Arbeiten mit Kindern «unrealistisch»

Zuger IV-Stelle streicht junger Mutter die Rente

Mit Kleinkindern Vollzeit zu arbeiten, sei unwahrscheinlich, so die IV-Stelle Zug. (Bild: Symbolbild: pexels)

Eine Zuger IV-Bezügerin will im Arbeitsmarkt wieder Fuss fassen. Doch als sie Mutter wird, streicht ihr die IV-Stelle die Gelder. Dass eine Frau mit zwei Kleinkindern Vollzeit arbeite, sei unrealistisch, so die Begründung.

Eine Zugerin hat vor dem Zuger Verwaltungsgericht gegen Rollenbilder der IV-Stelle gekämpft – und gewonnen, wie der «Beobachter» schreibt. Denn diese sprach der Frau ab, trotz Kleinkindern Vollzeit arbeiten zu können. Dies «entbehre jeglicher Wahrscheinlichkeit» – weshalb sie ihr die IV-Rente strichen.

Eine IV-Rente bezog die heute 38-Jährige nach einer schweren Erkrankung 2016. Sie kämpfte jedoch darum, dass die IV sie beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt unterstützte. Was sie auch zugesichert bekam – bis sie 2019 schwanger wurde.

Nach der Geburt des ersten Kindes stellte die IV-Stelle Zug die Eingliederungshilfe ein. Als später die zweite Tochter zur Welt kam, strich die IV-Stelle auch die Rentenzahlungen. Selbst wenn die Frau gesund wäre, würde sie nicht arbeiten, sondern sich als Hausfrau um die Kinder kümmern, so die Begründung. Und als solche verdiente sie keinen Lohn und hätte keinen Anspruch auf die IV-Rente.

Verwaltungsgericht gibt der Frau recht

Die Frau jedoch wehrte sich vor dem Zuger Verwaltungsgericht. Sie hätte eine Ausbildung zur Betriebswirtin geplant und wollte mit Arbeitsantritt die Kinder häufiger in der Kita betreuen lassen, wie das Magazin schreibt. Dies habe die IV-Stelle Zug nicht berücksichtigt. Das Verwaltungsgericht gab der Frau recht. Die IV habe unzulässigerweise vermutet, junge Mütter könnten nicht Vollzeit arbeiten. Die 38-Jährige bekommt nun wieder eine halbe Rente.

Auf den Fall angesprochen, verteidigt sich die IV-Stelle, sie habe die Abklärungen mit einem schweizweit standardisierten Fragebogen getroffen. Mutterschaft sei dabei ein häufiger Grund für die Revision, wie die Stelle gegenüber dem Magazin sagt. Die Praxis ändern wird die IV-Stelle indes nicht.

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9 Kommentare
  • Profilfoto von Citrulla Scroccona
    Citrulla Scroccona, 26.03.2024, 15:50 Uhr

    Sehr geehrter Herr Christen, wen meinen Sie mit "uns allen"? Diese Ressourcen hätte man bestimmt sinnvoller einsetzen können. Wenn man hier belegen könnte, dass jemand fähig ist, mehr gerichtliche Verfahren zu eröffnen als Bewerbungen zu schreiben, könnte man vermutlich auch noch den letzten Zweifler überzeugen.

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    Herrjesses, 26.03.2024, 15:25 Uhr

    Wenn ich 2 Kleinkinder habe, gehe ich nicht Vollzeit arbeiten…sorry…da bin ich wohl super altmodisch.

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    Bubu, 26.03.2024, 07:00 Uhr

    ich habe IV 100 pro 1,100 Fränkli im Monat es gibt Tage da Geht es mir gut,, die nutze ich 65j zum Waschen Bettwäsche wechseln, Aufgeben nein ich gehe Einkaufen, spaziere oft. Tage da Büße ich,, muss zum Arzt Cortison Spritzen. Wie Blöde muss man sein durch Umfrage und Fragebogen ein Mensch zu Beurteilen,. Unerfahrenes Personal ,ist häufig die Ursache.

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      Aha, 26.03.2024, 07:33 Uhr

      Mit 65 Jahren hat man keine IV sondern AHV, alle Renten werden ab 65 in die Ordentliche Rente überführt.

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    Think Deeper, 25.03.2024, 21:39 Uhr

    Die IV ist die aller traurigste Versicherung die wir haben und drückt sich vor der Leistungs-Erbringung wo es nur geht.
    Sie muss, im Gegensatz zu EU Recht, keinen Nachteilsausgleich, sondern nur eine von Lohnarbeit abhängige Rente bei Arbeitsunfähigkeit bzw. Wiedereingliederung erbringen. Solange jemand "in einer leichteren Tätigkeit Arbeiten könnte" werden Leistungen und Eingliederung verweigert, selbst wenn niemand den offensichtlich "Behinderten" einstellt.

    Allfällige Einkünfte aus Beschäftigungs-Programme über 3 Franken / Std. werden angerechnet und führen zu Kürzungen.
    Für den Selbstwert der Person pures Gift.

    Schwerhöriger, Sehbehinderter mit Kognitiven Störungen und eingeschränkter Leistungsfähigkeit kann gemäss IV Gutachten Arbeiten und hat keinen Anspruch auf Wiedereingliederung.

    Person mit Panik Attacken, mehrere Akute Aufenthalten in Psychiatrien und anerkannter Diagnose, mit Bericht der Eingliederungsstelle, dass die Betroffen Person nicht im Arbeitsmarkt integriert werden könne, erhält ablehnenden Bescheid mit der Begründung sie sei verheiratet und könne beim Selbstständigen Ehemann arbeiten.

    Die Versicherung die wir wirklich wollen?

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    Hegard, 25.03.2024, 20:53 Uhr

    Die Fahnder sollten besser IV Bezüger nachgehen, die wegen eines Lungenleidens IV beziehen, aber sportlich Jogging treiben und gewisse Ärzte büssen, die das ermöglichen.

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    M.Meier, 25.03.2024, 20:32 Uhr

    Typisch Versicherung. Auch wenn ein Vorgehen illegal ist, geändert wird nichts, wenn es Geld einsparen kann!

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    Vaga Inetta, 25.03.2024, 18:44 Uhr

    Wer den Fall kennt, weiss, dass die gute Frau seit Jahren wieder vollständig Erwerbstätig ist und seit geraumer Zeit die Behörden, sowie die IV-Stelle und ihr Umfeld an der Nase herum führt

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    • Profilfoto von Melk Christen
      Melk Christen, 26.03.2024, 10:11 Uhr

      Selbst falls es so wäre, dass die Frau die Leute "an der Nase herumführt", wie Sie hier ohne jegliche Belege behaupten – und ohne solche halte ich Ihren Kommentar bloss für Diffamierung – hätte sie uns allen in diesem Fall einen Dienst getan. Sie hatte die Ressourcen, gerichtlich gegen die IV vorzugehen und so erreicht, dass das diskriminierende Vorgehen der IV publik wird. Sofern einem Vater von zwei Kindern nicht ebenso gesagt würde, er könne ja jetzt sowieso nicht mehr arbeiten, ist die Diskriminierung doch offensichtlich.

      Der Skandal hier ist nicht die Frau und tatsächlich nicht mal das Urteil, sondern die Tatsache, wie schnoddrig und selbstgerecht die IV darauf reagiert. Sie sagt uns ganz offen, dass sie ihr Vorgehen nicht mal anpassen will. Über den spezifischen Einzelfall hinausgehend ignoriert sie den gerichtlichen Entscheid einfach, fühlt sich dem Recht nicht verpflichtet, bzw. nur gerichtlich durchgesetztem Recht. Denn sie weiss, dass IV-Bezüger in den allermeisten Fällen weder die persönlichen noch die finanziellen Ressourcen haben, um sich gerichtlich zu wehren. Und da sich die grosse Masse also auch in Zukunft nicht wehren können wird, bleiben sie bei diesem für sie finanziell vorteilhafteren Vorgehen. Denn nur da liegt ihr Fokus. Bei den Finanzen. Auf Recht setzen sie nur, wenn es ihnen dient, also gegen ihre Klienten eingesetzt werden kann. Für sie selbst gelten andere Regeln. Diese Haltung trieft vor Machtsattheit, Arroganz und Zynismus.

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