu gehen», erinnert sich die heute 19-Jährige. Der kleinen Verona gefiel das Training sehr. Zum Aufwärmen machten sie ein paar Spiele, danach trainierte auch der Nachwuchs schon zweimal in der Woche Technik.

Nur Sparring machten die Kinder nicht. Was das kleine Mädchen an Kampfsport faszinierte, kann sie schwer in Worte fassen, doch sie trainiert fortan beim mehrfachen World-Boxing-Union-Weltmeister und ehemaligen Andy-Hug-Schüler Tefik Bajrami in dessen Kampfsportschule.

«Mit 15 Jahren war mir fast langweilig im Training, so fragte ich Tefik, ob ich mehr aus dem Thaiboxen machen könne. Ich wollte mal im Ring stehen», erzählt die Sportlerin. Der Trainer erläuterte ihr, dass das viel Arbeit erfordere und sie dazu ab sofort täglich ins Training kommen müsse. Seither geht die Krienserin morgens joggen und abends ins Kickbox-Training – jeden Tag. «Als ich in der Sek war, war das noch einfacher», schmunzelt sie. Jetzt gehe eigentlich die gesamte Freizeit fürs Training und fürs Lernen für die Schule drauf. Nur Zeit mit der Familie und für die Regeneration liegen noch drin.

Die jüngste Schweizermeisterin

Bisher hat Verona Gjinaj in zehn Kämpfen neun Siege heimgebracht. «Mit 15 wurde ich die jüngste Schweizermeisterin, drei Jahre später gewann ich die Schweizermeisterschaft nochmal», so die 19-Jährige. Bis jetzt habe sie Glück gehabt und sich noch nicht ernsthaft verletzt. «Doch meine Familie hat schon Angst um mich, wenn ich im Ring stehe», sagt sie. Das verstehe sie.

Ihre ältere Schwester hat Fussball gespielt, ihr kleiner Bruder spielt es immer noch. Die jüngere Schwester hat Basketball gespielt. «Sie finden es zwar nicht so schön, dass ich mich quasi im Ring prügle», lacht sie, «aber sie stehen immer hinter mir und machen mir Mut, dass ich das schaffe», freut sie sich. Und ihre Sorge sporne sie erst recht an, ihnen zu zeigen, dass sie ihre Gegnerin bezwingen kann.

Verona Gjinaj mit ihrem Trainer Tefik Bajrami. (Bild: Nathalie Ehrenzweig)

Ab Donnerstag geht es in den Ring

Am Mittwoch reist Verona Gjinaj mit ihrem Trainer nach München, um an der ISKA-Amateur-Kickbox-Weltmeisterschaft (International Sport Kickboxing Association) teilzunehmen. Auch jetzt vor der Weltmeisterschaft trainiert die Krienserin zweimal täglich eineinhalb Stunden. «Die Kondition baue ich morgens selbst auf. Abends feile ich mit meinem Trainer an meiner Technik», so Verona Gjinaj, die bei Frei’s die Ausbildung zur Kauffrau EFZ Talent School absolviert.

Die Ausbildungsstätte ermöglicht ihr, die Lehre und den Sport zu kombinieren. Die zweifache Schweizermeisterin möchte sich noch mehr auf ihre Konzentration und die Distanz zur Gegnerin fokussieren: «Am besten kann ich den Kick mit dem Schienbein zum Oberschenkel meiner Kontrahentin.» Ein Schlag in den nicht angespannten Magen oder an den Kiefer tue am meisten weh.

«Die Gegnerin tut mir nicht leid, ich habe aber auch keine Aggressionen gegen sie, denn dann verliert man die Kontrolle.»

An der Weltmeisterschaft wird sie auch gewogen, denn Gjinaj kämpft in der Gewichtsklasse bis 60 Kilo. Nach der Eröffnungszeremonie folgen ab Donnerstag die Kämpfe, wobei die Sportlerin noch nicht weiss, wie viele sie gewinnen muss, um bis ins Finale zu kommen. «Die Pläne sind noch nicht fertig», sagt sie.

Ein Kampf dauert dreimal zwei Minuten, mit jeweils einer Minute Pause dazwischen. Würde Verona Gjinaj einen Kampf verlieren, wäre die WM für sie zu Ende. «Ich möchte schon gern den Titel gewinnen. Es wäre eine tolle Belohnung für das viele Trainieren. Und ich könnte meinem Trainer und meinen Eltern eine Freude machen», sagt sie. «Mein Trainer hat mich stets inspiriert und gefördert, damit ich mich verbessere und meine Grenzen verschiebe. Meine Eltern haben mich von Anfang an unterstützt und ermutigt. Ihr Glaube an mich, selbst in den schwierigsten Zeiten, war und ist meine stärkste Triebfeder»

Die Krienserin Verona Gjinaj in Aktion. (Bild: zvg / Verona Gjinaj)

Der Glaube ist Verona Gjinaj wichtig

Damit das klappt, hat die 19-Jährige das Kreuz ihrer Oma dabei. Ihr Glaube ist ihr wichtig: «Ich bete fast jeden Abend, das befreit mich, der Stress baut sich ab, aber die Emotionen bleiben», sagt sie. Im Ring habe sie aber keine Emotionen mehr: «Die Gegnerin tut mir nicht leid, ich habe aber auch keine Aggressionen gegen sie, denn dann verliert man die Kontrolle», so Verona Gjinaj. Während des Kampfes gehe es nur darum zu beobachten, wo die Gegnerin frei ist, also verletzbar ist. «Und ich muss meinem Trainer zuhören, damit ich sein Coaching umsetzen kann.» Das Publikum nehme sie nicht wahr, nur ihre Mutter, die sieht sie immer.

«Ich will natürlich mehr Titel holen. Als Profi ist es für Frauen aber schwieriger, vom Sport zu leben.»

Bisher hat Verona Gjinaj viel erreicht in ihrem Sport. Verzichtet habe sie dafür vor allem auf Freizeit: «Aber das ist mir egal. Wichtig war mir nur, zwei, drei richtige Freundinnen zu haben, die mich verstehen.» Essen könne sie in der Regel, was sie wolle, ausser zu viel Fast Food. Dass sie gern auf die Freizeit verzichtet hat, wird ihr auch nach dem allfälligen Amateur-Weltmeistertitel helfen, ihre nächsten Ziele zu erreichen.

Beruflich plant sie, entweder die Berufsmatura zu machen, beispielsweise Wirtschaftsinformatik zu studieren oder sich im Bereich Treuhand weiterzubilden. Auch sportlich geht es weiter: «Ich will natürlich mehr Titel holen. Als Profi ist es für Frauen aber schwieriger, vom Sport zu leben. Gerade, wenn die Familienplanung ansteht. Aber ich könnte mir vorstellen, ins Boxen zu wechseln, denn Boxen ist olympisch, Thaiboxen leider nicht.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Ronta-Resu
    Ronta-Resu, 18.10.2023, 21:20 Uhr

    Zweifache Schweizermeisterin und solch eine Selbstdisziplin in dem Alter, Respekt!
    Einen guten Kampf und viel Erfolg bei der WM Miss G.

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