Luzerner Bahnhofplatz ist zu eng

Gescheiterte Busperrons kosten Kanton 600’000 Franken

Der Bahnhofplatz ist zu eng für weitere Busperrons. Nach vielen Jahren der Planung und 600'000 Franken Kosten muss sich das der Kanton eingestehen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Nach jahrelanger Prüfung lässt der Kanton das Busperron-Projekt auf dem Luzerner Bahnhofplatz fallen. Trotzdem zeigt er sich zuversichtlich, dass der Busverkehr am Bahnhof bald die nötigen Kapazitäten erhält – zumindest in einer Richtung.

Für die Passagierzahlen im öffentlichen Verkehr gibt es gemäss Verkehrsprognosen nur eine Richtung: nach oben. Stadt und Kanton Luzern rechnen damit, dass der ÖV bis 2035 um 40 Prozent wachsen wird.

Um dieses Wachstum aufzufangen, plant der Verkehrsverbund Luzern (VVL) zahlreiche neue Linien. Das entscheidende Nadelöhr dieser Verkehrsplanung ist der Bahnhof Luzern.

Hier sind die Kapazitäten bereits heute komplett ausgelastet. Die Lösung für dieses Problem haben Stadt, Kanton und der VVL schon seit Jahren verkündet: neue Durchmesserperrons am Bahnhof Luzern (zentralplus berichtete).

Der Bahnhofplatz ist zu eng

Dort wenden die Busse nicht, sondern fahren nach dem Halt in derselben Fahrtrichtung weiter. Am Bahnhof Luzern gibt es derzeit zwei solcher Perrons, wo zum Beispiel die Buslinien 1, 6, 7 und 8 anhalten. Dank diesen Perrons müssen die Fahrgäste nicht mehr umsteigen und sparen Zeit. Zudem sorgen Durchmesserlinien für besser ausgelastete Fahrzeuge in der Innenstadt und machen den Gesamtverkehr flüssiger.

Keine Bäume mehr, dafür mehr Platz für Busse. So hätte der neue Bahnhofplatz aussehen sollen. Daraus wird nun nichts. (Visualisierung: Mathys Partner)

Doch nach jahrelanger Planung realisiert der Kanton Luzern nun: Auf dem Bahnhofplatz hat es zu wenig Platz für ein neues Busperron (zentralplus berichtete). «Die Platzverhältnisse auf dem Luzerner Bahnhofplatz sind sehr begrenzt», betont Gregor Schwegler, der zuständige Kantonsingenieur. Der Bahnhofplatz ist nicht nur für die Busse, sondern auch für Autos, Velos und Fussgängerinnen ein zentraler Knotenpunkt. Weil hier so viele Ansprüche an die Verkehrsplanung aufeinanderprallen, ist der Bau eines neuen Perrons unmöglich.

Die Beteiligten liessen nichts unversucht. Um Abhilfe für das Platzproblem zu schaffen, erwogen sie gar eine Verbreiterung der Seebrücke. Doch auch das nützte nichts. Schwegler führt aus: «Alle geprüften Varianten werden den Ansprüchen und Normen an die Verkehrssicherheit in keiner Art und Weise gerecht.» Das Experiment liess sich der Kanton einiges kosten: Die bisherige Planung kostete gemäss Angaben des Verkehrsdepartements rund 600'000 Franken.

VVL setzt auf zusätzliche Perrons

Was bedeutet die Nachricht für den Luzerner ÖV? Die Ausbaupläne sind zwingend auf zusätzliche Haltekanten angewiesen. «Wir wollen möglichst viele Buslinien miteinander verknüpfen. Und dazu braucht es die zusätzlichen Durchmesserhaltekanten», sagt Daniel Heer, Verkehrsplaner beim VVL.

«Für uns ist entscheidend, dass es in beide Richtungen je eine zusätzliche Haltekante gibt. Wo und wie genau diese realisiert werden, spielt für uns keine Rolle.»

Daniel Heer, Verkehrsplaner VVL

Künftig soll es eine Buslinie 3 geben, die von Littau über den Bahnhof Luzern bis ins Würzenbach fährt. Zudem werden die Buslinien 8 und 19 miteinander verknüpft und verlängert. So entsteht eine direkte Verbindung zwischen dem Hirtenhof-Quartier und dem Bahnhof Emmenbrücke. Im Raum steht zudem eine Verknüpfung der Buslinien 20 und 24, womit eine direkte Verbindung von Horw nach Meggen entsteht.

So wichtig neue Durchmesserperrons für den VVL sind, so pragmatisch zeigt er sich hinsichtlich der gescheiterten Planung auf dem Bahnhofplatz. Daniel Heer sagt: «Für uns ist entscheidend, dass es in beide Richtungen je eine zusätzliche, rund 50 Meter lange Haltekante gibt. Wo und wie genau diese realisiert werden, spielt für uns keine Rolle.» Die Haltekanten sollten aber mit kurzen Umsteigewegen erreichbar sein und einen sicheren Betrieb ermöglichen.

Neuer Standort in der Pilatusstrasse

Darum begrüsse es der VVL, dass der Kanton mit der Pilatusstrasse bereits einen alternativen Standort für einen neuen Durchmesserperron ins Visier genommen hat. Konkret geht es um den Strassenabschnitt zwischen dem Restaurant Bahnhöfli und der Seidenhofstrasse. Dort sollen zusätzliche Busse halten, die in Richtung Kantonalbank unterwegs sind. Dies ist eine Übergangslösung, weil die gesamte Bussituation rund um den Bahnhof mit dem Bau des Durchgangsbahnhofs komplett umgestaltet wird.

«Auch in der Pilatusstrasse hat es nicht Platz im Überfluss.»

Gregor Schwegler, Kantonsingenieur Luzern

Doch auch der neue Standort in der Pilatusstrasse scheint nicht optimal, weil dort die Strasse sehr eng ist. So räumt Kantonsingenieur Gregor Schwegler ein: «Auch in der Pilatusstrasse hat es nicht Platz im Überfluss.» Doch er ergänzt, dass die separate Busspur in dieser Strasse ein grosser Vorteil sei: «Die bereits bestehende Entflechtung des ÖV und des Autoverkehrs bietet mehr Fläche für ein zusätzliches Busperron.» 

Was passiert auf der anderen Strassenseite?

Offen bleibt die Frage, wo die zusätzlichen Busse in Fahrtrichtung Seebrücke künftig halten sollen. Gregor Schwegler zählt den Platz auf der Pilatusstrasse vor dem ehemaligen Kofler als Möglichkeit auf. Oder die Rückseite jener Haltekante, wo heute bereits die Durchmesserlinien am Bahnhof Luzern halten.

Konkret seien diese Pläne jedoch nicht, wie Schwegler sagt: «Richtung Seebrücke ist für die Übergangslösung keine zusätzliche Haltestelle vorgesehen. Die Belegung der Haltekante ist in diese Richtung etwas weniger hoch, da viele Busse vorhin zum Wenden auf den Bahnhofplatz abzweigen.»

Beim VVL irritiert diese Aussage, weil man auch für diese Haltekante mit wachsenden Passagierzahlen rechnet. Daniel Heer hält darum fest: «Wir werden uns für gute und praktikable Lösungen in beide Richtungen einsetzen.» Im Rahmen der weiteren Planung werde sich zeigen, ob eine zusätzliche Haltekante in dieser Fahrtrichtung ebenfalls notwendig sei.  

Kanton ist im Zeitplan

Der Kanton prüft den Standort in der Pilatusstrasse nun im Detail. Schwegler verspricht, dass es wegen des Standort-Wechsels nicht zu Verzögerungen beim Ausbau der Infrastruktur kommen wird. «Das Ziel, die neuen Perrons bis 2025 in Betrieb zu nehmen, können wir trotzdem einhalten.»

Das ist zweifellos ein sportlicher Zeitplan, den sich der Kanton vornimmt. Zumal heute noch nicht mal konkrete Pläne für das Busperron in der Pilatusstrasse existieren. Mögliche Einsprachen könnten zu weiteren Verzögerungen führen. Aus Schwegler spricht darum mehr die Überzeugung als die planerische Sicherheit: «Wir wollen dieses Wachstum im ÖV. Darum liegt es an uns, dem VVL die nötige Unterstützung im Bereich der Infrastruktur zu bieten.»

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Claude von Büren
    Claude von Büren, 16.03.2024, 12:31 Uhr

    Vor 2 Jahren von Basel nach Luzern umgezogen. Mir gefällt es sehr gut in Luzern. Aber ich sehe, dass der Bahnhofplatz , der Verkehr und ÖV stark überlastet sind. Ich habe da so eine Vision: Warum nicht eine Ring- Entlastungsbahn bauen Luzern-Horw, dann ins Zentrum Kriens, durch den Sonnenberg und Littau zurück nach Luzern . (Oder über Emmenbrücke Bahnhof zurück nach Luzern). Würde die wachsenden Randregionen enorm entlasten , auch Kriens mit dem überfüllten Busbetrieb. Als 1m Spur von Zentralbahn z.B.

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  • Profilfoto von Rentner W,
    Rentner W,, 06.05.2022, 10:31 Uhr

    Warum müssen in Luzern Busse eigentlich beim HB wenden? Seit der Bahnhof neu gebaut wurde herrscht ein Chaos. Jeder Bus soll von A nach B fahren, am Bahnhof vorbei wie früher die Linie 2. Emmenbrücke direkt nach Würzenbach, 1 nach Ebikon, 6 und 7 zum Beispiel um den Luzernerhof, die 12 um den Pilatusplatz zurück nach Littau , usw … wie in Zürich auch. Es heisst immer Verkehrsberuhigung, ja wo denn? Immer mehr Autos und Busse, seit 60 Jahren nur leere Versprechungen! Unser schöner Vorplatz beim HB ist mit dem Richard Wagner Brunner verschandelt.

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  • Profilfoto von F. Müller
    F. Müller, 06.05.2022, 07:58 Uhr

    Wo soll man bei diesem Hühnerhaufen bloss anfangen…
    Luzern läuft definitiv Gefahr, dass all die gewünschten Projekte nie oder viel später realisiert werden. Kanton und Stadt arbeiten da viel mehr gegen- als miteinander, was beim Bund natürlich nur Achselzucken auslöst.
    Der DBL wird das Stadtleben im Zentrum während Jahren massiv beeinträchtigen, er wird Kapital und Investitionen binden und er wird (Stand jetzt) auch teurer. Zudem werden andere Projekte verhindert bzw. auf die lange Bank geschoben werden müssen. Stichwort EWL-Areal z.B.
    Ich sage nicht, dass der DBL ein schlechtes Projekt ist, im Gegenteil! Aber er wird teuer und mit massiven Einschränkungen daherkommen. Daher muss endlich eine gut koordinierte und konsensfähige Lösung her, die man kompromisslos weiterverfolgt. Dies koordiniert von einer Person, die Ahnung vom Bauen und Verkehrspolitik hat und verschiedene Projekte auf dem Radar hat. Das Gärtlidenken ist aber noch zu fest in den Köpfen verankert, siehe auch der Kommentar von Herrn Stübi von der SP. Dieses Gärtlidenken und die technisch teils fragwürdigen Extrawünsche seitens Politik (gegenteilig vom Kanton und der Stadt notabene) werden in Zürich und Bern bei den Planern mit einem Grinsen wahrgenommen. Häufigster Kommentar: «Die sollen zuerst einmal wissen, was sie wollen, bevor da der definitive Kredit gesprochen wird.» Gerade letztes Wochenende wieder einmal erlebt im Gespräch mit einem Freund.
    Ich sehe zudem eine Gefahr in der totalen Konzentration auf den DBL, der aktuell «alternativlos» scheint. Weitere Entlastungsprojekte, wie z.B. eine direkte Verbindung der Agglogemeinden Horw, Kriens, Littau, Emmenbrücke, Emmen und ev. Ebikon ohne Halt im Zentrum sind m.M. aber ebenfalls zumindest in Grundzügen zu prüfen. Projekte wie dieses würden gewisse Entlastung schaffen, für Redundanzen im Sperrfall des Bahnhofs sorgen, sowie die ÖV-Attraktivität massiv steigern. Zudem wären sie eher fertig als der DBL. Ich rede da z.B. von einer Verlängerung der Zentralbahn ab Mattenhof und somit auch von einem sehr teuren Projekt. Geschickt koordiniert und mit Projekten wie einem Hub von «Cargo sous terrain» im Littauerboden in Symbiose geplant, könnten womöglich gewinnbringende Situationen auch für den Gütertransport erarbeitet werden. Ich sage nicht, dass dies eine definitive Lösung ist, aber man sollte sie zumindest prüfen und ernsthaft diskutieren. Pflästerlipolitik mit z.B. einer stündlichen (!!) Verbindung Kriens-Littau via Renggloch ist lachhaft und steigert die Attraktivität nicht wirklich.

    Mir fehlt aktuell einfach eine einheitliche Strategie und v.a. Personen vom Fach, die den Überblick haben und zu einer guten Koordination und Kommunikation fähig sind.

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  • Profilfoto von Mario Stübi
    Mario Stübi, 05.05.2022, 19:03 Uhr

    Es hätte schon Platz. Was der Kanton nämlich verschweigt: Nie wurde die Reduktion von Autospuren in Erwägung gezogen. Darunter leiden jetzt die ÖV-Nutzer:innen die kommenden Jahre.

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  • Profilfoto von Rolf Albisser
    Rolf Albisser, 05.05.2022, 18:41 Uhr

    Wie diese Verkehrsplaner mit unserem Steuergeld umgehen ist einfach eine Frechheit. Und wenn einmal ein paar Parkbänckchen repariert werden müssen wird eine Sammlung durchgeführt. Die Steuerzahler sollten viel mehr auf die Barrikaden gehen.

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