Haustierblog
Blog
Aus der Haustierpraxis

Bösartiger Tumor: Kater Gilbert bangt um sein Ohr

Vor der Operation blickt Gilbert erschöpft in die Welt. (Bild: zvg)

Gilbert ist ein siebenjähriger europäischer Kurzhaar-Kater mit einem schönen weissen, glänzenden Fell. Seine Katzentage verbringt er gerne draussen, wo er sich eine Verletzung zuzog. Anfangs heilte die Wunde sauber aus, doch schon bald gab es Komplikationen.

Die Sommertage verbringt Gilbert in seinem Revier, welches er täglich erkundet, ausdehnt, und manchmal brauchte er es auch zu verteidigen. Mitte Juli hat er sich dabei eine Verletzung am Ohr zugezogen. Zuerst heilte die Wunde perfekt und innert zehn Tagen sah man nichts mehr davon. Eine Woche später war beim Kater aber wieder eine Kruste sichtbar und es hat stark geblutet.

Gilbert hat sichtlich keine Freude daran, er hat sich etwas zurückgezogen und möchte nicht angefasst werden. Jetzt, einen Monat später, sehe ich Gilbert zum ersten Mal in meiner Praxis. Die Wunde heilt leider nicht ab. Zu Hause ist er manchmal etwas frech, wenn es um Berührung geht, beim Tierarzt zeigt er sich während der Untersuchung vorbildhaft. Die Kruste am Ohr ist mittlerweile wieder abgefallen und hat ein kleines Loch hinterlassen.

Wir müssen weiter abklären

Es gibt verschiedene mögliche Ursachen für solche chronischen Wunden. Schwere Verletzungen, bei welchen die Ohrmuschel beschädigt wird, heilen in der Regel nicht schön, anatomisch perfekt wie vorher, ab. Infektionen zwischen Ohrenhaut und Ohrenknorpel schätze ich als eher unwahrscheinlich ein, da es keinen Eiter gibt und diese Wunde auch relativ sauber aussieht. Leider könnte es auch ein Tumor sein.

Um dies weiter abzuklären, wird in Absprache mit Gilberts Besitzer entschieden, eine Ohrenspitzbiopsie zu nehmen. Diese Biopsie wird unter tiefer Sedierung und einer Lokalbetäubung gemacht. Dazu entferne ich ein Stückchen der Wunde inklusive einer Probe, die makroskopisch (mit meinen Augen) aussieht wie normales Gewebe. Gilbert darf am selben Vormittag wieder nach Hause und erholt sich sehr schnell und gut.

Der Befund: Ein bösartiger Tumor

Fünf Tage später ist der Befund da. Es handelt sich leider doch um einen Tumor, ein sogenanntes Plattenepithelzellkarzinom. Dieser bösartige Tumor, der sich in den Hautzellen entwickelt, befindet sich auf den äusseren Schichten der Haut und Schleimhäute. Dass dieser Tumor bösartig ist, bedeutet, dass er sich schnell ausbreiten und gesundes Gewebe schädigen kann. Plattenepithelzellkarzinome bei Katzen treten häufig im Mund- und Kopfbereich auf, können aber auch andere Stellen befallen. Bei weissen Katzen sind UV-Licht-bedingt die Ohrenspitzen öfters betroffen.

Wir führen bei Gilbert noch ein «Staging» durch, damit wir den Umfang und die Ausbreitung des Tumors beurteilen können. Lokale Lymphknoten und Lungen werden auf vorhandene Metastasen kontrolliert. Zum Glück für Gilbert sind diese frei und damit gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten. Ohrmuschelamputation, Chemotherapie und Strahlentherapie werden mit den Besitzern besprochen.

Amputation

Nach einer gründlichen Abwägung der Vor- und Nachteile entscheiden sich die Besitzer für eine partielle Ohrenamputation. Generell sollte die Entscheidung stets im besten Interesse und für das Tier getroffen werden, unter Berücksichtigung ethischer und tierärztlicher Grundsätze. Es ist wichtig, das Wohl des Tieres und seine Lebensqualität in den Mittelpunkt zu stellen.

Gilbert bekommt für diesen Eingriff eine kurze Vollnarkose inklusive Lokalbetäubung. Diese Kombination ermöglicht uns, die Dosis der Vollnarkose niedrig zu halten. Das Ohr wird ausrasiert und mit antiseptischer Seife gewaschen. Die Ohrenspitze wird mit 2,5 Zentimeter Abstand zur Tumorstelle amputiert. Durch diese Ränder stellen wir sicher, dass alle Tumorzellen entfernt sind. Kleine Blutungen werden mittels Elektrokoagulation gestillt und Gewebe wird in einem chirurgischen Verfahren mittels Strom zerstört. Die Haut wird so mit Einzelknopfnähten geschlossen.

Die Sonne wartet

Gilbert erholt sich gut von der Narkose und darf am selben Tag wieder nach Hause. Er bekommt noch zehn Tage lang ein Schmerzmittel und Entzündungshemmer, zudem Hausarrest. Bis jetzt hat Gilbert sehr gut verhalten und die Wunde in Ruhe gelassen. Wir gehen nach der Operation kein Risiko ein und er muss für zehn Tage einen Halskragen tragen, damit er die Fäden sicher nicht herausreisst. Eine Kontrolle der Wunde erfolgt nach 5 Tagen, nach 14 Tagen ziehen wir die Fäden. Die Wunde heilt gut ab und Gilbert darf wieder wie vorher sein Revier geniessen, nun allerdings jeweils mit Sonnenschutz auf beiden Ohren!

Haustierblog
Blog
Im Haustierblog schreiben Tierärzte über spannende medizinische Fälle, tierische Patienten und ihren Alltag in der Tierarztpraxis.
Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon