Befürworter kritisieren «Scheinargumente»

«Rechte und Pflichten driften auseinander»: Zuger Regierung lehnt Stimmrechtsalter 16 ab

Nur wer volljährig ist, darf politisch mitbestimmen: Dabei will die Zuger Regierung bleiben. (Bild: Adobe Stock)

Wenn sich Junge für Politik interessieren, freut das die Zuger Regierung zwar. 16-Jährige an die Urne lassen will sie aber nicht – obwohl der Trend auf nationaler Ebene in die andere Richtung geht. Die Argumente lassen die Befürworter folglich nicht gelten.

Die Klimabewegung hat in der Schweiz der Frage nach der politischen Mitsprache der Jugendlichen zu neuem Schub verholfen. Und die Politik reagiert auf den Zeitgeist: Der Nationalrat hat letzten Herbst der Einführung des Stimmrechtsalters 16 zugestimmt, diesen Winter gab auch die zuständige Kommission des Ständerats grünes Licht. 30 Jahre nachdem das Stimmrechtsalter 18 in der Schweiz eingeführt wurde, könnte die Altersgrenze also bald weiter sinken.

Eine Vorreiterrolle nimmt der Kanton Glarus ein, wo 16- und 17-Jährige bereits heute an die Urne können. Diesem Beispiel mag der Regierungsrat des Kantons Zug nicht folgen: Er lehnt eine entsprechende Motion der Kantonsräte Andreas Lustenberger (ALG), Anna Spescha (SP) und Martin Zimmermann (GLP) ab.

«Der Regierungsrat hat durchaus Verständnis dafür, dass Jugendliche die Geschicke des Kantons mitbestimmen wollen», schreibt er in seiner Stellungnahme. Und es gebe auch durchaus Argumente für Stimmrechtsalter 16. «Diesen stehen jedoch weitaus gewichtigere Gründe entgegen.» 

Wo die Regierung einen Widerspruch sieht

So weist die Regierung darauf hin, dass 16- und 17-Jährigen in verschiedener Hinsicht nicht die Reife einer volljährigen Person zugestanden wird. Sie fallen beispielsweise noch unter das Jugendstrafrecht, dürfen nicht Auto fahren oder ohne die Eltern gewisse Verträge nicht unterschreiben.

«Politische und zivilrechtliche Mündigkeit sollen deckungsgleich sein.»

Zuger Regierung

Erst mit 18 Jahren würden sie die Verantwortung für sich übernehmen und im Gegenzug mit dem Stimmrecht eine gesellschaftliche Verantwortung erhalten. «Politische und zivilrechtliche Mündigkeit sollen daher deckungsgleich sein», findet die Zuger Regierung. «Eine unterschiedliche Ausgestaltung beider Altersgrenzen wäre problematisch, weil dadurch Rechte und Pflichten auseinanderdriften würden.»

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Laut der Exekutive wäre es ein Widerspruch, wenn eine 16-Jährige über ein neues Gesetz entscheiden könnte, selber aber aufgrund ihres Alters nicht darunter fallen würde, weil man Minderjährige vor den Konsequenzen ihrer Entscheide schützen will.

Ob die Jugendlichen bereits vor 18 Jahren die nötige «politische Reife» aufweisen, kann laut dem Regierungsrat hingegen nicht pauschal beantwortet werden. Hingegen ist für ihn klar, dass junge Menschen ihr Interesse an der Politik nicht verlieren, weil sie noch nicht abstimmen dürfen. Aus all diesen Gründen lehnt er Stimmrechtsalter 16 ab.

Motionäre sind enttäuscht

«Wir sind enttäuscht, wie wenig differenziert die Zuger Regierung auf das Thema eingeht», sagt Motionär Andreas Lustenberger. Er bezeichnet die aufgeführten Gründe als «Scheinargumente», die nur dazu dienten, eine ernsthafte Diskussion zu umschiffen. Es sei zum Beispiel ein Fakt, dass 16-Jährige bereits eine Lehre beginnen oder als Fussballtrainerin tätig sind – und so gesellschaftlich Verantwortung tragen.

«Irgendwann werden die Rentner mehr Stimmgewicht haben als der arbeitende Teil der Bevölkerung.»

Andreas Lustenberger, ALG-Kantonsrat

Ebenso fehlen Lustenberger wichtige Aspekte der Diskussion, beispielsweise die Folgen der Überalterung der Gesellschaft für die Politik. «Irgendwann werden die Rentner mehr Stimmgewicht haben als der arbeitende Teil der Bevölkerung. Das muss uns zu denken geben», sagt der ALG-Kantonsrat und betont: «Die Demokratie zu stärken ist kein linkes Thema.» 

Österreich und der Kanton Glarus hätten zudem gute Erfahrungen gemacht mit Stimmrechtsalter 16. «Deshalb kann ich die Sorgen der Regierung nicht teilen.»

Kommt das Stimmrecht ab Geburt?

Mit ihrer Zurückhaltung ist die Zuger Regierung allerdings nicht alleine. Auch der Luzerner Regierungsrat sprach sich vor gut einem Jahr dagegen aus – mit ähnlichen Argumenten. Der Kantonsrat überwies gegen seinen Willen eine Einzelinitiative von Samuel Zbinden (Grüne/Junge Grüne). Jetzt prüft eine Kommission die Idee, dass bereits 16-Jährige an die Urne dürfen.

Ob auch der Kanton Zug diesen Schritt geht, wird sich nächste Woche zeigen, wenn der Kantonsrat über den Vorstoss entscheidet. Es ist davon auszugehen, dass die Forderung einen schweren Stand haben dürfte, da sich bürgerliche Politiker in der Vergangenheit tendenziell eher kritisch zur Senkung des Stimmrechtsalters äusserten (zentralplus berichtete). Zudem hat der Kantonsrat in den letzten Jahren bereits mehrere Vorstösse zum Thema abgelehnt.

Das Thema wird die Zuger Politik ohnehin weiter beschäftigen. Denn im Kantonsrat ist ein noch radikalerer Vorschlag zum Stimmrechtsalter hängig: CVP-Kantonsrat Michael Felber fordert, dass Kinder mehr politisches Gewicht und damit ein grundsätzliches Stimmrecht erhalten (zentralplus berichtete). Die Regierung hat sich noch nicht dazu geäussert – es wäre aber doch einigermassen überraschend, würde sie dieser weitergehenden Idee zustimmen.

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