Volk soll sich zu Verschärfungen äussern

Luzerner Parkplatzstreit: Bürgerliche ergreifen das Referendum

Die Anzahl privater Parkplätze in der Stadt Luzern spaltet die Parteien. (Bild: unsplash)

Der Kampf um das künftige Parkierungsreglement der Stadt Luzern geht offiziell in die nächste Runde: Da die Ratslinke nicht mehr auf bereits getroffene Entscheide zurückkommen wollte, machen die Bürgerlichen ihre Drohung wahr. Sie ergreifen das Referendum – dieses soll aber «konstruktiv» sein.

Für die bürgerlichen Parteien des Luzerner Stadtparlaments ist eine rote Linie überschritten worden. So bezeichnete zumindest Andreas Moser (FDP) den Entscheid, dass bei Neubauten künftig deutlich weniger Parkplätze erstellt werden dürfen (zentralplus berichtete).

Es ist eine Verschärfung des Parkierungsreglements, das vor drei Wochen im Grossen Stadtrat beraten wurde, und sie geht auf einen Antrag der SP zurück. Bereits damals stellten die Bürgerlichen in Aussicht, dass sie – sofern die Ratslinke nicht auf den Entscheid zurückkommt – das Referendum gegen das Parkierungsreglement ergreifen würden (zentralplus berichtete).

Fortsetzung der Grabenkämpfe

Die Gelegenheit für eine mögliche Einigung bot sich an diesem Donnerstagmorgen. Da die Beratung des Reglementsentwurfs den Zeitrahmen der letzten Sitzung des Grossen Stadtrates sprengte, fand dieses Seilziehen entlang der politischen Gräben nun seine Fortsetzung.

«Der Vorschlag des Stadtrates war ein gut austarierter Kompromiss. Leider ist dieser einseitig verschärft worden.»

Marco Baumann, Fraktionschef FDP

Zu beraten waren eigentlich nur noch kleinere Änderungsanträge. Doch nach gegenseitigen Absprachen in den vergangenen Tagen und Wochen kamen die bürgerlichen Parteien mit einer klaren Mission in den Ratssaal. Sollten SP und Grüne nicht auf die genannte Verschärfungen des Reglements zurückkommen, würde man zum Schulterschluss ansetzen und einen Antrag für ein konstruktives Referendum stellen. Genau das geschah.

Neue Parkplätze und Dauerparkkarten im Fokus

Marco Baumann kündigte gleich zwei Anträge für konstruktive Referenden an, sowohl mit Blick auf die Parkplätze bei Neubauten als auch in Bezug auf die Dauerparkkarten, für die eine Gebührenerhöhung vorgesehen ist. Der FDP-Fraktionschef begründete dies so: «Der Vorschlag des Stadtrates war ein gut austarierter Kompromiss. Leider ist dieser einseitig verschärft worden, weshalb man nicht mehr von einem Kompromiss reden kann.»

Die ursprünglichen Vorschläge zu diesen zwei Punkten sollen dem Volk als Gegenvorschläge zum verschärften Reglement vorgelegt werden. «Es ist richtig, wenn das Volk nun befindet, ob sie die Kompromisslösung oder eine derartige Verschärfung des Reglements will.»

Die CVP unterstützt den Antrag der FDP. Gleiches tut die GLP. «Wir haben kein Interesse, den motorisierten Individualverkehr gegen andere Verkehrsteilnehmer auszuspielen», sagt Fraktionssprecher Jules Gut und prophezeite ein drohendes Verkehrschaos. Auch die SVP, die schon die ursprüngliche Version des Reglements ablehnte, lenkte ein und unterstützte die entsprechenden Anträge der FDP.

«Wir haben jetzt eine gute Lösung mit klaren Aufträgen statt einem Kompromiss mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner.»

Martin Abele, Grüne/Junge Grüne

«Wir sind einigermassen zufrieden mit der jetzigen Version des Reglements», sagte auf der anderen Seite Martin Abele (Grüne). Dieser gehe in die richtige Richtung. «Wir haben jetzt eine gute Lösung mit klaren Aufträgen statt ein Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner», hielt er dagegen.

Nico van der Heiden (SP) begrüsst den Urnengang. Er ist überzeugt, dass das Volk den mehrfach bestätigten Weg in Sachen ökologischer Mobilität ein weiteres Mal bestätigen werde. «Ich freue mich auf diesen Abstimmungskampf und hoffe, dass dieser fair bleibt.»

Umwelt- und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne) konnte sich nicht gross inhaltlich zu den Anträgen äussern, begrüsste aber die «intensive und konstruktive» Diskussion. Diese verfiel danach zunehmend in das altgediente Gekeife zwischen Rechts und Links: Der Ratslinken wurde wiederholt vorgeworfen, Verschärfungen «durchzudrücken» – die Linke wies darauf hin, dass es Mehrheitsentscheide seien und die Bürgerlichen im Übrigen über Jahrzehnte ihre Politik durchgedrückt hätten.

Was ist ein konstruktives Referendum?

Grundsätzlich handelt es sich beim konstruktiven Referendum um einen Gegenvorschlag. Während mit dem fakultativen Referendum eine Vorlage des Stadtrates als Ganzes abgelehnt wird, sollen mit dem konstruktiven Referendum Teile der Vorlage erhalten und andere verändert werden.

Stimmen zehn Mitglieder des Grossen Stadtrates einem parlamentarischen
Antrag zum konstruktiven Referendum zu, wird dieser als Gegenvorschlag zusammen mit der Hauptvorlage im Kantonsblatt veröffentlicht. Das konstruktive Referendum kommt dann zustande, wenn nun innerhalb von 60 Tagen 800 gültige Unterschriften eingereicht werden.

Kommen die notwendigen Unterschriften innert gegebener Frist zusammen, muss sich also das Stimmvolk mit dem komplexen, rund 130 Seiten dicken Parkierungsreglement befassen. Die Abstimmung dürfte für beide politischen Lager zur Zäsur werden.

Spital erwirkt Ausnahmereglung

Eine Ausnahme in Sachen Parkplätzen steht bereits fest: Das Kantonsspital hatte sich seit der letzten Sitzung an den Stadtrat gewandt. Die Verantwortlichen des Spitals plädierten dafür, dass es eine Ausnahme bilden und künftig mehr Parkplätze erstellen darf, als es in dieser Zone gemäss dem neuen Reglement zulässig wäre.  Das Spital steht vor einer grossen Umbauphase und dürfte laut neuem Reglement künftig weniger als 1000 Parkplätze erstellen (heute bestehen 1665). Das sei zu restriktiv, befand auch der Stadtrat und bat das Stadtparlament, auf den Artikel zurückzukommen.

Die Stadt geht davon aus, dass künftig zwischen 1130 und 2202 Parkplätze beim Spital benötigt werden. Der Rat folgte dem Antrag der Exekutive und erlaubt neu Ausnahmen, wenn «ein überwiegendes überregionales öffentliches Interesse besteht», wie dies beim Kantonsspital der Fall ist.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Urs
    Urs, 12.11.2020, 21:07 Uhr

    Bitte im Referendum auch berücksichtigen, dass man nicht gezwungen wird einen überteuerten Parkplatz im Innnenhof zu mieten – Nachweis erbringen dass Vermieter keinen Parkplatz für Hausbewohner hat. Steuerezahler in der Stadt soll das Recht haben auch Dauerparkkarte zu erhalten Die auswärtigen Besucher sollen in die Parkhäuser. Parkgebühr von Fr. 600 ist heute schon Top in der Schweiz.

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  • Profilfoto von F. Limacher
    F. Limacher, 12.11.2020, 16:20 Uhr

    Wo kann ich unterschreiben?

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    • Profilfoto von ismi
      ismi, 12.11.2020, 16:42 Uhr

      Das Referendum muss zunächst noch ausformuliert und behördlich abgesegnet werden. Das Komitee wird dann eine Webseite aufschalten. Bei Fragen können Sie sich an IG Wirtschaft und Mobilität Luzern wenden.

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