Notfallpraxis am Bahnhof Luzern

Fasnacht in der Permanence: «Schenken Sie auch Bier aus?»

Das Fasnachtstreiben vor der Notfallpraxis am Bahnhof Luzern. (Bild: kok)

Die Permanence schreibt skurrile Geschichten – besonders an der Fasnacht. Von betrunkenen Hasen und bereits Betäubten erzählt das Team der Notfallpraxis im Bahnhof Luzern.

Am SchmuDo um 5 Uhr knallt es – und für sechs Tage ist Luzern verwandelt. Der durchschnittliche Alkoholpegel ist hoch, auf den Strassen wird getanzt, geschunkelt und sich bisweilen vergessen. Das geht nicht ohne Verletzungen, weiss das Team der Permanence-Notfallpraxis am Bahnhof Luzern.

Am ersten Fasnachtstag um 10.30 Uhr hat das Team schon rund 20 Fälle behandelt. Wie jedes Jahr gab es Skurrilitäten. «Nach dem Urknall kam jemand betrunken in die Praxis und wollte sein Medikament gegen Krätze. Seine Kollegin hat ihm eine Bierdose in die Praxis gereicht», berichtet Jasmin M. aus Luzern.

Von Hasen im Behandlungszimmer

Die medizinische Praxisassistentin (MPA) arbeitet die zweite Fasnacht in der Notfallpraxis. Zum Teil seien die Fasnächtler nervig, erzählt sie und erinnert sich an eine Frau mit Teufelskrone, die zum Stifteklauen kam. Sonst sei es aber lustig. «Letztes Jahr hatten wir eine Frau im Hasenkostüm, die im Behandlungszimmer Purzelbäume geschlagen hat», sagt die 25-Jährige lachend.

Heute war noch kein Hase in der Praxis. Dafür einige Betrunkene mit Halskratzen und eine Person mit einem Schnitt in der Hand, wegen einer Glasscherbe. «Schnitte sind mit Abstand die häufigsten Verletzungen an der Fasnacht», bestätigt Clarence P. Davis, der leitende Arzt. In den meisten Fällen kann die Wunde vor Ort genäht werden. Anderenfalls überweist die Permanence Patienten ins Spital.

Nachts kamen die Hochbetrunkenen

Davis leitet die Notfallpraxis der Unternehmensgruppe Medcenter seit 2019. Er sagt, die Fasnacht sei keine Herausforderung mehr. «Seit wir nicht mehr in der Nacht geöffnet haben, ist es ruhiger. Nachts kamen die Hochbetrunkenen.» Die Permanence hat im Jahr 2013 die Nachtdienste eingestellt. Nun schliesst die Praxis jeden Tag um 23 Uhr und öffnet um 7 Uhr, das ganze Jahr.

Clarence P. Davis mit zwei Mitarbeiterinnen der Permanence. (Bild: kok)

Rund 80 Patienten mit hausärztlichen Notfällen werden täglich von seinem Team betreut. Bei der Permanence arbeiten 15 Ärzte und Assistenzärzte und 30 bis 35 MPAs – fast alle in Teilzeit. Vor Ort seien im Schnitt 8 Mitarbeiter, davon 3 Ärzte. Während der Fasnacht hätten sie weniger zu tun, als man denke, erzählt Clarence P. Davis.

Fasnacht harmloser als 1. August

«Was soll an der Fasnacht passieren? Zu viel trinken, den Kopf anschlagen, mehr ist da nicht. Die Leute sind nicht aggressiv, es ist ein fröhliches Fest.» Gefährlicher sei der 1. August – dann kämen reihenweise Patienten mit Brandverletzungen wegen des Feuerwerks.

Während der Fasnacht sind es – neben den Schnittverletzungen – meist Betrunkene. Davon kann auch Jasmin M. ein Lied singen. Drei bis vier Jugendliche mit Alkoholvergiftung hat sie letztes Jahr während der Fasnacht betreut. «Einen 16-Jährigen habe ich selbst vor der Tür der Permanence gefunden und reingezogen.»

Dass Alkohol zur Fasnacht gehört, ist kein Geheimnis. Clarence P. Davis findet aber, betrunkene Fasnächtler seien harmlos. «Die meisten wollen hier sein. Die Motivation, mitzumachen, ist dementsprechend hoch.» Anders sei es, wenn die Polizei Betrunkene für eine medizinische Abklärung in die Praxis bringe. Dann könne es unangenehm werden, erzählt der Arzt. Rund 80 solcher Fälle betreut sein Team pro Jahr.

Witzige Geschichten ohne Ende

Die Fasnächtler dagegen hinterlassen lustige Geschichten. Der Satz «Ich brauch keine Anästhesie, ich spür eh nichts mehr» fällt zur Fasnacht in der Permanence genauso wie die Frage «Schenken Sie denn auch Bier aus?». Dass die Guuggenmusigen im Bahnhof unter dem Jubel einer dichten Menge vor der Tür der Permanence spielen, ist im Team umstritten. Fasnachtsmuffel stört der Lärm, andere tanzen in der Pause auch mal mit.

Die Geschichte eines Fasnächtlers ist Jasmin M. besonders in Erinnerung geblieben. «Es gab einen Patienten mit einer schweren Ohrenentzündung. Seine Entzündungswerte warten so hoch, dass er eigentlich eine Infusion brauchte. Doch er kam hier rein und hatte nur eine Bitte: Gebt mir irgendwas, damit ich zurück zum Monstercorso kann!»

Verwendete Quellen
  • Besuch in der Permanence-Medcenter-Notfallpraxis am Bahnhof Luzern
  • zentralplus-Medienarchiv
  • Gespräch mit Clarence P. Davis und Jasmin M.
  • Website der Permanence-Medcenter-Notfallpraxis am Bahnhof Luzern
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hebi
    Hebi, 09.02.2024, 12:23 Uhr

    Fasnacht= Kappe füllen bis zum geht nicht mehr
    An diesen Tagen kann man offiziell saufen

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  • Profilfoto von Lusti
    Lusti, 08.02.2024, 21:54 Uhr

    Danke dem Personal, die Täglich für uns Arbeiten. Nun ist es auch an der Zeit, dass sich dies für die MPA’s auch beim Lohn bemerkbar macht.

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