Dreistigkeit kennt keine Grenzen

Was in Zentralschweizer Hotels alles so geklaut wird

Im Gepäck von Hotelgästen versteckt sich oft das ein oder andere Diebesgut – auch in Luzern und Zug. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Wohl jeder hat schon einmal ein Shampoo oder einen Kugelschreiber aus einem Hotel mitgenommen. Wie sich zeigt, sind das Lappalien im Vergleich dazu, was sonst so aus Hotels in Luzern und Zug geklaut wird.

Der Autor erinnert sich gut an die Besuche bei einer Verwandten im Kindesalter. Was ihm nebst dem Grenadine-Sirup besonders gefallen hat: die kunterbunte Auswahl an Teelöffeln. Keiner sah aus, wie der andere. Einige waren silbern, andere schimmerten goldig, die meisten waren graviert. Mit Namen von renommierten Hotels und Restaurants. Geschenkt bekommen habe sie die, hat die Verwandte damals erklärt.

Heute weiss ich: Sie war ein gnadenloser Langfinger. Ob sie damals aus Scham oder aus pädagogischen Gründen gelogen hat, weiss ich nicht, wird sich auch nie klären. Die Gute ist nämlich selig, die Löffelsammlung irgendwo weitervererbt worden – oder in einem Brockenhaus gelandet.

Fakt ist, die Verwandte war kein Einzelfall. Geklaut wird fast überall und alles. Sei es eine blinkende Baustellenlampe, Grabschmuck, ein Geländer oder gar ein Pony – Kleptomaninnen lassen allerhand Sinniges und Unsinniges mitgehen. Auch in der Luzerner Gastronomie wird fleissig gemopst. Etwa der Gastro-Grill beim «Alpineum», Deko-Artikel bei der «Molo»-Bar oder ein Spielautomat beim «Neubad» (zentralplus berichtete). Wie aber sieht es bei der Hotellerie aus?

In Luzern werden Stofftiere geklaut

In Luzern kommt es auf den Betrieb an, ob und was eingesackt wird. Im Hotel «Beau Séjour» und der «Villa Maria» kommt beispielsweise «sehr wenig» weg, wie Sprecherin Carole Barmettler erklärt. Gelegentlich verschwinde etwa ein Adapter oder jüngst ein Holzschachbrett aus dem Salon. Im Hotel «Beau Séjour» wurden auch schon Sockenaffen, die zur Deko auf jedem Hotelbett liegen, aus den Zimmern entwendet. Darum hat das Hotelteam mittlerweile Kärtchen produzieren lassen, die darauf hinweisen, dass die handgemachten Stofftiere Hoteleigentum und kein «Give-away» seien – im Hotelshop aber gekauft werden könnten.

Diese niedlichen Stoffaffen werden im Hotel Beau Sejour gelegentlich von Gästen eingepackt. (Bild: Hotel Beau Sejour)

Moralbefreite Shampoofans gehen hier leer aus. Denn die beiden Betriebe setzen aus Gründen der Nachhaltigkeit auf auffüllbare Dispenser, die festgeschraubt sind und dadurch diebstahlsicher. Jedenfalls fast: «Zwei Teenager schafften es mal, die Dispenser zu entfernen. Als wir die Gäste kontaktierten, um sie auf die fehlenden Produkte aufmerksam zu machen, mussten sich die Teenager einen elterlichen Rüffel anhören», erzählt Carole Barmettler.

Gäste auf allfällige Diebstähle anzusprechen, sei eine delikate Angelegenheit. Insbesondere in Zeiten von Online-Bewertungen. Darum werden Personen nur kontaktiert, «wenn wir zu 100 Prozent sicher sind, dass ein fehlender Gegenstand im Gepäck eines bestimmten Gastes gelandet ist». Dieser werde dann darüber informiert, dass der Preis der mitgenommenen Ware der Kreditkarte belastet wird. Zu einer Anzeige wegen Diebstahl sei es im Hotel «Beau Séjour» und der «Villa Maria» bislang noch nie gekommen.

Im Hotel «Monopol» sind es unter anderem Handtücher und Kleiderbügel, die besonders oft im Koffer verschwinden. Wie Direktor Lars Güggi im vergangenen Jahr gegenüber «20 Minuten» sagte, sacken Gäste gerne Produkte ein, auf denen das Hotellogo prangt.

In Zug ist die Minibar begehrt

Auch im «Park»-Hotel in Zug haben es einzelne Gäste besonders auf Handtücher und Bademäntel abgesehen. Begehrt sind ebenfalls die kleinen Schnapsflaschen der Minibar, wie Jan Ericsson vom «Park»-Hotel Zug schreibt. «Einige Gäste trinken diese aus und stellen sie dann, mit Wasser aufgefüllt, zurück.»

Auf Anzeigen werde in der Regel auch hier verzichtet. Bei kleineren Diebstählen sei der Aufwand nicht verhältnismässig, meint Ericsson. «Stattdessen entscheiden wir uns dafür, bestimmte Artikel, wie Bademäntel, Handtücher und Dekokissen, den Gästen nachträglich in Rechnung zu stellen.»

Es sei auch schon vorgekommen, dass Gäste gestohlene Ware zurückbringen – obschon das gemäss Ericsson eher selten der Fall ist. «Ein Beispiel dafür ist ein Gast, der versehentlich eine Hotelmappe eingepackt und diese dann zu uns zurückgeschickt hat.» Solche Vorfälle werden vom Hotel meist als unbeabsichtigt angesehen. Grundsätzlich sei der Umgang mit dem Thema Diebstahl ein Balanceakt zwischen Gastfreundschaft und dem Schutz des Eigentums.

Schon ein eingepackter Kugelschreiber ist Diebstahl

Grundsätzlich haben Hotelgäste das Recht, alles zu nutzen, was im Zimmer zur Verfügung steht. Aber: Das Mitnehmen von Verbrauchsartikeln – also kleinen Shampoofläschchen, Seifen oder nur schon Kugelschreibern – gilt rechtlich gesehen bereits als Diebstahl. «Dies ist wohl wenigen Gästen bewusst», erklärt Vinzenz van den Berg, Mediensprecher vom Verband Hotellerie Suisse, «und wird in den Betrieben meistens auch nicht so streng gehandhabt.»

Verschwinden aber Gegenstände, wie Bademäntel, Tücher, Fernseher oder Föhne, gemeinsam mit dem Gast durch die Eingangspforten, kann sich dieser darauf einstellen, im Nachhinein dafür zahlen zu müssen. Gerade weil Bademäntel und Frotteewäsche so beliebte Souvenirs sind, bieten sie viele Hotels mittlerweile offiziell zum Verkauf an.

Andernorts werden Matratzen geklaut

Mit dem oben genannten Diebesgut liegen Zentralschweizer Hotels im Trend. Denn international betrachtet, sind es besonders Handtücher, Bademäntel, Kleiderbügel und Stifte, die gerne eingesackt werden, wie eine Umfrage von «Wellness Heaven» zeigt.

Auch wenn hiesige Betriebe von skurrilen Diebstählen bislang eher verschont blieben, beklagen Hotels aus anderen Regionen und europäischen Ländern den Verlust von doch eher eigentümlichem Gut. Dass eine Hotelkaffeemaschine in einem gehobenen Hotel vielleicht besser ist als das eigene Gerät zu Hause, kann durchaus vorkommen. Offenbar wandert sie besonders in österreichischen Hotels ziemlich oft in die Koffer.

Auch Tablets, Fernseher und Mini-Kühlschränke sind begehrtes Diebesgut. Und in 12 Prozent der 1376 befragten 4- und 5-Sterne-Hotels haben die Gäste offenbar so gut geschlafen, dass sie gar die ganze Matratze haben mitlaufen lassen. Wie auch immer man diese ungesehen an der Rezeption vorbeibringt …

Verwendete Quellen
  • Internationale Studie: Diebstahl in Hotels
  • Schriftlicher Austausch mit Vinzenz van den Berg, Mediensprecher Hotellerie Suisse
  • Artikel in «20 Minuten»
  • Schriftlicher Austausch mit Carole Barmettler, Hotel «Beau Séjour»
  • Schriftlicher Austausch mit Jan Ericsson, «Park»-Hotel Zug
  • Website Hotel «Monopol»
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 06.04.2024, 14:02 Uhr

    Ein treffendes Psychogramm unserer Gesellschaft: Je "edler" das Hotel, desto raffgieriger die Gäste.

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