Kolumne

Waschküche: Hier wird jeder zum Bünzli

Was wohl Isa jetzt wieder umtreibt? (Bild: Mike Bislin)

Fast nichts sorgt für mehr Zoff unter Nachbarinnen als das Wäschewaschen. Die neueste «Isa, garantiert kompliziert»-Kolumne.

Ich wohne in einem Block, in dem man die Nachbarn einfach Nachbarn sein lässt. Schliesslich ist man sich in meinem Block zu schade für den menschlichen Austausch – ausser man ist hässig.

Ennet der Langensandbrücke ticken die Menschen anders. Zumindest, dort ich wohne. In unserem Treppenhaus nickt man sich höchstens schweigend zu (zentralplus berichtete). Die meisten meiner Nachbarinnen habe ich einmal gesehen – am Tag meines Einzugs. Sie standen «Gohds au chli liisliger?» fragend an der Türschwelle, guckten verräterisch von ihren Balkonen oder wiesen auf dem Trottoir den Fahrer des Zügelautos zurecht.

Dass sie vor sich hin vegetieren, beruht auf Annahmen meinerseits. Schliesslich sichte ich sie praktisch nie, doch sie hinterlassen ihre Spuren in der Waschküche. Oder ihre Socken.

Was das Wäschewaschen über die Nachbarn verrät

Nirgendwo lernt man seine Nachbarn besser kennen als in der Waschküche. Ein Blick aufs Regal mit dem gestapelten Waschmittel und in den Waschplan verrät, wie die anderen so ticken.

Grundsätzlich gibt es zwei Typen von Wäschewaschern:

  • Jene, die alles im Griff haben: Ihre Waschmittel-Sammlung beschränkt sich mindestens auf drei Stück (Vollwaschmittel, Colorwaschmittel, Waschmittel fürs «dunkelste Schwarz», «hellste Weiss», Geschmacksperlen und Weichspüler). Sie tragen sich prinzipiell im Januar für den Rest des Jahres jeden Montagabend zum Wäschewaschen ein. Waschen die Maschine pflichtbewusst und reiben sie auch trocken.
  • Jene, die gerne alles im Griff hätten: Sie besitzen in der Regel ein Universalwaschmittel. Sie tragen sich zum Wäschewaschen ein, nur um dann unterwegs oder verkatert zu sein und nicht zum Wäschewaschen zu kommen. Oder sie haben’s schlichtweg vergessen. Wie die Wäsche, die sie tagelang in der Waschküche hängen lassen. Achtung: Könnte Spuren von Katzenhaaren in der Trommel enthalten. Wüssten nicht, wie man eine Waschmaschine reinigt, da diese sich ja von selbst wäscht.

In der Waschküche mutiert jeder zum Bünzli

Das perfide an Waschküchen: Sie machen aus jedem einen Bünzli. Ganze menschliche Abgründe offenbaren sich da. Denn was könnte den Haussegen nachhaltiger zerstören als Anhänger des FCL und des FC St. Gallen unter einem Dach? Oder Fleischesserinnen, die sich über den Geruch des grillierten Grünkohls des Veganers auf dem Balkon nebenan aufregen? Richtig, der Zoff in der Waschküche.

Es ist der Wäscheplan, die darin eingekritzelten Botschaften, die ausradierten Eintragungen. Die Unterhose des Nachbarn, die in der Trommel vergessen ging. Oder eben die Wäsche, die nicht wieder abgehängt wird – und von der einen Nachbarin sorgfältig gefaltet und gestapelt, von der anderen in eine Ecke geschmissen wird.

Die Verwaltungen tragen ihren Teil dazu bei – nicht nur mit der Agenda, sondern auch mit dem Münzautomaten aus den 80er-Jahren, mit der Zeitschaltuhr bei der Tür zur Waschküche, damit niemand die Ruhezeiten bricht. Selbst die unbünzligsten Menschen mutieren da zum Bünzli. Auch ich – wobei ich ehrlicherweise zur zweiten Gruppe der Wäschewascherinnen gehöre (zentralplus berichtete).

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