Rumhängen, flanieren und chillen beim KKL Luzern

Europaplatz: ein Hotspot der Gegensätze

Die Sommerbar Dock 14 hat nebst Erfrischungen auch Prävention im Angebot. 

(Bild: Christine Weber)

Die Piazza vor dem KKL ist gut frequentiert. Von Touristen über Kiffer und Konzertbesucher bis hin zu Migrantengruppen treffen hier unterschiedlichste Leute aufeinander. In die Quere kommt man sich dabei nur bedingt. Dabei hilft auch eine kleine Hafenbar. 

Auf den Stufen rund um das Wasserbecken vor dem Konzerthaus sitzen ein paar Einzelfiguren, ein Pärchen küsst sich innig und es stinkt nach Algen. Das Wasser ist abgelassen, das Becken wird zurzeit geputzt und sauber gemacht. Das Blue Balls ist vorbei und bald beginnt das Lucerne Festival, da wären herumschwimmende Pet-Flaschen und Zigaretten-Stummel eine schlechte Referenz.

«Wir sind zum ersten Mal hier. Es ist ein super Platz und morgen reisen wir gleich extra nochmals an.»
Daniela und Reto aus Winterthur

Auf dem Steg mit Blick zur Hofkirche haben es sich zwei bequem gemacht. Die Frau liegt auf dem Rücken und liest Zeitung, der Mann guckt in die Luft. Es sind Daniela und Reto aus Winterthur, sie machen hier explizit keinen Tagesausflug, sondern einen Tag Ferien. «Wir sind zum ersten Mal hier. Es ist ein super Platz und morgen reisen wir gleich extra nochmals an», sagen sie. Winterthur sei zwar auch schön, genauso wie der Zürichsee. «Aber Luzern ist einfach nicht zu toppen. Hier fühlt man sich in den Ferien, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist.»

Daniela und Reto aus Winterthur geniessen die Abendstimmung auf einem der Piers.

Daniela und Reto aus Winterthur geniessen die Abendstimmung auf einem der Stege.

(Bild: Christine Weber)

Ein paar Schritte weiter wummert Reggae aus einem Rollkoffer, drum herum lümmeln ein paar junge Männer. «Dann setz dich halt für einen Moment zu uns», seufzt einer von ihnen, rückt etwas zur Seite und zieht am Joint. Hierhin kommen sie schon seit ein paar Jahren. Zum Chillen. Und weil immer jemand da sei, den man kenne. «Ausserdem gibt es hier am längsten Sonne, das ist cool», sagt ein anderer. Nur jetzt gerade stinkt es wie auf einem Plumpsklo. «Das ist halt immer dann, wenn ein Schiff entladen wird. Die leeren irgendwie die Klos oder so.»

«Ob es hier Drogen gibt? Ja sicher. Aber die gibt es sowieso überall.»
Junger Mann aus einer der Cliquen auf dem Platz

Die paar Bierdosen sind säuberlich gestapelt, die Jungs sind freundlich und wortkarg und aufs Föteli wollen sie auf keinen Fall. Viel Konfliktpotenzial orten sie nicht an diesem Platz. Manchmal komme die Polizei und mache Kontrolle und das sei nervig, aber so sei das nun mal. «Ob es hier Drogen gibt? Ja sicher. Aber die gibt es sowieso überall.» Einer der Typen kommt ins Philosophieren und beklagt die Doppelbödigkeit der Gesellschaft im Umgang mit Drogen. «Alles ist auf Drogen ausgerichtet. Hier gibt es ja sogar einen Spritzenautomaten. Warum sollen die Junkies dann eine Extrarunde woanders hin drehen? Das leuchtet ja extrem nicht ein», wundert er sich.

Asylsuchende und Saudis mit Burka-Frauen

Auf einem anderen Steg sitzen Migranten. Auch hier ausschliesslich junge Männer. Sie kommen aus Somalia und Eritrea, wohnen teils in der Agglo, teils auf dem Land. Die Deutschkenntnisse reichen nur für ein Fragespiel mit Händen und Füssen und darauf mag sich keiner einlassen. «Mit dem Tourismus kommen halt Leute aus anderen Kulturen. Das ist logisch», sagt ein vorbeischlendernder Typ im Schweizer Dialekt und es lässt sich nicht eruieren, ob das jetzt ein Scherz war oder ob er die Asylsuchenden mit den reichen Saudis und ihren Burka-Frauen in einen Topf wirft.

Leben und leben lassen: Am Platz halten sich verschiedene Gruppen auf.

Leben und leben lassen: Am Platz halten sich verschiedene Gruppen auf.

(Bild: Christine Weber)

Apropos Touristen: Auch sie sind gut unterwegs zwischen Schiffanlegestelle, Springbrunnen und KKL. Mal mit, mal ohne Handystangen knipsen sie verzückt sich selber und das Panorama ab. Hofkirche. Rigi. Schweizer Fahne. Dampfschiff. «Lucerne is so nice! So beautiful!», ist alles, was an interessanten Ausrufen zu hören ist. 

Erfrischungen und Prävention im Angebot

Mitten auf dem Platz, direkt beim Springbrunnen, steht eine kleine Sommerbar: Die Dock 14. Sie wurde vom KKL 2014 initiiert. Die Idee war, dass sie nebst Erfrischungen und Snacks auch Prävention im Angebot hat. «Das Projekt ist ein gemeinsames Anliegen von KKL Luzern, Stadt Luzern und der Schifffahrtsgesellschaft», schreibt Andreas Roth, Leiter Kommunikation KKL Luzern.

Vor ein paar Jahren ist es öfters zu Reibereien zwischen den verschiedenen Benutzergruppen gekommen und so ein Treffpunkt für jedermann und jede Frau beruhigt die ganze Szenerie. Seitens KKL ist man sehr zufrieden damit. «Aus unserer Sicht hat sich das Dock 14 auf jeden Fall bewährt. Die Durchmischung auf dem Platz ist sehr gut und es herrscht eine friedliche Stimmung.» Seit der Eröffnung werde die ganze Zone vermehrt als Flaniermeile wahrgenommen und sowohl von Touristen als auch Einheimischen geschätzt.

Ein Zeitspung in die Dampfschiffepoche

Tatsächlich versprüht Dock 14 den Charme einer gemütlichen Hafenbar. Die Gäste sitzen auf alten Reisekoffern und Paletten unter den Sonnenschirmen. Die Deko orientiert sich an der Dampfschifffahrtszeit des 19. Jahrhunderts und wenn grad noch der Dampfer Gallia vorbeischnauft, macht man tatsächlich einen Zeitsprung. Hinter der Theke steht Muoz Aly und serviert mit breitem Lachen die Getränke.

Muoz Aly bedient charmant an der Sommerbar Dock 14.

Muoz Aly bedient charmant an der Sommerbar Dock 14.

(Bild: Christine Weber)

«An der Theke und auf dem Platz sind ganz unterschiedliche Leute unterwegs. Das macht es spannend und es läuft immer was», sagt Aly und zeigt auf zwei Männer, die aussehen wie Buskontrolleure. «Die können bestimmt auch was erzählen.» Aber die Mitarbeitenden der Sicherheit Intervention Prävention  (SIP) sind nicht zum Plaudern aufgelegt und verweisen für Auskünfte rund um die Stimmung auf dem Platz auf ihre Vorgesetzten.

Immerhin lässt sich ihnen entlocken, dass sich punkto Littering einiges getan habe. Es lasse sich unterdessen teilweise sogar erkennen, ob die Gruppen aus Luzern oder von auswärts kommen. «Die Luzerner drapieren ihren Abfall um die Güselkübel herum, wenn sie voll sind», sagen sie. Das spricht dafür, dass die Luzerner unterdessen gut erzogen sind, und die SIP hat daran bestimmt auch ihren Anteil (zentralplus berichtete).

«Je nach Veranstaltung kommt es zu mehr Vorfällen wie zum Beispiel Taschendiebstahl.»
Simon Kopp, Kommunikationsverantwortlicher Staatsanwaltschaft

Bei der Luzerner Polizei sind auf Nachfrage keine aussergewöhnlichen Schwierigkeiten auszumachen. «Der Europaplatz ist für uns einer der diversen Plätze, welche wir im Auge haben», sagt Simon Kopp, Kommunikationsverantwortlicher Staatsanwaltschaft. «Vor allem darum, weil sehr viele Personen auf diesen Plätzen verkehren. Je nach Veranstaltung kommt es zu mehr Vorfällen wie zum Beispiel Taschendiebstahl am Blue Balls – aber das kann auch auf anderen Plätzen so sein.» Schwerpunkt ist für die Polizei denn im Moment auch nicht der Europaplatz, sondern der Bereich Busperron. Dort ist die Szene von Randständigen und zum Teil auch von Dealern bei Weitem grösser als hier vor dem KKL (Die Szene dort ist nicht angenehm).

 

Vieles ist hier möglich: die Seele baumeln lassen oder meditieren wie ein Sadhu.

Vieles ist hier möglich: die Seele baumeln lassen oder meditieren wie ein Sadhu.

(Bild: Christine Weber)

 

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