Luzern: Parteiloser reicht ersten Vorstoss ein

Briefkastenfirma? Bonzanigo äussert Zweifel an Pilatusplatz-Investorin

Dieses Haus soll bald am Pilatusplatz entstehen. (Bild: zvg)

Eine kleine Firma aus Zug soll das neue Haus am Luzerner Pilatusplatz realisieren. Doch nun stellt Grossstadtrat Silvio Bonzanigo die Integrität des Unternehmens infrage. Dafür hat er eigene Recherchen angestellt. Die Stadt kontert.

Bald dürfte es losgehen am Luzerner Pilatusplatz. Wenn alles nach Plan läuft, soll bis 2025 ein neues Gebäude auf dem Areal des ehemaligen Gasthauses Schmitte entstehen. Gebaut wird es von Joos & Mathys Architekten. Bauherrin ist die Senda Immobilien AG mit Sitz in der Stadt Zug (zentralplus berichtete).

Das Stadtparlament muss dem Projekt noch zustimmen, die Diskussion wird voraussichtlich an der nächsten Sitzung am 22. Oktober erfolgen.

Dem neugewählten, parteilosen Grossstadtrat Silvio Bonzanigo ist dieser Fahrplan allerdings nicht genehm. Diesen Dienstag hat er eine dringliche Interpellation eingereicht, in der er dem Stadtrat mehrere kritische Fragen stellt. Konkret geht es um die Investorin Senda Immobilien AG, die Bonzanigo zumindest ansatzweise ominös erscheint.

Bonzanigo sieht Gefahr einer Briefkastenfirma

Zusammengefasst lautet seine Kritik folgendermassen: Die Firma hat bislang keine Immobilienprojekte realisiert und wurde erst Ende 2018 ins Handelsregister eingetragen. Ausserdem hat sie keinen offiziellen Internetauftritt und der Firmensitz befindet sich in einem Einfamilienhaus in einem Wohnquartier an den Hängen des Zugerbergs. Neben der im Handelsregister aufgeführten Adresse ist die Senda Immobilien auch in einem Mehrfamilienhaus unweit des offiziellen Firmensitzes ansässig.

Wie eine Recherche von zentralplus zeigt, treffen diese Ausführungen zu. An beiden Standorten sind neben der Senda Immobilien am gleichen Briefkasten noch weitere Firmen angeschrieben. Seine eigenen Überprüfungen hätten laut Bonzanigo weiter ergeben, dass die Firma weder per Telefon noch vor Ort erreichbar sei. «Mitarbeitende sind keine auszumachen. Zu Geschäftszeiten ist das Domizil nicht besetzt», führt Bonzanigo in der Interpellation aus.

Hat die Stadt genau genug hingeschaut?

Für den Neo-Grossstadtrat sind dies Hinweise, dass es sich bei der Senda Immobilien AG folglich um eine Briefkastenfirma handeln könnte. Denn ein fehlender Telefonbucheintrag, ein fehlender Internetauftritt, keine E-Mail-Adresse sowie eine Mehrfachbeschriftung von Briefkästen seien entsprechende Anzeichen. Auch letzteres erwies sich bei einem Augenschein vor Ort als zutreffend.

«Die Senda Immobilien AG wurde zur Teilnahme am Wettbewerb zugelassen, weil sie diese Prüfung bestanden hat.»

Dominic Church, Stadt Luzern

Der Parteilose spricht von «Charakteristika», die auf eine «unübliche Geschäftspraxis schliessen lassen». Vom Stadtrat will er daher wissen, ob ihm diese bekannt gewesen seien, als er das Projekt der Bietergemeinschaft LU TWO zum Sieger des Projektwettbewerbs erklärte. Ausserdem stellt er der Regierung die Frage, ob sie Hinweise dahingehend habe, dass das Unternehmen «keine eigentliche Geschäftstätigkeit entwickelt».

Grossstadtrat Silvio Bonzanigo. (Bild: zvg)

Stadt ortet keinerlei Probleme

Die städtische Baudirektion entkräftet Bonzanigos Vorwürfe auf Anfrage von zentralplus. «Um am Wettbewerb teilnehmen zu können, mussten alle Konsortien ihre fachliche und organisatorische Leistungsfähigkeit und ihre Bonität nachweisen sowie ein Finanzierungskonzept vorlegen und die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegen», schreibt Dominic Church, Projektleiter strategische Planung. Diese Nachweise seien im Rahmen der Vorprüfung von einem namhaften Luzerner Treuhandbüro unabhängig geprüft worden. «Die Senda Immobilien AG wurde zur Teilnahme am Wettbewerb zugelassen, weil sie diese Prüfung bestanden hat», so Church.

Da der Projektwettbewerb zudem anonym ablaufe, spielten Referenzobjekte keine Rolle. «Die Jury aus Architekten und anderen Experten hat das Bauprojekt zudem als äusserst sorgfältig und architektonisch ausgereift beurteilt. Nach Aufhebung der Anonymität hat sich herausgestellt, dass ein sehr leistungsfähiges Team von Investoren und Architekten dahintersteht», hält Church fest.

Ein Familienunternehmen

Für zentralplus war die betroffene Firma erreichbar. Dort reagierte man überrascht. Deshalb war bisher nur eine kurze Stellungnahme zu erhalten. Eine ausführliche wurde für Mittwoch angekündigt. «Bei der Senda Immobilien AG handelt es sich um ein Zuger Family Office, welches sich auf Anlagen im Raum Luzern, Zürich und Zug sowie angrenzende Gebiete fokussiert», schreibt Claudio Rubeli von der Inhaberfamilie und Geschäftsführer des Unternehmens.

Neben einer langfristigen wirtschaftlichen Rendite sei man ökologischen Werten verpflichtet und wolle mit den Investitionen einen nachhaltigen Mehrwert für alle Beteiligten wie Mieter, Anwohner, Gemeinden und Passanten erzielen. «Weiter sind ihr (der Firma) architektonische und städtebauliche Aspekte wichtig. Sie sucht ästhetisch ansprechende Objekte mit Charakter zu kaufen oder zu bauen und dabei gleichzeitig wirtschaftliche, ökologische und städteplanerische Aspekte zu berücksichtigen», so Rubeli.

Erfahrungen mit Investitionsprojekten

Gemäss Bericht und Antrag des Stadtrates an das Parlament ist die Senda Immobilien AG eine hundertprozentige Tochter der 2008 gegründeten Senda Investment AG. Aktionäre und Verwaltungsräte sind Christoph Rubeli und dessen Kinder. Christoph Rubeli war von 2013 bis 2018 Co-CEO der Partners Group mit Sitz in Baar. Unter anderem deshalb sei das Unternehmen eng mit der Zentralschweiz verbunden. Als Bauherrenvertretung amtet laut Claudio Rubeli derzeit Silvia Salvador von der «SC4S Partner GmbH» in Zürich.

Der Börsenwert der Partners Group, die sich auf sogenannte Privatmarktanlagen spezialisiert hat, wird heute auf rund 24 Milliarden Franken geschätzt. Rund ein Fünftel des Geldes für die Anlagen stammt von Pensionskassen. «Als Partner mit Verantwortung für Governance hat Rubeli die kontinuierliche Entwicklung und die Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards verantwortet und die Partners Group als ein Vorbild für Unternehmensverantwortung konsolidiert», umschreibt der Stadtrat die beruflichen Erfahrungen des Investors.

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