Mehr Transparenz ab 1. Januar

Beschlüsse des Zuger Regierungsrats werden bald öffentlich

Landschreiber Tobias Moser (links aussen) will ab Januar 2023 mit einer transparenten Kommunikation der Zuger Regierungsratsbeschlüsse zusätzliches Vertrauen schaffen. (Bild: zvg)

Der Zuger Regierungsrat publiziert ab 2023 sämtliche Regierungsratsbeschlüsse mitsamt Erwägungen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen. Landschreiber Tobias Moser erklärt die Hintergründe.

Die Zuger Willkommenskultur schmeckt nicht nur nach Kirsch. Der Regierung haftet der Ruch an, ab und an den Graubereich zur Wahrung wirtschaftlicher Eigeninteressen auszureizen. Jüngstes Beispiel: Die Sanktionen gegen das russische Ehepaar Melnitschenko, deren milliardenschwere Düngemittelfirma Eurochem mithilfe eines Schutzschirmes («ring fencing») dem Bann entkommen ist.

Jüngste Vorkommnisse stärken das Vertrauen nicht

Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) hat nachweislich den Kontakt zur Zuger Kantonalbank vermittelt, als die Firma in Zahlungsschwierigkeiten geraten war (zentralplus berichtete).

Nationalrätin und alt-Regierungsrätin Manuela Weichelt war im Zuge der Sanktionspolitik gegen Russenfirmen zudem Folgendes heftig aufgestossen. Die Regierung hatte im Hintergrund direkt und in persona beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) lobbyiert. Notabene, ohne die Zuger Bundesparlamentarier einzuweihen, wie es sonst üblich wäre (zentralplus berichtete).

Manuela Weichelt bezeichnete dieses Vorgehen der Zuger Regierung gegenüber zentralplus explizit als «Mauschelei».

Ausweitung des Öffentlichkeitsprinzips nach acht Jahren Praxis

Aufgrund des hohen Steuersubstrats überreichlich gefüllten Staatssäckels geben die Staatsausgaben des Kantons öfters zu reden. Sei es in Bezug auf millionenschwere Bauvorhaben, Beschaffungen oder die Ausrichtung von Fördermitteln, sei es auch nur für die wesentlich geringer alimentierte Kultur.

Eingeführt hat der Kanton Zug das Öffentlichkeitsgesetz schon längst. Nämlich am 10. Mai 2014. Dies während der Kanton Luzern dieses Gesetz 2022 beschlossen, aber noch lange nicht umgesetzt hat (zentralplus berichtete).

Landschreiber Tobias Moser, Zuständiger für die Durchsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes erklärt auf telefonische Anfrage: «Wir wollen unser Regierungsratsbeschlüsse transparenter als bis anhin kommunizieren.» Die Neuerung ist in einem fünfseitigen Protokollauszug der Regierungsratssitzung vom 29. November festgehalten. Am 2. Dezember wurde es allen Zuger Kantonsrätinnen sowie den relevanten Verwaltungseinheiten zugeschickt. Ab Neujahr wird bei jedem Regierungsratsgeschäft schon bei der Traktandierung zwischen «öffentlich» und «nicht öffentlich» unterschieden.

«Wir hatten auch schon weniger Anfragen. Ich hoffe, dass sich mit dieser zusätzlichen Offenlegung künftig das eine oder andere Gesuch erledigt.»

Tobias Moser, Landschreiber des Kantons Zug

Zur Häufigkeit von aktuellen Begehren nach zusätzlicher Akteneinsicht in Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes äussert sich der Jurist und oberste Zuger Beamte vorsichtig. Seine diplomatische Wortwahl lässt trotzdem tief blicken: «Wir hatten auch schon weniger Anfragen als es gerade der Fall ist.» Und er ergänzt: «Ich hoffe, dass sich mit dieser zusätzlichen Offenlegung künftig die eine oder andere Gesuchseingabe erledigt.»

Vertrauensleistung gegen Beweisfähigkeit

Er gibt zu bedenken, dass Anfragen für Offenlegung aller Informationen in Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes im Einzelfall sehr aufwändig sein können. «Ich fühle mich dem Öffentlichkeitsprinzip verpflichtet», sagt er. «Doch wenn eine Person nach etwas sucht, das es gar nicht gibt, bringt mich das an meine Grenzen.»

Manchmal würde er Gesuchsteller am liebsten zu sich ins Büro hineinbitten, um ihnen persönlich am Bildschirm zu zeigen, dass da wirklich keine weiteren Angaben vorliegen. Der Wunsch ist nachvollziehbar: Hier geht es um Redlichkeit und Vertrauen. Die Nichtexistenz eines Sachverhalts ist im Gegensatz zu dessen Existenz nicht beweisfähig.

Zug ist kein Vorreiter in Sachen Transparenz

Die Verantwortung für die Durchsetzung des Öffentlichkeitsprinzips ist nur eine von vielen Aufgaben des obersten Zuger Beamten. Dass er diese offenere Kommunikation der Zuger Regierungsbeschlüsse aus Effizienzgründen befördert hat, verschweigt er nicht. Sein Anliegen erhalte von der Zuger Regierung die volle Unterstützung.

«In der Praxis muss sich erst noch zeigen, ob wir damit dem Öffentlichkeitsgesetz effizienter gerechter werden können als bisher.»

Tobias Moser

Wohingegen diese Offenlegungspraxis keine Erfindung des Kantons Zug ist. Der Kanton Zürich publiziert beispielsweise die Protokollauszüge zu jedem Geschäft des Regierungsrates und stellt zudem eine nutzerfreundliche Suchfunktion zur Verfügung.

Auch der Kanton Bern zeigt sich sehr offen. Auf dessen Website sind die im Regierungsrat behandelten Anträge mit Erwägungen wie auch die Formulierungen der Beschlüsse als Einzeldokumente abrufbar.

Mehr Transparenz steht dem Zuger Regierungsrat gut an

Infolgedessen ist der Kanton Zug kein Vorreiter. Doch Tobias Moser hält fest: «Mehr Transparenz ist wünschenswert und steht der Zuger Regierung sicher gut an.» Doch gibt er auch zu bedenken: «In der Praxis muss sich erst noch zeigen, ob unsere Arbeit mit dieser Neuerung erleichtert wird und wir damit dem Öffentlichkeitsgesetz effizienter gerecht werden können als bisher.»

Konkret bedeutet dies, dass die Zuger Regierung ab Januar eine Datenbank aufschaltet, über die sie die Regierungsbeschlüsse ex aequo aufschaltet wie die Parlamentsbeschlüsse. Das heisst nicht mit dem Wortlaut des Beschlusses, sondern vollständig inklusive Antrag und Erwägungen. Es handelt sich um eine zusätzliche, eigenständige Plattform und ergänzt diejenige mit den Parlamentsbeschlüssen.

Initialkosten von 45'000 Franken

Der Kanton Zug hat für die Konzeption und Umsetzung der Plattform noch innerhalb des Budgets 2022 einen Initialaufwand von 45'000 Franken budgetiert, für die Jahre 2023 bis 2025 sind Folgekosten von jährlich 4000 Franken eingerechnet. Wirksam wird die Umstellung mit der Bekanntgabe der ersten Regierungsratsbeschlüsse im neuen Jahr.

Wer jetzt glaubt, die Öffentlichkeit erfahre restlos alles aus den Zuger Regierungsratssitzungen, stellt sich das zu einfach vor. Denn es gilt auf limitierende gesetzliche Grundlagen Rücksicht zu nehmen. So sind zum Beispiel Zivil- und Strafverfahren (Strafanzeigen) oder Personalgeschäfte (Auflösung von Arbeitsverhältnissen) ausgenommen.

Bei laufenden Verfahren sind die Zwischenschritte ausgenommen, inhaltliche Details werden erst bei Abschluss publik gemacht. Dasselbe gilt für Vergabeentscheide im Rahmen von Beschaffungen, die erst mit Publikation auf der Beschaffungsplattform Simap aktiv kommuniziert werden. Einen Graubereich bilden persönliche und vertrauliche Geschäfte des Regierungsrates.

Wie sich diese Neuerung in der Praxis des Öffentlichkeitsprinzips auswirkt, ist noch sehr ungewiss. Weiteres muss sich nun in den kommenden Monaten ergeben.

Verwendete Quellen
  • Auszug aus dem Regierungsratsprotokoll des Kantons Zug vom 29. November 2022
  • Telefonat mit Tobias Moser, Landschreiber des Kantons Zug

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
    Loris Fabrizio Mainardi, 22.12.2022, 11:16 Uhr

    Darin sollte die – fast obskurantistisch anmutende – Luzerner Verwaltung als eidgenössische Nachreiterin des Öffentlichkeitsprinzips ein wahrhaft erhellendes Vorbild sehen. Oder ist sie in der Dunkelheit ihrer Amtsstuben gar schon erblindet…?

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