Verein gegen Arbeitslosigkeit verliert viele Mitglieder

Zug: Das einzige private RAV der Schweiz wird verstaatlicht

Das RAV musste kontinuierlich neue Berater anstellen. (Symbolbild: Berkeley Communications/Unsplash)

Der Verein für Arbeitsmarktmassnahmen (VAM) in Zug hat ein Computerproblem. Dies bedeutet das Ende eines einzigartigen Konstrukts. Oder doch nicht ganz?

«Seit Jahren versucht der Verein für Arbeitsmarktmassnahmen (VAM) seine Informatik ans kantonale Amt für Informatik und Organisation auszulagern», beschrieb Gianni Bomio, Präsident des VAM das Problem vor der diesjährigen Generalversammlung. Denn die vom Kanton und Bund verlangte Qualität der elektronischen Datenverarbeitung könne vom Verein selber kaum mehr erbracht werden.

Doch der Kanton mag IT-Dienstleistungen für den VAM nur erbringen, wenn er dafür keine Mehrwertsteuern bezahlen muss. Und dies setzt voraus, dass die Mitglieder des Vereins nur Gemeinwesen seien, oder öffentlich-rechtliche Gesellschaften, an denen nur Gemeinwesen beteiligt sind.

10 von 30 Mitgliedern sind Private

Das Problem ist, dass der VAM – gedacht als Public Private Partnership – neben den Gemeinden, Kirchen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auch Private als Mitglieder hat. Denn als der frühere Zuger Volkswirtschaftsdirektor Robert Bisig (CVP) und sein Direktionssekretär Gianni Bomio den Verein 1994 ins Leben rief, wollte man alle einbinden, denen die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit am Herzen lag. Also auch Einzelpersonen, die sich dafür ins Zeug legen wollten. Heute sind von 30 VAM-Mitgliedern immer noch 10 Privatleute.

Ursprünglich war der Verein nur dazu gedacht, qualifizierende Beschäftigungsmassnahmen auf die Beine zu stellen. Immer noch betreibt er in der Halle 44 an der Altgasse in Baar einen Bücherservice, Ateliers und Recyclingeinrichtungen, eine Velowerkstatt und anderes mehr.

Pragmatische Netzwerker

Aber er hat vom Kanton längst auf der Basis eines Leistungsauftrags auch den Betrieb des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) in Zug übernommen. Also jener Einrichtung, bei der Stellensuchende «stempeln» gehen müssen, wenn die ihren Job verloren haben. Die RAV-Leute machen den Löwenanteil am VAM-Personal aus: 38 von 60 total Vollzeitstellen waren 2019 im RAV angesiedelt. 2020 sind noch einige dazu gekommen, wie wir später lesen werden.

Daneben hat sich der VAM breit vernetzt: Er arbeitet mit Sozialämtern und der Fachstelle Migration Zug zusammen – und mit verschiedenen Unternehmungen und Einrichtungen, um Berufseinsteiger, Kaderleute, Englischsprachige oder Ältere gezielt und effektiv in den ersten Arbeitsmarkt zurückzubringen.

Schlauer Vorbehalt

Dieses in der Schweiz einzigartige Konstrukt soll nun wegen Computerproblemen verstaatlicht werden? Nicht ganz. An der Generalversammlung des VAMs vergangene Woche, die schriftlich – also quasi per Zirkularbeschluss – stattfand, wurden alle Anträge des Vorstands grösstenteils einstimmig gutgeheissen.

Die zentralplus vorliegenden Unterlagen zeigen aber, dass die privaten Mitglieder nur austreten müssen, wenn der Kanton auch wirklich die Informatikbetreuung des VAM übernimmt – nur dann würde eine entsprechende Statutenänderung in Kraft treten.

Ausserdem wird das Wort «staatlich» oder genauer: «Gemeinwesen» äusserst allgemein ausgelegt: Kirchen und Gewerkschaften bleiben neben den Gemeinden und dem Kanton als Mitglieder im Trägerverein VAM – und stellen auch nach wie vor Vorstandsmitglieder.

Zweite Welle brachte Leute in Bredouille

Bleibt die Frage, wie es dem VAM oder dem RAV Zug in Zeiten der Pandemie ergangen ist. Die Statistiken zeigen einen verhaltenen Anstieg der Arbeitslosenzahlen während der ersten Welle. Doch mit der zweiten Welle wurde es richtig schlimm und das RAV musste kontinuierlich neue Berater anstellen und mehr als sechs Vollzeitstellen aufstocken.

Dies, obwohl während der Pandemie persönliche Beratunsgespräche zum Teil gar nicht  mehr stattfinden konnten. Und die RAV-Angestellten vom Baustellen-Lärm gepiesackt wurden. Denn ihr Standort beim Einkaufszentrum Herti in Zug wurde von der Migros monatelang umgebaut.

Mehr Langzeitarbeitslose

Die Arbeitslosenquote hat sich seit Anfang Jahr auch im Kanton Zug zurückgebildet. Das ist ermutigend. Beunruhigend ist indes, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen ständig steigt. Das heisst: Wer während Corona seinen Job verloren hat, sollte versuchen, nach den Öffnungen schleunigst etwas Neues zu finden. Hilfe bieten die Datenbanken der RAV, die jedermann offenstehen.

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