Restaurants, Ferien – und Darlehen an die Frau

Betrug: Luzerner verschleudert halbe Million Corona-Kredit

Das Luzerner Kriminalgericht hat einen Mann zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. (Bild: sah)

Ein Antrag, zwei Banken: Im März 2020 kassiert ein Luzerner Unternehmer eine Million Franken Corona-Kredit. Zu Unrecht: Er hatte einen massiv höheren Umsatz angegeben, als seine Firma erwirtschaftet hatte. Das ist Betrug, sagt jetzt das Luzerner Kriminalgericht.

Der Mann um die 70 verliert keine Zeit und geht aufs Ganze: Es ist der 26. März 2020, die Schweiz steckt im Lockdown. Von diesem Tag an können Unternehmer Kredite beantragen, für die der Bund sich verbürgt. Auch der Senior aus Luzern füllt einen Kreditantrag aus und gibt im Formular an die Bank an: Mit seiner Beratungsfirma habe er im vergangenen Jahr 28 Millionen Franken Umsatzerlös erwirtschaftet.

Einen Tag später bekommt eine zweite Bank das gleiche Schreiben. Wieder unterzeichnet der Unternehmer, wieder weist er 28 Millionen Franken Umsatzerlös für 2019 aus.

138'000 Kredite, 17 Milliarden Franken

Die Banken wissen nicht, dass bei der Konkurrenz der gleiche Antrag läuft. Die Zeiten sind hart, das Corona-Virus kommt auf, der Bund hat geschlossen, was nicht zum Überleben notwendig ist. Um die Wirtschaft vor einer Katastrophe zu bewahren, bürgt er für Notkredite, will gesunde Firmen vor dem Absturz bewahren und bietet schnell und unkompliziert Hilfe an. Am Ende werden die Banken rund 38'000 Kredite für 17 Milliarden Franken ausbezahlt haben (zentralplus berichtete).

Es muss schnell gehen in diesen Tagen, die Angaben der Antragssteller basieren auf einer Selbstdeklaration. Es fehlen Mittel und Zeit für Kontrollen, das Tor zum Missbrauch steht offen. Auch der Luzerner Unternehmer geht hindurch, fliegt aber auf: Wegen Betrugs und Urkundenfälschung verurteilt das Kriminalgericht Luzern den Senior zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis. Das Urteil ist seit heute in begründeter Form öffentlich, nachdem Berufung angemeldet worden ist.

28 Millionen Umsatz? Es waren 80'000 Franken

Laut dem dreiköpfigen Kriminalgericht hatte der Mann gewusst und ausgenutzt, dass bei den Banken niemand kontrollieren werde, ob seine Angaben stimmen. Das taten sie nicht: Statt den ausgewiesenen 28 Millionen Franken Umsatzerlös hatte sein Beratungsunternehmen 2019 lediglich 80'000 Franken Umsatz gemacht. Und mit dem Geld, das er notabene von zwei Banken bezogen hatte, überbrückte er auch keine Liquiditätsengpässe, die ihm wegen des Lockdowns drohten.

Stattdessen verwendete er es nach Gutdünken, kaufte ein, ging ins Restaurant, fuhr in die Ferien und gewährte seiner Frau ein Darlehen von mehr als 100'000 Franken. Alles in allem soll der Firmenchef die Hälfte der Million durchgebracht haben, die ihm die Banken ausbezahlt hatten.

«Dass der Beschuldigte das aufgrund der Covid-19-Pandemie ins Leben gerufene System der schnellen und unbürokratischen Hilfe (…) ausnutzte, wirkt sich straferhöhend aus.»

Aus dem Urteil des Luzerner Kriminalgerichts

Wie es im 53-seitigen Urteil weiter heisst, hat der Unternehmer einen Teil des Geldes ins Ausland überwiesen; nach Belgien, Abu Dhabi, Honkong. Binnen knapp drei Monaten verliessen so über 150'000 Franken das Land, dennoch hielt die Staatsanwaltschaft dem Mann den Tatbestand der Geldwäscherei in ihrer Anklage nicht vor.

Gericht verhängt höhere Strafe, als Staatsanwaltschaft gefordert hatte

Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Gefängnis für den Unternehmer gefordert, wovon er eines hätte absitzen müssen. Mit drei Jahren und vier Monaten unbedingt geht das Gericht über diesen Antrag hinaus. Dieses hält fest: «Dass der Beschuldigte das aufgrund der Covid-19-Pandemie ins Leben gerufene System der schnellen und unbürokratischen Hilfe (...) ausnutzte, wirkt sich straferhöhend aus.» Der Mann habe seine Tat «ohne Not und somit aus einem nicht entschuldbaren Motiv» begangen. Zumal er als Rentner AHV erhält, also über ein geregeltes Einkommen verfüge.

Demgegenüber hatte sein amtlicher Verteidiger einen Freispruch beantragt. Laut dem Urteil argumentierte dieser etwa, sein Mandant hätte für das Jahr 2020 mit Einnahmen in Millionenhöhe rechnen können, wäre die Pandemie ausgeblieben. Und da das Geschäftsjahr des Unternehmers von September bis September dauere, sei es gerechtfertigt gewesen, die voraussichtlichen Einnahmen bis September 2020 im Kreditantrag festzuhalten.

Indes ist der Schuldspruch nicht rechtskräftig. Der Senior wird am Kantonsgericht die Chance erhalten, die drohende Gefängnisstrafe abzuwenden.

Verwendete Quellen
  • Urteil 106 21 76 des Luzerner Kriminalgerichts
  • Angaben des Bundes zu Anzahl und Volumen der Corona-Überbrückungskredite
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3 Kommentare
  • Profilfoto von David L
    David L, 02.10.2023, 12:25 Uhr

    War sicher hilfreich, dass Ueli Maurer damals an der Pressekonferenz herumposaunt hat, dass es keine Kontrollen geben wird.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 02.10.2023, 13:42 Uhr

      Kein Lockdown – keine hysterischen Kredite – keine Milliardenverluste – kein tausendfacher Anreiz zum Betrug.

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 02.10.2023, 09:54 Uhr

    Bankangestellte, die solche hohen Instantkredite einfach durchwinken, sollten auch bestraft werden. Ebenso die Entscheidungsträger in Bundesbern, die von einer Stunde auf die andere den Kopf völlig verloren.

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