Baum auf Gemeindegebiet

Horwer Egli-Zunft fällt Linde – und erzürnt die Gemeinde

Der Spycher der Egli-Zunft in Horw. Im Vordergrund zeugt nur noch ein Stumpf von der ehemaligen Linde. (Bild: mik)

Die Egli-Zunft in Horw verschiebt ihren Speicher Mitte Dezember ins Felmis. Kurz vor dem Umzug hat sie eine Linde nahe dem Holzbau gefällt. Das Problem: Die Linde gehört der Gemeinde. Und der Einwohnerrat wollte diesen Baum explizit erhalten.

Ein Baum, den man fällt, poltert mehr als ein Grashalm, den man mäht.

Wie sehr der Baum sprichwörtlich poltern kann, wird derzeit der Egli-Zunft in Horw bewusst. Sie hat vor gut einer Woche eine Linde vor ihrem Spycher nahe der Kreuzung Kirchweg-Neumattstrasse fällen lassen. Damit hat sie in ein veritables Wespennest gestochen, wie sich nun zeigt.

Denn: Der Baum stand nicht etwa auf der Parzelle des Spychers, sondern auf einem kleinen, dreieckigen Grundstück der Gemeinde. Und diese als Eigentümerin wurde vorab weder informiert noch gefragt, wie Mediensprecher Christian Volken gegenüber der «Luzerner Zeitung» sagt. Der Baum war zwar nicht geschützt oder im Inventar eingetragen, trotzdem läge die Entscheidungshoheit bei der Gemeinde Horw.

Der Spycher liegt auf der Parzelle 1613, der Baum aber auf einer rund 36 Quadratmeter grossen Parzelle der Gemeinde. (Bild: Screenshot: Geoportal Luzern)

Über die Aktion ärgerten sich nicht nur Anwohnerinnen, auch Horwer Einwohnerräte wurden aktiv. Die L20 stellt dem Gemeinderat in einer dringlichen Interpellation mehrere Fragen zur Situation und zum weiteren Vorgehen. Sie stellt gar eine Anzeige wegen Sachbeschädigung in den Raum.

Linde sorgte vor Jahren für lange Diskussion

Federführend beim Vorstoss war Urs Steiger. Er habe über verschiedene Quellen von der Fällung erfahren, wie er auf Anfrage sagt. So wohnen Fraktionsmitglieder just oberhalb des Areals, zudem hätten sie Zuschriften von erzürnten Anwohnern erhalten. Zur Fällung findet der 63-Jährige deutliche Worte: «Es ist eine unsägliche Aktion.»

Insbesondere, da der Baum Bestandteil langwieriger Diskussionen im Einwohnerrat war. Bei der Besprechung des Bebauungsplans Dorfkern Ost hat die L20 den ursprünglichen Entwurf unter anderem wegen der Fällung der Bäume zurückgewiesen. Im Sommer 2017 hat der Horwer Einwohnerrat in der Besprechung des Bebauungsplans eine Bemerkung fast einstimmig überwiesen, die auf den Erhalt der «bestehenden drei Linden» pochte. Also explizit auch der Linde, die inzwischen gefällt ist.

Der Gemeinderat ist konsterniert und verärgert. Er hat schlicht kein Verständnis für eine derartige Aktion.

Astrid David Müller, Sicherheitsvorsteherin Horw

Das Aufheben um den Baum ist aus Sicht von Urs Steiger deshalb durchaus gerechtfertigt. Hinzu kämen Gründe wie die Siedlungsqualität und die Klimaanpassung. «Bäume im Siedlungsgebiet sind im Zusammenhang mit dem Klimawandel von grosser Bedeutung, da müssen wir Sorge tragen.» Insbesondere zu bereits gut gewachsenen Bäumen, da es Jahrzehnte brauche, bis junge Bäume wirklich «leistungsfähig» seien.

Zunft spricht von Panne

Gemäss Cornel Buholzer, Zunftmeister der Egli-Zunft, habe die Zunft den Baum vor 40 Jahren gepflanzt. Damals gehörte der Fleck des Grundstücks noch zur gleichen Parzelle wie der Spycher. Gegenüber der «Luzerner Zeitung» beteuert er, der Auftraggeber der Fällung habe wohl nicht gewusst, dass die Linde auf Gemeindeboden stehe. Es stecke jedoch keine böse Absicht dahinter, sondern sei eine Panne.

Den Beteuerungen des Zunftmeisters schenkt L20-Einwohnerrat Urs Steiger jedoch keinen Glauben. «Einem Holzfäller kommt nicht plötzlich in den Sinn, eine Linde zu fällen.» Es habe dazu einen Auftrag gebraucht. Dass die Verantwortlichen nicht darüber Bescheid wissen, stehe schräg in der Landschaft. «Das würde bedeuten, dass die Zunft entweder in der Organisation des Umzugs schlecht aufgestellt ist. Oder intern jemand wild Entscheidungen trifft. Das gibt zu denken, nachdem seitens der Gemeinde explizit darauf hingewiesen wurde, dass dieser Baum keinen Schaden nehmen darf. So verhält man sich nicht unter Partnern.»

Urs Steiger setzte sich auch bei der Abstimmung zum Winkel für das Horwer Ortsbild ein. Hier steht er mit Beatrice Hunziker vor dem historischen Zollhaus. (Bild: ewi)

Gemeinderat ist ebenfalls verärgert

Gleicher Meinung ist auch der Gemeinderat. Er habe am Montag, 20. November, von der Bevölkerung davon erfahren, wie die Horwer Sicherheitsvorsteherin Astrid David Müller (SVP) auf Anfrage schreibt. Die Gemeinde findet dazu ebenso deutliche Worte wie Steiger: «Der Gemeinderat ist konsterniert und verärgert. Er hat schlicht kein Verständnis für eine derartige Aktion. So etwas ist nicht akzeptabel.»

Insbesondere, da die Gemeinde vier Tage vorher noch Kontakt mit der Egli-Zunft hatte. Bekanntlich will die Zunft den Spycher Mitte Dezember ins Felmis zügeln. Vor Ort hatte die Gemeinde mit Vertretern eine Besprechung bezüglich des Transports. «Bei der Besprechung wurde seitens der Gemeinde klar kommuniziert, dass die betroffene Linde nicht gefällt werden darf», so David Müller.

Was danach falsch gelaufen sei, wisse sie nicht und möchte auch nicht spekulieren. Der Gemeinderat erwarte jedoch, dass jemand die Verantwortung für den Vorfall übernehme und erkläre, wie das passieren konnte. Bisher hätten jedoch noch keine Gespräche mit der Zunft stattgefunden und der Gemeinde liege auch keine Stellungnahme vor.

Gemeinde behält sich rechtliche Mittel vor

Von einer Anzeige wie von Steiger in der Interpellation angetönt, sehe die Gemeinde noch ab. «Wir wollten der Urheberschaft die Gelegenheit geben, sich zu melden, sich zu erklären und die Verantwortung zu übernehmen. Die Gemeinde verlangt volle Schadloshaltung und Ersatz des gefällten Baumes», erklärt David Müller. Und fügt an, dass sich die Gemeinde «alle Optionen offen» halte.

Mit den Antworten der Gemeinde ist Steiger zufrieden – sollte der Gemeinderat auch tatsächlich an der Sache dranbleiben. Er und die Fraktion behielten die Situation darum weiterhin im Auge.

Verwendete Quellen
  • Interpellation von L20-Einwohnerrat Urs Steiger
  • Schriftlicher Austausch mit Astrid David Müller, Sicherheitsvorsteherin Horw
  • Protokoll der Horwer Einwohnerratssitzung vom 24. Oktober 2019
  • Protokoll der Horwer Einwohnerratssitzung vom 1. Juni 2017
  • Grundeigentümerabfrage über den kantonalen Grundbuchplan
  • Telefonat mit Urs Steiger, Interpellant und Horwer Einwohnerrat
  • Artikel «Luzerner Zeitung»
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
    Hanspeter Flueckiger, 29.11.2023, 15:09 Uhr

    Zünftiger Seich.

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  • Profilfoto von Rebart
    Rebart, 28.11.2023, 09:06 Uhr

    Keine Anzeige? Der Wert eines solchen Baumes ist sehr hoch. Diese „Sachbeschädigung“ mit einer „Entschuldigung“ und Erklärung abzuhandeln wäre lächerlich. Da würden plötzlich mehrere Bäume aus „versehen“ verschwinden (für eine schöne Aussicht zb.)

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