«Fast-Geisterspiele» sind Tatsache

EVZ votiert für Unterbruch der Saison, FCL kassiert «harten Schlag»

CEO Patrick Lengwiler vor leeren Rängen im EVZ-Stadion – das wird bis auf Weiteres Tatsache bleiben. (Bild: EVZ)

EVZ-Manager Patrick Lengwiler stuft die neuen Corona-Richtlinien des Bundesrates als «zweiten Lockdown» ein. Er zeigt sich frustriert. Auch auf den FC Luzern steigt der wirtschaftliche Druck – erst recht im Hinblick auf die Lizenzerteilung im nächsten Februar.

Es ist genau das eingetroffen, was in sportlichen Fachkreisen zusehends als unausweichlich eingeschätzt wurde: Obwohl kein Fall einer Ansteckung in Schweizer Fussball- und Eishockey-Stadien bekannt wurde, müssen die Meisterschaftsspiele praktisch wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Nur noch 50 Zuschauer sind maximal zugelassen.

Weil die Verschärfung der Corona-Regeln ab Mitternacht schweizweit und bis auf Widerruf gilt, wird der EV Zug seine nächsten beiden Heimspiele am Freitag gegen die SCL Tigers und am Sonntag gegen Ambri vor praktisch leeren Rängen austragen müssen.

Genug Spielraum für Unterbruch

Die National League hat schon davor beschlossen, die Eishockey-Spiele in dieser Woche noch durchzuziehen. In den nächsten Tagen wollen die zwölf Klubvertreter beschliessen, wie es mit der Meisterschaft weitergehen soll.

«Frustriert und konsterniert nehmen wir Kenntnis vom Entscheid des Bundesrates. Wir verstehen die gesundheitspolitischen Beweggründe, jedoch bedeuten die Massnahmen für uns nach nur drei Heimspielen den zweiten Lockdown», sagt Zugs CEO Patrick Lengwiler in einer schriftlichen Stellungnahme. Schon mit einer Obergrenze von maximal 3'800 Zuschauern hat er das zu erwartende EVZ-Defizit auf gut vier Millionen Franken veranschlagt (zentralplus berichtete).

Nun ist er für einen Unterbruch der Meisterschaft. Er vertritt die Ansicht, dass Spiele ohne Sponsoren und Zuschauer, die die Haupteinnahmequelle eines jeden Vereins sind, keinen Sinn machen. In der Tat hat die Liga noch Spielraum, um die Meisterschaft durchzuführen. Zur Not mit einem verkürzten Modus in den Playoff-Serien oder bloss einer Qualifikation ohne Playoffs.

Für Lengwilers Anliegen müssen allerdings neun von zwölf Klubs votieren, um die Meisterschaft vorerst freiwillig auszusetzen. Dem EVZ-Manager ist allerdings nicht entgangen, dass dieses Unterfangen einen schweren Stand haben wird.

So argumentieren Lengwilers Gegner

In der Liga sind nämlich nicht wenige Klubvertreter dafür, mit der Meisterschaft weiterzumachen – dem «zweiten Lockdown» zum Trotz und selbst im Wissen darum, dass ihnen der finanzielle Schnauf irgendwann im Frühjahr 2021 ausgehen wird. Die Landesregierung hat am Mittwoch keine Stellung dazu bezogen, ob die Spitzensportvereine demnächst wieder mit Kurzarbeitsentschädigung oder gar Subventionen unterstützt werden.

«Bundesrat Alain Berset hat vom Winter geredet, und der endet bekanntlich nicht am 31. Dezember.»

FCL-Präsident Philipp Studhalter

Jene Klubvertreter, die für eine Fortsetzung der National League in der zweiten November-Woche sind, argumentieren damit, dass ihnen so keine finanzielle Rückforderung des TV-Partners und vielleicht der eigenen Sponsoren drohen. Da die Fast-Geisterspiele mutmasslich ein grösseres Publikum vor den Fernseher locken, werde den Sponsoren und ihrer beabsichtigten TV-Präsenz ausreichend Genüge getan.

Kommt dazu, dass man die öffentliche Aufmerksamkeit im Sport nicht dem Fussball überlassen will. Die Swiss Football League wird, sofern wegen der um sich greifenden Corona-Ansteckungen in verschiedenen Profi-Klubs überhaupt möglich, ihre Meisterschaft plangemäss fortsetzen.

VIP haben Kompensationsansprüche

Der FC Luzern wird mit der 50-Zuschauer-Regel frühestens am 4. November konfrontiert sein. An diesem Termin könnte das an diesem Wochenende verschobene Heimspiel gegen den FC Sion nachgeholt werden.

FCL-Präsident Philipp Studhalter redet von «einem harten Schlag für uns. Dieser erhöht den wirtschaftlichen Druck.»

Philipp Studhalter FCL FC Luzern Fussball Sport
FCL-Präsident Philipp Studhalter rechnet nicht damit, dass die nun in Kraft tretenden Verschärfungen der Corona-Regeln bis Ende Jahr aufgehoben werden. (Bild: bic)

Zwar entsteht dem Verein kein unmittelbarer Rückforderungsanspruch der Abo-Besitzer, aber «wir werden auf die Saison 2020/2021, wie bereits kommuniziert, eine Art Kompensationsleistung erbringen müssen. Zudem entstehen im VIP-Bereich Ansprüche auf Kompensation, weil wir die Leistung nicht erbringen können.»

Weil bis im Februar das Budget für die Saison 2021/2022 und deren Finanzierung bei der Liga zwecks Lizenzerteilung eingereicht werden muss, wachsen die Sorgen auf operativer FCL-Ebene. Dies vor dem Hintergrund, dass die Corona-Krise das Fussball-Geschäft unvorhersehbar gemacht hat – und weil der Aktionärsstreit nach wie vor einer Lösung harrt. Das aktuelle Aktionariat nimmt sich für die Sicherstellung der finanziellen Mittel bloss bis zum Ende dieser Saison in die Pflicht (zentralplus berichtete).

Teilentschädigung gewünscht

Studhalter hätte sich gewünscht, dass die Landesregierung eine Ansage zu einer möglichen Kurzarbeitsentschädigung für befristete Vertragsnehmer, wie sie Profisportler sind, am Mittwoch machen würde. «Eine Teilentschädigung von 20 Prozent dafür, dass die FCL-Profis sozialen Auftritten in Schulen und anderen Einrichtungen keine Folge leisten können, hätte ich als angemessen erachtet.»

Seine grosse Hoffnung beruht darauf, dass die zinslosen Darlehen durch den Bund, die laut der Fussball-Liga voraussichtlich ab Anfang Dezember bezogen werden können, noch in Unterstützungsbeiträge à fonds perdu umgewandelt werden können.

Dass das aktuelle Regime in ein paar Wochen schon wieder der Vergangenheit angehören könnte, damit rechnet Philipp Studhalter nicht: «Bundesrat Alain Berset hat vom Winter geredet, und der endet bekanntlich nicht am 31. Dezember.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von josef
    josef, 30.10.2020, 18:18 Uhr

    Sport mag zwar unterhaltsam sein, aber systemrelevant ist er auf jeden Fall nicht. Lasst sterben, was nicht selber überleben kann und fangt neu an sobald sich die Lage beruhigt. Klingt hart, ist es auch

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  • Profilfoto von Karl Ottiger
    Karl Ottiger, 29.10.2020, 12:59 Uhr

    Da hab ich eine andere Sichtweise als Studhalter wenn man sich einen Fussballclub als Hobby leistet wie das ja beim FCL der Fall ist sollte man das nötige Münz schon im Sack haben damit man auch solche Krisen meistern kann. Alpstaeg muss nicht nur die prozentualen Anteile hamstern und eine grosse Klappe haben sonder schön sein Portemonnaie aufmachen und das Zeug in Ordnung bringen die Hobbys können manchmal teuer sein aber was soll’s man ist ja mehrfach Millionär.

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