Vogelgrippe-Massnahmen werden aufgehoben

Hühner dürfen bald wieder raus: Das halten Zuger Bauern davon

Hühner im Wintergarten. (Bild: zvg)

Aufgrund der Vogelgrippe wurde im November die Freilandhaltung von Hühnern verboten. Nun werden die Massnahmen aufgehoben. Der Zuger Kantonstierarzt betont dennoch: Die Gefahr ist noch nicht gebannt.

Fünf Monate lang durften Freilandhühner schweizweit aufgrund der Vogelgrippe nicht mehr ins Freie. Am Donnerstag beschloss das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die Aufhebung der Massnahmen per 1. Mai (zentralplus berichtete).

Der Zuger Kantonstierarzt Rainer Nussbaumer erklärt gegenüber zentralplus: «Die Zugvogelsaison ist vorbei. Die Tiere, die bei uns überwintert haben, sind bereits zurück im Norden.» Auch seien viele Vögel zurzeit am Brüten und somit ortsgebunden, was das Risiko einer Verbreitung gemäss BLV ebenfalls sinken lässt. Aber: «Obwohl sich die Lage etwas entspannt hat, ist die Gefahr für hiesige Vögel noch nicht gebannt», sagt Nussbaumer. «Das Virus hat sich verändert, so dass es nicht nur über Zugvögel verbreitet wird, sondern auch von der hier ansässigen Vogelpopulation übertragen werden kann. Aus diesem Grund gilt es, auch weiterhin vorsichtig zu sein.»

«Die Massnahmen waren wirksam und wichtig»

Die Situation diesen Winter sei bislang einzigartig gewesen. Insbesondere, dass das Geflügel während einer so langen Dauer nicht in den freien, ungeschützten Auslauf durfte, sei noch nie vorgekommen. Dennoch hat Nussbaumer die betroffenen Zuger Landwirte als grösstenteils verständnisvoll erlebt.

«Klar gab es ab und zu Fragen, darunter auch kritische, doch gerade Bauern sahen ein, dass die Seuche eine potenzielle Gefahr für ihre Hühner bedeutet.» Etwas weniger Verständnis hätten hingegen einige Hobbyhalter gehabt. «Dies insbesondere, da sie meist über keinen Wintergarten für die Tiere verfügen, durch den die Tiere trotz der Massnahmen an der frischen Luft sind», sagt Nussbaumer. Solche Wintergärten seien gerade für Biobetriebe üblich. «Die Richtlinien sehen vor, dass die Tiere auch im Winter Auslauf haben», sagt der Kantonstierarzt.

«Im Kanton Zug wurden während der letzten Monate keine Fälle verzeichnet, bei denen Nutzvögel mit der Vogelgrippe angesteckt wurden. Man kann also davon ausgehen, dass die Massnahmen wirksam und wichtig waren», sagt Nussbaumer.

Hühner müssen «unterhalten» werden

Landwirte aus Zug sind über die Nachricht des VBL über die baldige Aufhebung der Vogelgrippe-Massnahmen erfreut. Für sie gestaltete sich die Hühnerhaltung während der letzten Monate aufwändiger.

Der Zuger Landwirt Roger Iten, der in der Zuger Letzi 6'000 Hühner hält, erklärt auf Anfrage: «Wir mussten das Gelände absperren, damit etwa keine Fussgänger zu nah herantreten. Auch der Zutritt zum Stall wurde eingeschränkt. Ganz besonders wichtig war es in den letzten Monaten jedoch, die Tiere auszulasten.»

Denn, so Iten weiter: «Hühner sind ungefähr während fünf Minuten am Tag mit Eierlegen beschäftigt, den Rest des Tages hühnern sie einfach herum. Und weil sie im Moment nicht im Gras scharren und Würmer suchen können, müssen wir sie zusätzlich auslasten.» Dies etwa, indem man das Einstreu im Stall häufig wechsle, damit sie dieses erkunden und darin herumgrübeln können. «Wir streuen beispielsweise Sand oder Split rein, oder hängen Strohsäcke in den Stall. Auch haben die Hühner Stangen zur Verfügung, auf die sie rauf und wieder runter fliegen können.»

Weiter gebe es einen Wintergarten, wo sich die Tiere an der frischen Luft aufhalten können und der mit Sandbäder, Pickschalen und gelöcherten und mit Sand befüllten PVC-Rohren versehen sei.

Unterforderte Tiere beginnen sich gegenseitig zu picken

Seien die Tiere jedoch unterfordert, würden sie beginnen, sich für ihre Artgenossen zu interessieren. «Dann beginnen sie diese zu necken und zu picken. Und weil sie halt keine Hände haben, machen sie das mit ihren Schnäbeln, was weniger lustig ist.»

Iten ist zwar froh darüber, dass seine Hühner bald wieder ins Gras dürfen, doch schlimm seien die Massnahmen aus seiner Sicht nicht. «Natürlich sind die Einschränkungen aufgrund der Vogelgrippe nicht toll, doch für die Tiere entstehen dadurch keine grösseren Probleme. Wenn man weiss, wie man mit der Situation umgehen kann, geht es gut. Man muss die Hühner halt bei Laune halten.»

Lukas Birrer, der in Cham 2'500 Hühner hält, erklärt gegenüber zentralplus: «Bei uns konnten die Tiere während der letzten fünf Monate trotz allem wenigstens an die frische Luft, da wir einen vogelsicheren Auslauf haben und gut eingerichtet sind. Ich denke daher nicht, dass es den Tieren heute schlechter geht als vor den Einschränkungen, obwohl sie aktuell noch etwas weniger Auslauf haben.»

Der Stall, den Birrer 2017 aufgrund der geplanten Umfahrungsstrasse Cham–Hühnenberg neu bauen musste, stellt sich nun als Glücksfall heraus. Gemäss Tierschutzgesetz ist er so ausgelegt, dass die Tiere selbst dann genügend Fläche zur Verfügung haben, wenn sie nicht auf die Weide können.

Hühner, die nicht raus dürfen, mampfen mehr

Auch Birrer ist darauf bedacht, die Tiere während der Einschränkungen genügend zu beschäftigen. Eine Erkenntnis, die er in den letzten Monaten überdies gemacht hat: «Ich habe gemerkt, dass die Tiere nun etwas mehr fressen. Vielleicht ist es wie bei uns Menschen: Wenn wir mit Freunden unterwegs und beschäftigt sind, denken wir nicht ans Essen. An einem faulen Sonntag vor dem Fernseher laufen wir hingegen gefühlt alle fünf Minuten in die Küche.» Problematisch sei der höhere Futterverzehr der Hühner nicht, da die Veränderung nur minim sei.

Birrer zur Aufhebung der Massnahmen: «Ich freue mich für meine Hühner, dass sie ab Montag wieder rauskönnen. Sie verweilen gerne auf der Weide.» Dazu kommt, dass er in letzter Zeit den Druck vereinzelter Kunden gespürt habe. «Sie finden es problematisch, wenn wir Freilandeier verkaufen, ohne dass die Hühner auf die Wiese können. Auch die Frage nach einem Preisnachlass wurde bereits laut. Bloss: Wir haben beim Stallbau viel Geld investiert, damit wir die Hühner rauslassen können. Das Tierwohl ist uns sehr wichtig. Das rechtfertigt unserer Ansicht nach den Preis.»

Arbeitsgruppe will sich für richtige Deklaration einsetzen

Vor dem Hintergrund, dass Freilandhaltung in den vergangenen Monaten nicht möglich war, gab es schweizweit Diskussionen über die Bezeichnung «Eier aus Freilandhaltung» und «Bio-Eier», welche nach wie vor auf Eierkartons zu finden ist. Dauern Einschränkungen in der Hühnerhaltung länger als 16 Wochen, müssten nämlich auch die Verpackungen entsprechend geändert werden.

Mittlerweile findet man bei den Detailhändlern entsprechende Hinweistafeln an den Eierregalen. Eine Arbeitsgruppe aus Branchenvertretern und Bund will ausserdem langfristige Massnahmen suchen. Dies, damit die Bezeichnung von Eiern künftig auch dann stimmt, wenn Schutzmassnahmen, wie sie diesen Winter nötig wurden, länger als 16 Wochen dauern.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräche mit Zuger Bauern
  • Telefongespräch mit Rainer Nussbaumer
  • Medienmitteilung des BLV
  • SRF-Artikel zur Eier-Deklaration
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