Mehr Geld, Tests und Infos (und keine Diktatur-Vorwürfe)

Corona-Debatte im Luzerner Kantonsrat verpasst? Hier die wichtigsten 10 Punkte

Die Unterstützung von notleidenden Firmen im Kanton Luzern wird ausgebaut – gibt aber weiter zu reden. (Bild: jal)

Der Umgang mit der Pandemie hat die März-Session des Luzerner Kantonsrates geprägt. Obwohl die Politiker nicht mit Kritik sparten, ging es viel gesitteter zu und her als in Bern. Die Entscheide aus der Corona-Debatte im Luzerner Kantonsrat.

Nein, offiziell hat der Luzerner Kantonsrat keine Corona-Session abgehalten. Dennoch war es das prägende Thema der März-Session diesen Montag und Dienstag.

Ob Testen, Impfen, Härtefälle oder Kurzarbeit: Die Eckpfeiler der aktuellen Krise kamen zur Sprache. zentralplus hat die wichtigsten Entscheide der Debatte zusammengefasst.

1. Viel Kritik an Härtefall-Regelung

Zu langsam, ungerecht, nicht nachvollziehbar: Die Kritik am Luzerner Härtefall-Programm war breit und vielseitig. Denn jede Politikerin, so scheint es, hat von Fällen gehört, in denen nicht alles rund läuft.

Und so bekam man denn auch viele Beispiele zu hören. Von Unternehmen, die trotz Millionenumsatz nur wenige tausend Franken erhalten. Von Firmen, die in anderen Kantonen viel mehr und schneller unterstützt werden. Oder von Chefs, die keine Chance haben, die Berechnungen des Kantons nachzuvollziehen.

Dennoch lässt sich festhalten: Anders als in Bundesbern, wo Politiker mit Corona-Diktatur-Sprech und Maulkörben gegen die Wissenschaft für Aufruhr sorgten, lieferten sich die Luzerner Politiker eine über weite Strecken anständigen Schlagabtausch.

2. Ungleichbehandlung gefällt niemandem

Besonders zu reden gab der Graben zwischen Firmen, die geschlossen sein müssen, wie aktuell beispielsweise Bars, und jene, die trotz offener Türen unter der Krise leiden, wie etwa Reisebüros. Während Gastrobetriebe ihre ungedeckten Fixkosten bezahlt bekommen, wird beispielsweise einer Eventfirma einfach die Liquidität der nächsten vier Monate zugesichert. Das führt in der Wirtschaft und der Bevölkerung zu Unverständnis.

«Für mich grenzt das an Willkür.»

Markus Bucher, CVP

«Diese Ungleichbehandlung ist tatsächlich eine sehr unschöne Geschichte» fasste FDP-Kantonsrat André Marti den Grundtenor zusammen. «Für mich grenzt das an Willkür», setzte Markus Bucher (CVP) noch einen drauf.

Dennoch: Die Leitplanken setzt der Bund, befand die Mehrheit. Er habe entschieden, für geschlossene Betrieb einen eigenen Topf mit separaten Regeln zu schaffen. Ein Antrag, die ordentlichen Härtefälle diesen Vorgaben gleichzustellen, wurde abgelehnt.

3. Politik spricht mehr Härtefall-Geld

Unbestritten war allerdings, dass die Betriebe, die einen Umsatzrückgang von über 40 Prozent haben, mehr Geld brauchen. Für diese Härtefälle hat der Kantonsrat am Dienstag weitere 21,65 Millionen Franken an Unterstützung gesprochen (zentralplus berichtete).

Besonders wichtig: Neu erhalten sie nicht mehr fix einfach einen Zehntel des Geldes in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen und den Rest als Kredit. Dieser Schlüssel wird künftig im Einzelfall flexibel festgelegt. Sprich: Viele Firmen dürften einen höheren Anteil bekommen, den sie nicht zurückzahlen müssen. Dies gilt rückwirkend, alle bisherigen Gesuche werden automatisch neu geprüft.

Mit den Unterstützungsbeiträgen stellt der Kanton die zukünftig benötigte Liquidität für vier Monate sicher. Die Unternehmen können anschliessend weitere Gesuche einreichen und so bei fortlaufendem Liquiditätsabfluss Unterstützung für das ganze Jahr 2021 erhalten.

4. Hürden werden nicht gesenkt

Als Härtefall gelten weiterhin nur Firmen, die mehr als 40 Prozent an Umsatz eingebüsst haben. Der Kantonsrat hat es am Dienstag abgelehnt, diese Schwelle auf 30 Prozent zu senken, wie es die SP gefordert hatte. Man wolle dem Bund nicht vorgreifen.

Denn die Umsatzlimite ist einer der Streitpunkte, über den sich National- und Ständerat in der laufenden Session beugen. Bis Ende Woche wird der definitive Entscheid erwartet.

Senkt der Bund die Hürde, wird der Kanton Luzern indes nachziehen. Das versicherte der Luzerner Finanzdirektor Reto Wyss, der sich per Mail bekanntlich gegen eine Anpassung aussprach. Der Kantonsrat hiess einen entsprechenden Antrag der SP gut.

Die Kurzarbeit gilt derweil weiterhin zum Umsatz eines Unternehmens. Das führe zu Fehlanreizen, begründete die zuständige Kommission. Denn so könne eine Firma unter Umständen nur als Härtefall gelten, wenn sie Angestellte entlasse. Der Antrag, das zu ändern, wurde aber mit Verweis auf einen unverhältnismässig grossen administrativen Aufwand abgelehnt.

5. Junge Firmen bleiben vorerst aussen vor

Noch offen ist, ob bald auch junge Firmen Härtefallgeld beantragen können. Heute gilt als Stichtag der 1. März 2020 (zentralplus berichtete). Auch in dieser Frage will der Luzerner Regierungsrat den Entscheiden auf nationaler Ebene nicht vorgreifen. In Einzelfällen, so hält er fest, dürfe zudem «von einer übermässig strikten Interpretation des Gründungsdatums abgewichen werden».

6. Härtefall-Topf enthält jetzt 87 Millionen

Insgesamt stehen im Kanton Luzern für notleidende Unternehmen knapp 87 Millionen Franken zur Verfügung. 46,65 Millionen Franken für Härtefallmassnahmen für – nicht zwangsgeschlossene – Betriebe wie Hotels, Schausteller oder Reisebüros. Und 40 Millionen für behördlich geschlossene Betriebe wie etwa Restaurants.

Ist das viel? Das kommt auf den Blickwinkel an. Der Kanton Zug hat diese Woche bekanntgegeben, dass er sein Hilfsprogramm um satte 70 auf insgesamt 150 Millionen Franken aufstocken will (zentralplus berichtete).

Laut Luzerner Regierung steht man aber im interkantonalen Vergleich gut da. Bisher sind im Kanton Luzern 1229 Härtefallgesuche eingegangen – über 1000 von ihnen stammen von geschlossenen Firmen. Bis anhin wurde knapp die Hälfte der Gesuche abgeschlossen. Durchschnittlich erhält eine Firma rund 100'000 Franken. Der Kanton Luzern hat bislang 35 Millionen Franken an Unterstützung gesprochen. Der Topf ist also noch nicht leer. Es ist aber keinesfalls ausgeschlossen, dass es im Verlaufe des Jahres noch mehr braucht.

So äusserte sich Luzerns Finanzdirektor Reto Wyss (CVP) vor rund drei Wochen zu den Härtefällen:

7. Kanton muss bald nachjustieren

Wie viel, hängt auch vom Bund ab. Sobald die Beschlüsse der eidgenössischen Räte an der laufenden Frühlingssession fest stehen, muss der Kanton nämlich nachjustieren.

Die Dimension könnte sich nochmals markant steigern. Denn in Bundesbern wird über Covid-Hilfen in Milliardenhöhe diskutiert. Bliebe der Verteilschlüssel gleich wie bisher, könnten für den Kanton Luzern laut Regierung «insgesamt knapp 800 Millionen Franken zustande kommen».

Wie viel es am Ende auch sein werden: Es wird davon ausgegangen, dass die Regierung dem Kantonsrat ein drittes Dekret vorlegen wird. Auch eine Corona-Sondersession könnte erneut zum Thema werden, wie mehrere Kantonsräte am Dienstag andeuteten.

8. Kanton will besser informieren

Denn in einem Punkt war sich der Kantonsrat an der März-Session einig: Es muss schneller gehen und der Kanton muss die Betroffenen besser und transparenter informieren.

Nachdem Finanzdirektor Reto Wyss am Montag nur am Rande darauf einging, gelobte er am Dienstag Besserung. Der Kommunikation räumt er nun eine hohe Priorität ein. Es seien auch bereits mehrere Massnahmen eingeleitet worden, um dem grossen Informationsbedürfnis der Unternehmen Rechnung zu tragen.

Nächste Woche bietet der Kanton Luzern beispielsweise sogenannte Webinare an, in denen Betroffene Informationen zum Verfahren erhalten und Fragen stellen können. Ebenso wurde die Website aktualisiert und erweitert.

9. Werden die Corona-Massnahmen gelockert?

Diese Frage beschäftigt derzeit wohl alle – auch die Luzerner Politiker. Allerdings fallen die Entscheide zu den nächsten Lockerungsschritten in Bundesbern. Der Bundesrat will bekanntlich diesen Freitag informieren, ob die epidemiologische Lage eine Öffnung zulässt.

In Luzern will man die Weichen dafür stellen. Konkret soll es beim Testen möglichst bald vorwärts gehen. Der Kantonsrat hat am Dienstag zwei Postulate dazu überwiesen:

10. Bald impfen die Hausärzte

Nebst dem Testen ist natürlich die Corona-Impfung ein zentrales Element, um Schritte Richtung Normalität zu gehen. Doch genau da stockt es bekanntlich. Weil der Impfstoff fehlt, musste der Fahrplan angepasst werden.

Sobald mehr Kontingente zur Verfügung stehen – voraussichtlich ab Mai – sollen auch die Hausärztinnen und Apotheken ihre Patienten impfen können.

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