Berufslehren für Geflüchtete

Regierungsrat erklärt, warum nur wenige Ukrainer arbeiten

SP-Kantonsrat Marcel Budmiger will, dass Geflüchtete aus der Ukraine in Luzern eine Lehre machen können. (Bild: Dylan Gillis via Unsplash / zvg)

Zwei unabhängige Postulate fordern eine bessere Integration von ukrainischen Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. Der Luzerner Regierungsrat zeigt nun auf, was dem im Wege steht. Und unterstützt eine Forderung von Kantonsrat Marcel Budmiger (SP).

Zurzeit leben im Kanton Luzern 2'750 ukrainische Geflüchtete mit Schutzstatus S. Die Zahl ist leicht steigend, teilt die Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen auf Anfrage mit.

Knapp ein Fünftel dieser Personen hat eine Arbeitsbewilligung erhalten. Genau gesagt 489 Personen. Alexander Lieb, Leiter des Amts für Migration, räumt ein, dass nicht zwangsläufig alle diese Personen arbeiten. Die Bewilligung kann auch für eine befristete Arbeit gelten, die in der Zwischenzeit aufgelöst wurde.

Jedenfalls wird deutlich: Im Kanton Luzern arbeiten nicht viele Personen mit Schutzstatus S. Und das, obwohl der Bund ukrainische Flüchtlinge extra dem Schutzstatus S unterstellt hat, um sie leichter in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Regierungsrat erklärt jetzt, woran es hapert.

Die Forderungen der Kantonsräte

Die Antworten gelten zwei Postulaten, die für die jetzige Session eingereicht wurden. Der Kantonsrat Andreas Bärtschi (FDP) forderte beschleunigte Bewilligungsverfahren für eine Erwerbstätigkeit ukrainischer Geflüchteter. Der SP-Kantonsrat Marcel Budmiger verlangte Berufslehren für diese Personen (zentralplus berichtete).

Grundsätzlich steht der Regierungsrat hinter den Anliegen der beiden Kantonsräte. Das Postulat von Bärtschi wurde als teilweise erheblich erklärt, das Postulat von Budmiger als erheblich überwiesen. Doch in den schriftlichen Antworten auf die beiden Vorstösse wird deutlich, warum die Integration in den Arbeitsmarkt nicht so recht vorankommt.

Kantonsrat Marcel Budmiger fordert Berufslehren für Ukrainerinnen. (Bild: Archivbild: ida)

Beschleunigte Bewilligungsverfahren nicht möglich

Der Bundesrat hat bereits zu Anfang des Ukrainekriegs beschlossen, ukrainische Geflüchtete im Schutzstatus S aufzunehmen. Damit wird Ukrainern im Vergleich zu anderen Geflüchteten die Aufnahme eines Jobs erleichtert. So fällt beispielsweise die dreimonatige Frist bis zu einer Erwerbstätigkeit weg.

Der Rat beabsichtigt, befristete Stellen zu schaffen, um die Nachfrage an Bewilligungen zu bewältigen.

Antwort des Regierungsrats Luzern

Auch eine Bewilligung des Staatssekretariats für Migration (SEM) ist für Ukrainerinnen nicht erforderlich. Damit ist die Behandlungsdauer der Gesuche für Schutzsuchende mit Status S deutlich kürzer als für Personen im ordentlichen Verfahren. Darüber hinaus dürfe der Kanton Luzern jedoch keine weiteren Regeln verabschieden, um das Bewilligungsverfahren zu verkürzen, erklärt der Regierungsrat jetzt.

Eigentlich könnte ein Arbeitgeber in Luzern bereits nach ein bis drei Tagen mit einem ersten Entscheid des Amts für Migration rechnen. Sofern die eingereichten Unterlagen des Arbeitnehmers vollständig sind. Allerdings sind die Behörden zurzeit stark überlastet. Der Rat beabsichtigt daher, befristete Stellen zu schaffen, um die Nachfrage an Bewilligungen zu bewältigen.

Berufslehre auch mit Schutzstatus S

Der SP-Kantonsrat Marcel Budmiger will noch weiter gehen. Er forderte Berufslehren für ukrainische Geflüchtete, wie es Zürich bereits ermöglicht. Der Regierungsrat schreibt hingegen, dass die Nachfrage nach Berufslehren unter Ukrainern recht tief sei.

Er macht dafür Verschiedenes verantwortlich: Erstens kennen viele Ukrainerinnen das duale Bildungssystem der Schweiz nicht. Zweitens sei das ukrainische Bildungssystem stark akademisiert – die Leute würden also ein Studium einer Berufslehre vorziehen. Und drittens müssten die betreffenden Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 zuerst Deutsch lernen. Sie besuchen daher die Schulangebote Asyl (SAA).

Noch ist nicht klar, was mit den Jugendlichen passiert, wenn der Bundesrat den Schutzstatus S auslaufen lässt.

Antwort des Regierungsrats Luzern

Diese Jugendlichen können ab dem Schuljahr 2023/2024 das Integrationsbrückenangebot nutzen. Ab Sommer 2024 wären die ersten Jugendlichen dann bereit, eine Berufslehre aufzunehmen, erklärt der Regierungsrat. Doch es gibt es ein rechtliches Problem: Denn noch ist nicht klar, was mit den Jugendlichen passiert, wenn der Bundesrat den Schutzstatus S auslaufen lässt.

Das Risiko einer Ausweisung

Obwohl der Bundesrat entschieden hat, den Schutzstatus bis März 2024 zu verlängern, bleibt der Status rückkehrorientiert. Sollte er im März 2024 nicht verlängert werden, ergäbe sich die Situation, dass einige ukrainische Jugendliche mitten in der Lehre steckten, wenn ihr Aufenthalt rechtlich ausliefe. Was dann passieren würde, ist unklar, da es keine Härtefallregelung für solche Fälle gibt.

«Es ist alles andere als klar, ob und wann die Geflüchteten zurück in die Ukraine gehen.»

Marcel Budmiger, SP Kantonsrat Luzern

Der Luzerner Regierungsrat schreibt jetzt, Lehrverträge für Ukrainer mit Schutzstatus S nur zu bewilligen, wenn sichergestellt ist, dass die Jugendlichen ihre Lehre abschliessen können. Andernfalls wäre das nicht nur für die Lernenden nachteilig, sondern auch für die Betriebe, die bereits in die Ausbildung investiert hätten.

Budmiger ist optimistisch

«Was die Regierung fordert, ist der Idealfall», kommentiert Postulant Budmiger die Antwort der Regierung. Er freut sich trotzdem, dass sein Vorstoss für erheblich erklärt und überwiesen wurde. Einzig, dass die Regierung argumentiert, Ukrainer würden unser Bildungssystem nicht kennen, verwundert ihn.

«Ich bin zuversichtlich, dass wir uns auch auf Bundesebene durchsetzen können und Lernende mit Schutzstatus S ihre Lehre in jedem Fall abschliessen können.»

Marcel Budmiger

«Es ist alles andere als klar, ob und wann die Geflüchteten zurück in die Ukraine gehen. Es ist daher die Aufgabe des Kantons, unser Bildungssystem zu erklären», sagt er. Ausserdem sei eine abgeschlossene Lehre in der Schweiz auch bei einer Rückkehr in die Ukraine hilfreich, um sich dort zu orientieren.

Budmiger blickt optimistisch auf die rechtlichen Fragen, die noch offen sind: «Ich bin zuversichtlich, dass wir uns auch auf Bundesebene durchsetzen können und Lernende mit Schutzstatus S ihre Lehre in jedem Fall abschliessen können.» Es sei ein gutes Signal nach Bern, dass nach Zürich jetzt auch Luzern sein Interesse an Berufsausbildungen für ukrainische Geflüchtete ausdrücke.

Der Regierungsrat unterstützt derweil einen Antrag der kantonalen Sozial-, Justiz- und Polizeidirektorinnen an das Staatssekretariat für Migration (SEM). Er fordert die Behörde auf, bis Frühling 2023 zu klären, ob der Abschluss einer Lehre möglich ist, auch wenn der Schutzstatus S ausläuft. Gibt das SEM einen positiven Entscheid, wird der Regierungsrat auch in Luzern Lehrverträge bewilligen.

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