Amadeus Waltenspühl designt Etiketten für Eichhof

Dank Bier kommt Luzerner Illustrator gut durch die Coronakrise

Der Luzerner Illustrator Amadeus Waltenspühl wurde 2016 zum Schweizer Grafiker des Jahres gekürt. (Bild: cbu)

Der international tätige Illustrator Amadeus Waltenspühl aus Luzern hat für die Brauerei Eichhof neue Sujets designt. Die Arbeit geht ihm momentan nicht aus – selbst während die restliche Branche wegen Corona ins Straucheln kommt.

Es gibt zwei Arten von Künstlern. Die Rampensäue, die keine Gelegenheit auslassen, sich und ihr Werk ins Scheinwerferlicht zu stellen. Und die ruhigen Macher, die lieber ihr Werk für sich sprechen lassen. Amadeus Waltenspühl gehört zur zweiten Kategorie.

Seit rund 13 Jahren arbeitet der Luzerner als selbstständiger Grafiker und Illustrator. Mit Erfolg. 2016 wurde er zum Schweizer Grafiker des Jahres gekürt (zentralplus berichtete). Waltenspühl hat Kunstwerke auf nationalen und internationalen Ausstellungen präsentiert.

zentralplus trifft das kreative Chamäleon in seinem Atelier in Luzern. Das Zimmer gleicht einer Junggesellenbude, wie Waltenspühl selbst sagt. Eine Wandregal voller Comics, Lego-Modelle auf dem Tisch, Bücher und jede Menge Stifte auf einem Sideboard. Daneben, an einem technisch hochgezüchteten Arbeitsplatz, kreiert der Luzerner seine Kunstwerke – von den ersten handgezeichneten Skizzen bis zu den fertigen digitalen Illustrationen.

Bier als Herzensangelegenheit

Sein neustes Werk: Für die Craft-Legenden der Eichhof-Brauerei hat er die Etiketten gestaltet. Obwohl Waltenspühl laufend für grosse, internationale Kunden wie ABB, BMW und die Fifa arbeitet, war der Eichhof-Auftrag eine Herzensangelegenheit für den 36-Jährigen. «Es hat mich gefreut, etwas zu gestalten, das ich selbst konsumiere und zu dem ich eine Bindung habe.» Der Lokalbezug sei hier prägnanter gewesen als bei anderen Aufträgen.

Amadeus Waltenspühl hat sechs Etiketten für Eichhof-Biere gestaltet. (Bild: cbu)

«Mein ganzes Umfeld kennt das Produkt und verbindet es mit eigenen Erlebnissen.» Er sei auch dankbar, dass sich die Brauerei um einen lokalen Künstler bemüht habe, weil der Heineken-Konzern – zu dem Eichhof gehört – teilweise mit einer Londoner Agentur arbeitet. So sei es aber zu einer spannenden Co-Produktion gekommen: «Die Sujets stammen von mir, das Layout und die Schrift aus London.»

Von 100 auf 10 gestaltete Plakate

Während eines halben Jahres hat Waltenspühl an dem Auftrag gearbeitet – mitten in der Coronakrise. Die Auftragslage wurde zwar dürftiger, aber trocknete immerhin nicht aus. «Früher habe ich bis zu fünf Anfragen pro Tag bekommen. Während der Corona-Zeit war es dann höchstens noch eine Anfrage pro Woche.»

«In früheren Jahren habe ich bis zu 100 Plakate pro Jahr gemacht. 2020 waren es noch 10 – und 5 davon wurden nie verwendet, weil die Anlässe abgesagt wurden.»

Amadeus Waltenspühl, Illustrator und Grafiker

Selbst wenn die kommerziellen Aufträge – wenn auch spärlicher – nach wie vor eintrudeln, ging ein anderer Zweig vollends verloren: die Gestaltung von Event- und Konzertplakaten. «In früheren Jahren habe ich bis zu 100 Plakate pro Jahr gemacht. 2020 waren es noch 10 – und 5 davon wurden nie verwendet, weil die Anlässe abgesagt wurden.»

Eine Leidenschaft bricht weg

Bisher haben solche Plakate rund die Hälfte seiner Arbeit ausgemacht. «Bei Plakaten kann ich mich gestalterisch austoben. Sie sind meine ehrlichsten Arbeiten.» Viele kommerzielle Aufträge nimmt er gerne an, um unter anderem auch diese weniger lukrative Leidenschaft zu quersubventionieren. «Ich arbeite für die Kunden, damit ich für die Kultur leben kann.» Dass nun die ganze Eventbranche ins Straucheln geraten ist, trifft ihn schwer.

«Ich arbeite für die Kunden, damit ich für die Kultur leben kann.»

«Ich fühle mich sehr mit der Kulturbranche verbunden», sagt Waltenspühl. «Ein grosser Teil meines Umfelds bewegt sich in den Kreisen Gastro, Kunst und Kultur. Dass Musiker aufgrund notwendiger Massnahmen nicht mehr auftreten können oder Restaurants schliessen müssen, bricht mir das Herz.» Waltenspühl war vor seiner Berufung als Illustrator und Grafiker in verschiedenen Bands als Drummer tätig und machte gar als Beatboxer Karriere.

Vielseitigkeit: Fluch und Segen

Aber im Vergleich zu manchen Berufskollegen geht es ihm gut. Woran das liegt? «Ich bediene viele verschiedene Stile», sagt er. «Das ist zu einer meiner Visitenkarten geworden.» Waltenspühl sieht sich als kreativer Allrounder, der gerade wegen dieser Vielfältigkeit an allen Fronten eingesetzt werden kann.

Das hat aber auch Nachteile: «Die immerzu wechselnden Stile und Motive sind weniger fassbar für den Betrachter und damit schwieriger zu vermarkten.» Für ihn steht aber grundsätzlich sein Talent im Vordergrund: «Ich möchte der Qualität wegen angefragt werden, nicht wegen des Stils.»

Die Ruhephasen während der Corona-Zeit hat er für Weiterentwicklungen seiner Fähigkeiten genutzt, hat vermehrt von Hand gezeichnet, Skizzenhefte gefüllt und mit selbstgebauten Lego-Modellen das dreidimensionale Denken angestachelt. «Ich will künftig noch viel mehr ohne jegliche Referenzen aus dem Kopf zeichnen können und damit effizienter arbeiten.»

Neues Projekt bereits klar

Waltenspühl ist froh, sich in verschiedene Richtungen entwickelt zu haben: «Wäre Corona vor fünf Jahren passiert, wo ich fast nur Kulturjobs gemacht habe, wäre ich jetzt weg vom Fenster.» Trotzdem schwingen Existenzängste auch bei ihm mit. «Wenn die kommerziellen Aufträge dauerhaft wegbrechen, wirds eng.»

Aber an diesem Punkt steht er noch nicht. Nach seinem Eichhof-Projekt steht schon das nächste vor der Türe. Für einen Dokumentarfilm des Berner Filmemachers Martin Schilt und in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Illustrator und Animator Patrick Graf liefert Waltenspühl verschiedene Illustrationen für die Titelsequenz.

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