Kulturlokale auf dem Land: Unplugged-Chäller Zell

Edle Tropfen und Musik im Duett

Der Musiker André Manella alias «Sonic Delusion» spielt im Unplugged-Keller in Zell.

 

(Bild: Roberto Conciatori )

Was, wenn aus der Kombination von Musik und Weindegustation eine Symbiose der Sinne entsteht? Diese Frage rief vor fünf Jahren eine Konzertreihe unter dem Namen «Unplugged & Uncorked» ins Leben. Die Events finden heute in einem alten Käselager in Zell statt. Begonnen hatte alles bei Phil Eicher in Oberägeri.

Würde auf dem Parkplatz vor dem hundskommunen Geschäftshaus in Zell an diesem kalten Abend kein Plakat an der Hauswand hängen, hätten wir wohl noch lange nach dem ehemaligen Käse- und Weinkeller gesucht. Seitlich des Hauses führt nur eine enge, unscheinbare Treppe in den Untergrund.

Im kleinen stilvoll beleuchteten Kellergewölbe treffen wir auf Kudi Fähndrich. Er ist an diesem Montagabend der Herr des Hauses und zusammen mit seinem Team Gastgeber der bald beginnenden Veranstaltung. Nach einer herzlichen Begrüssung bietet er uns sogleich einen Tropfen edlen Rotwein an. Man fühlt sich hier sofort geborgen.

Weindegustation trifft auf Live-Musik

Im so genannten «Unplugged-Keller» trifft man sich sechs bis acht Mal im Jahr zum gemütlichen Konzert mit gleichzeitiger Weindegustation, erklärt Fähndrich. «Unplugged & Uncorked» oder einfach «U&U», lautet der passende Name der Konzertreihe. Die Katakomben des unscheinbaren Geschäftshauses bieten das perfekte Ambiente dazu.

«Wir waren der Meinung, dass die Schweiz eigentlich nicht noch einen Konzertveranstalter braucht.»

Die Idee für das Projekt hatte Kudi Fähndrich zusammen mit seinem Freund Phil Eicher. Die beiden machen seit gut 14 Jahren zusammen Musik. «Wir trafen uns immer wieder in unregelmässigen Abständen. Eines Abends kam plötzlich neben dem Thema Musik auch der Wein ins Spiel», erinnert sich Fähndrich. «Wir hatten die Idee, selber auf die Beine zustellen.» Es habe sich nur die Frage gestellt, ob sie auf Wein oder Musik setzen sollten, so Fähndrich.

«Wir waren der Meinung, dass die Schweiz eigentlich nicht noch einen Konzertveranstalter oder noch mehr Weindegustationen braucht», sagt der «U&U»-Gründer lachend. Dies habe die Umsetzung etwas schwieriger gemacht. Schlussendlich hätten sie sich kurzerhand entschlossen, das Ganze halt einfach zu kombinieren, blickt Fähndrich zurück.

Anfänge im Kanton Zug

Doch der gemütliche ehemalige Weinkeller, der im 19. Jahrhundert ursprünglich für die Lagerung von Käse gebaut wurde, war nicht der erste Ort, wo die Konzertreihe beheimatet war. Das Team um Kudi Fähndrich hat eine kleine Odyssee hinter sich. Begonnen hatte nämlich alles im Kanton Zug.

«Ein Konzert im ‹Unplugged-Chäller› ist ein Genussabend in wunderbarem Ambiente mit leckeren Häppchen.»

Die ersten Gehversuche machte man im Herbst 2013 in der kleinen Vinothek von «U&U»-Mitgründer Phil Eicher in Oberägeri. Nach der Schliessung des Lokals begab man sich für ein Jahr in den Pulverturm in Zug, von wo man 2015 schliesslich in die Katakomben des heutigen Geschäftshauses mit Arztpraxen und Büroräumlichkeiten in Zell dislozierte.

Serie: Kultur abseits der Stadt

In einer Serie stellt zentralplus Luzerner Kulturräume vor, die von Städtern oft links liegengelassen werden. Zu Unrecht, denn die Kultur auf dem Land ist lebendig, vielfältig und findet an charmanten Orten statt.

Die nächsten zwei Konzerte im Unplugged-Chäller: Montag, 16. April «Unplucked»; Montag, 28. Mai «Willer» (D).

«Wir hatten lange nach einem Lokal im Luzerner Hinterland gesucht und sind sehr glücklich, hier Gastrecht zu geniessen», sagt Fähdrich. Doch kaum hatte es richtig angefangen, verliess Phil Eicher nur ein Jahr später das Team aus familiären Gründen. Seit 2017 besteht das Team um Kudi Fähndrich aus sieben Personen, die allesamt ehrenamtlich arbeiten.

Musiker werden zu Sommeliers

Das Haus inklusive Konzertkeller ist im Besitz einer Privatperson aus Zell. Der Backstage-Bereich befindet sich im Sitzungsraum eines Architekturbüros, zwei Stockwerke über dem Keller uns ist nur per Lift erreichbar. «Das ist für die Musiker jeweils sehr speziell und führt zu einiger Heiterkeit.» Dies sei aber nur eine der Besonderheiten am Unplugged-Keller und den Gigs im Steingewölbe, sagt Fähndrich schmunzelnd.

Mitbegründer und Initiant Kudi Fähndrich bittet die Gäste zu einem Glas Wein.

Mitbegründer und Initiant Kudi Fähndrich bittet die Gäste zu einem Glas Wein.

(Bild: Roberto Conciatori )

«Vor allem die Kombination aus Wein und Musik ist etwas spezielles. Denn Musiker nehmen nicht nur Einfluss auf den musikalischen Rahmen, sondern auch auf die traubenhaften Inhalte im Glas», sagt Kudi Fähndrich.

Die Musiker werden vorgängig nach ihren Weinvorlieben und dem persönlichen Geschmack gefragt. «Diese Präferenzen berücksichtigen wird dann bei der Auswahl der Weine, die wir am Konzertabend präsentieren und ausschenken», so der Gastgeber. Dazu werden kleine Häppchen wie Canapés oder Sandwiches serviert.

«Die Musiker mischen sich nach dem Konzert dann auch meistens unter die Gäste, um gemeinsam den präsentierten Wein zu probieren und anzustossen.» So finde jeweils ein reger Austausch statt und es seien auch schon neue Freundschaften entstanden, sagt Fähndrich mit leuchtenden Augen. 

Ausschliesslich Musik

«Exklusiv und fein, soll es bei uns sein», sagt Kudi Fähndrich. Maximal 40 Personen finden in den Katakomben statt. Die Konzerte seien meistens komplett ausverkauft, sagt er stolz. «Mit den Eintritten allein könnten wir die Events aber niemals finanzieren», so Fähndrich. Als Sponsoren konnte er vier lokale KMUs  gewinnen, die sich als Kulturpartner finanziell engagieren.

Guter Wein und feine Häppchen: Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt.

Guter Wein und feine Häppchen: Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt.

«Die Konzertbesucher stammen grossmehrheitlich aus dem Luzerner Hinterland, der Region Sursee und aus dem Kanton Zug. Zwischendurch verirren sich aber auch Leute aus der Stadt oder sogar aus Zürich nach Zell», lacht Fähndrich. Die meisten der Gäste schätzt er zwischen 30 und 50 Jahre.

Geboten wird ihnen ausschliesslich Musik. Man habe sich zwar einmal überlegt, auch andere Kunstsparten wie Comedy anzubieten. Da es jedoch eine riesige Zahl von super Musikern gebe, habe man sich letzlich dazu entschlossen, zuerst die immer länger gewordene Liste von kleinen Formationen und Singer-Songwritern, die man unbedingt auftreten lassen möchte, abzuarbeiten, erklärt Fähndrich.

Schweizer und internationale Acts

Viel Platz auf der Bühne gibt es im Keller nicht. «Ab vier Personen wird’s richtig eng», sagt er. Auch elektrisches Gitarrengewitter gebe es nicht, höchstens vielleicht einmal einen E-Bass. «Dies ist dann aber das höchste der elektrischen Töne», so Fähndrich. Ab und zu spielen die Musiker sogar komplett akkustisch, also ohne jegliche Verstärkung. «Der Zufall wollte es, dass die Akkustik im Keller extrem gut dafür geeignet ist», schwärmt er.

«Stilmässig geht es bei uns meist in Richtung Folk, Country oder Americana. Aber natürlich lieben wir auch guten Mundart sowie Rock und Pop.» Man sei jeweils versucht, einen guten Mix aus Schweizer und internationalen Künstlern zu finden, sagt Kudi Fähndrich.

Bisher haben Schweizer Künstler wie Shem Thomas, Nils Burri oder Henrik Belden die Katakomben in Zell verzaubert. «International sind es lustigerweise oft Kanadier», sagt Fähndrich schmunzelnd. Speziell freut er sich dieses Jahr auf das Konzert des irischen Singer/Songwriters Kieran Goss, der diesen Dezember zusammen mit seiner Frau seine Europatournee in Zell abschliessen wird.

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