Das sagen Zuger Bäckereien zur Namensdebatte

Russenzopf: Wenn das Gebäck in Zug politisch wird

Nicht mehr überall heisst das Hefegebäck «Russenzopf». (Bild: zvg/ Adobe Stock)

Der politische und gesellschaftliche Wandel hat längst die Confiserien und Backstuben erreicht. Eine Basler Bäckerei nennt den Russenzopf neuerdings Friedenszopf. Auch in einigen Zuger Bäckereien ist man sensibel aufs Thema und überlegt sich eine Umbenennung. Wenn auch nicht in allen.

Vor einigen Jahren in einer Zuger Bäckerei: Der Schokokuss, der in der Vitrine steht, lächelt die Kundin mit roter Nase an. Das Konfekt wurde zur Feier der Fasnachtszeit in weisse Schokolade getunkt und zum Clowngesicht umgestaltet. Dennoch wird das Gebäck hartnäckig als «Mohrenkopf» betitelt. Was die Situation besonders unangenehm macht: Der Bäckereiverkäufer ist dunkelhäutig. Die Kundin bestellt etwas anderes.

Die Diskussion um die Bezeichnung von Gebäck ist nicht neu und eine, die mit dem gesellschaftlichen und politischen Wandel immer wieder aufflammt. Das «Meitschibei», das mancherorts seit einigen Jahren anders heisst, lässt grüssen.

Der Angriffskrieg der russischen Truppen in die Ukraine sorgt nun dafür, dass sich einige Bäckereien zu einem anderen Gebäck Gedanken machen. Beim Sutter Begg in Basel heissen nicht nur die ehemaligen «Maitlibei» nun «Glücksbringer». Auch der Russenzopf wurde letzthin in Friedenszopf umbenannt.

Dass auch gewisse Zuger Bäckereien aufmerksam aufs Thema sind, zeigt eine Anfrage bei verschiedenen lokalen Unternehmen. Immerhin ist Zug, wo der aktuelle russische Justizminister Konstantin Tschuitschenko früher arbeitete, bei der russischen Community sehr beliebt. Im Raum steht die Frage, ob die Bäckereien den Russenzopf auch weiterhin Russenzopf nennen wollen.

Jürg Nussbaumer verkauft Schwedentorte, Tessiner-Brot und Hamburger

Jürg Nussbaumer von der gleichnamigen Bäckerei hat diesbezüglich eine dezidierte Haltung: «Wir verkaufen Hamburger, Berliner, Tessiner, St.Gallerbrot, Zuger Kirschtorten, Baarer Räbentorten, Schwedentorten, Schwarzwäldertorten, französische Baguettes, Spanische Nüssli, Holländerli, griechische Salate, italienische und französische Salatsaucen und Russenzöpfe», zählt der Firmeninhaber auf. «Übrigens haben wir auch Toten- und Meitschibeine.»

«Eine Namensänderung macht für mich keinen Sinn.»

Jürg Nussbaumer, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei

Nussbaumer sagt weiter: «Ich möchte nicht, wenn in einem Land oder in einem Kanton der Schweiz ein Konflikt oder Krieg herrscht, das ganze Land und alle Menschen dort verurteilen.» Die Artikelbezeichnungen stünden vielmehr für einen kulinarischen Ursprung eines Produktes und die dazugehörige Geschichte. Der Russenzopf heisst hier also weiterhin Russenzopf. «Eine Namensänderung macht für mich daher keinen Sinn», so Nussbaumer.

Beck Bossard und Confiserie Speck: Nicht überall heisst das Hefegebäck gleich

Die Frage nach der Umbenennung des Russenzopfes stellt sich beim Beck Bossard derweil nicht. Betriebsinhaber André Bossard sagt: «Bei uns heisst das Gebäck schon seit Jahren Nuss-Stollen.» Auch die Luzerner Confiserie Bachmann verwendet den Begriff «Russenzopf» nicht, weshalb sich die Frage dort gar nicht erst stellt.

«Wir zeichnen sie als ‹gefülltes Hefegebäck› aus. Die Kunden nennen sie dann meistens selber  ‹Russenzöpfe›.»

Peter Speck

Der Zuger Confiseur Peter Speck sagt dazu: «Wir verkaufen ‹Russenzöpfe› nur sporadisch. Wir zeichnen sie als ‹gefülltes Hefegebäck› aus. Die Kunden nennen sie dann meistens selber  ‹Russenzöpfe›. Natürlich hat sich noch nie jemand über sich selbst beschwert», so Speck mit einem Lachen.

Viele Kundinnen scheinen traditionelle Namen zu bevorzugen

Der Confiseur erzählt weiter: «Wir haben bei einem anderen Produkt vor etwa 40 Jahren den Namen in ‹Wienergipfel› gewechselt. Obwohl wir diesen auch so in der Vitrine anschreiben, verlangen immer noch sehr viele Leute nach einem ‹Meitschibei›.»

Der grösste Teil der Schweizer scheine – so Specks Beobachtung – eher traditionell eingestellt zu sein und nicht auf gewohnte Bezeichnungen wie «Meitschibei», «Russenzopf» oder «Mohrenkopf» verzichten zu wollen. «Wir vermeiden diese jedoch. Unsere Produkte sollen positive Emotionen und Genüsse vermitteln, da soll der Name niemanden abschrecken. Bis jetzt sind wir so gut gefahren.»

Blicken wir noch nach Luzern. Bei der Bäckerei Hug will man vorerst abwarten. Die Marketingleiterin Fabienne Suter sagt: «Bei uns hat es bezüglich der Bezeichnung ‹Russenzopf› keine Beschwerden gegeben. Doch können wir uns vorstellen, das Produkt umzubenennen, sollte es mehr Diskussionen darüber geben.»

Verwendete Quellen
  • Artikel der «NZZ» zum Thema
  • Schriftlicher Austausch mit verschiedenen Zuger Bäckereien
  • «Blick»-Artikel zu «Maitlibei»
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Anna Marie Arrigoni Schiavo
    Anna Marie Arrigoni Schiavo, 06.11.2022, 10:17 Uhr

    Ich finde die Diskussionen um Bezeichnungen von Gebäcken echt scheinheilig. Da hat man vor hunderten Jahren ein Rezept von einem anderen Land übernommen, macht damit guten Umsatz um dann bei einem externen Konflikt gleich wieder alles über Bord zu werfen. Es gibt so viele Kondlikte inkl.auch von USA. Wir müssten somit auf vieles verzichten, wenn wir es wirklich ehrlich nehmen würden und nicht nur Antisympathie gegen Länder einnehmen welche als nicht demokratisch und somit als Böse gelten. Das sind schon sehr relative Einstellungen welche nicht noch bewirtschaftet werden müssten bis zu einem Gebäck welches den Namen eines Landes trägt welches man nicht mag. Ungerechtigkeit und Bosheit gibt es vielerorts nicht nur in Ländern die sich im Krieg befinden,sondern auch in sogenannten demokratischen Staaten welche gelöst werden sollten. Und vor eigenen Türe kehren kann auch Nutzen bringen..

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  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 05.11.2022, 14:30 Uhr

    Woke ist gefährlich für die Gesellschaft

    Woke (englisch „erwacht“, „wach“, ist ein im afroamerikanischen Englisch in den 1930er Jahren entstandener Ausdruck, der ein „erwachtes“ Bewusstsein für mangelnde soziale Gerechtigkeit und Rassismus beschreibt). Wenn ich lese, wie die UBS sich bei ihren Stellenanzeigerweisungen in einem Woker- Labyrinth verrennen und lächerlich machen oder, noch schlimmer, eine Berner Beiz eine Band diskriminiert, die das macht, was man in der Kultur schon immer tat: Von der menschlichen Vielfalt schöpfen. Und wenn ich dann noch lächelnd zur Kenntnis nehme, wie der Schuss gegen den Ballermannschlager Layla völlig nach hinten los ging, frage ich mich, bis die Woker endlich merken, auf welchem Abstellgleis sie sich bewegen. Woker haben also diesen afroamerikanischen Trend der1930er angeeignet und diese amerikanische «Unkultur» übernommen. Sie dürften folgerichtig auch keine Spaghetti Bolognese, Hamburger oder Kebap mehr essen. Und Deep Purple, welche in Made in Japan, kurz ein Schweizer Volkslied anspielten, müssten auch auf die schwarze Liste zusammen mit der gesamten modernen Pop- und Rockmusik, welche sich überall bedienten. Es genügt, dass man kein Radio oder Fernsehen einschalten kann, ohne erzieherisch durch Modethemen indoktriniert zu werden.
    Woke ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Bei Politikern macht mir dies wenig Angst: Denen geht es nicht um Inhalt, sondern nur um Wahlen und ihr Einfluss ist inzwischen gesellschaftlich irrelevant.

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  • Profilfoto von Fischersfritz
    Fischersfritz, 05.11.2022, 09:02 Uhr

    Jeder der meint ein Produktname zu ändern helfe gegen Rassismus, hat keine Ahnung was Rassismus ist. Bestimmt kaufen nur richtige Rassisten einen Berliner, Hamburger, Mohrenkopf, Russenzopf und Maitschibei etc. Indem alle anderen Bezeichnungen geändert werden, und dunkelhäutige von Verpackungen verbannt werden, sogen genau diese „woken“ wirrköpfe für die Diskreminierung.
    Was kommt als nächstes, benennt ihr die Russen selber um in „böses angreifervolk?“
    Aber macht nur so weiter, die Liste der Läden die gemieden werden wird immer länger.

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  • Profilfoto von Heart for Ukraine
    Heart for Ukraine, 04.11.2022, 20:20 Uhr

    Zug sollte sowieso langsam Rückgrat zeigen und die cersteckten Russen in ihrer Gesellschaft bekämpfen. Wegducker und Ausgewanderte machen sich mitschuldig!

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  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 04.11.2022, 18:09 Uhr

    Ist das weit verbreitet, oder ist man – wie zu vermuten steht – nur in Zug so verbiestert dumm?

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