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Versteckte Fieslinge wandern im Körper

Fremdkörper – eine Plage für Hunde

Verletzungen durch Fremdkörper bei Hunden dürfen nicht unterschätzt werden. (Bild: Adobe Stock)

Unentdeckte pflanzliche Übeltäter wie Grasgrannen und kleine Holzstücke können für die geliebten Vierbeiner zu regelrechten Plagegeistern werden. Vor allem, wenn sie weit weg von der Eintrittstelle wandern. Tierärztin Silvie Gsell-Tanner erzählt die Geschichten von Sam, einem Samojede-Rüden, und Tabby, einer Labradoodle-Seniorin.

Sam, ein zweijähriger Samojede-Rüde, durfte kürzlich ausgiebig mit einem anderen Hund herumtollen und durchs hohe Gras flitzen. Nun hinkt Sam wiederholt etwas und leckt sich seine Pfoten. Die Besitzer konnten keine Verletzung entdecken, auch Schonen, verkürzte Gassirunden und striktes Leinenlaufen hatten keine anhaltende Besserung gebracht. Im Gegenteil, Sam leckt sich zunehmend intensiver die Pfoten.

Als uns Sam in diesem Zusammenhang erstmals in der Praxis vorgestellt wurde, zeigt er eine leichte, abwechselnd auftretende Lahmheit. Beide Vorderpfoten und die linke Hinterpfote waren auf der Unterseite zwischen den Zehen gerötet und feucht, an der rechten Vorderpfote hatte er zudem auf der Pfotenoberseite eine kleine haarlose, nässende Hautveränderung mit Krüstchen.

Eine Granne quälte Sam

Nach Ausscheren und Ablösen der Kruste liess sich blutig-trübes Sekret aus der Wunde pressen. Wir explorierten und spülten die Wunde soweit möglich mit einer Knopfkanüle und fanden in der rechten Vorderpfote tatsächlich eine Grasgranne. An den anderen Pfoten konnten wir nur Hautentzündungen infolge intensiven Leckens und eine weitere kleine schmerzhafte Schwellung feststellen, die aber nichts zutage brachte. Sam durfte mit täglich lokaler Desinfektion, Entzündungshemmer und einem Antibiotikum nach Hause.

Eine Woche später erschien der Patient zur Kontrolle. Sam lief nun wieder ohne Lahmheit, und auch die Entzündungen und Wunden schienen in Abheilung. Wir setzten das Antibiotikum ab und therapierten nur noch ein paar Tage lokal. Doch zwei Wochen später kam Sam erneut zur tierärztlichen Untersuchung, denn jetzt hatte er eine neue wunde Stelle hinten links, weiter oben am Bein. 

Wie eine Nadel im Heuhaufen

Nach dem Ausscheren war wieder eine entzündliche Schwellung zu erkennen, welche bei Druck seiferte. Grosszügiges Spülen, Explorieren und Ausmassieren brachten auch hier eine beeindruckende, etwa eineinhalb Zentimeter grosse Granne zutage. Diese hatte sich doch tatsächlich von der Pfotenunterseite, unter der Haut zwischen Sehnen und Muskeln, einen etwa knapp zehn Zentimeter langen Weg bis über das Fussgelenk heraufgearbeitet!

Die Pfeilform der Granne sowie kleinste Widerhäkchen führen dazu, dass solche Pflanzenpartikel im Gewebe erstaunliche Distanzen zurücklegen. Die Suche nach dem Übeltäter erfordert oft mehrere Anläufe.

Tabby, die Labradoodle-Hündin

Tabby ist eine zehnjährige Labradoodle-Hündin. Sie ist eine üblicherweise aufgestellte und aktive Seniorin, nur seit gut einem Tag war sie etwas schlapp, speichelte und schmatzte vermehrt. Der Besitzer hatte bereits versucht, der Hündin ins Maul zu schauen, doch Tabby wehrte sich. Typisch Labrador hatte sie noch mit einigermassen gutem Appetit morgens gefressen.

Auch bei uns in der Praxis wirkte Tabby ruhiger als normal und zeigte rechts an der Schnauze Speichelspuren, zudem eine leichte Schwellung und vergrösserte Lymphknoten im Bereich des rechten Kieferwinkels. Eine ordentliche Untersuchung der Maulhöhle war nicht möglich, Manipulationen schienen Tabby zu schmerzen. Also durfte Tabby mit Schmerzmittel und Entzündungshemmer nach Hause. Verbunden mit der Bitte, am nächsten Morgen erneut, diesmal jedoch ohne gefressen zu haben und somit nüchtern, zur weiteren Diagnostik zu erscheinen.

Ein Holzstückchen sorgte für Schmerzen

Die Hündin wurde tags darauf in tiefer Sedation erneut untersucht – und siehe da: Beim weiten Aufsperren des Maules wurde im rechten Kieferwinkel eine wulstige, leicht blutende Wunde sichtbar, in welcher sich der Übeltäter, nämlich ein knapp drei Zentimeter grosses Holzstückchen, versteckte! Der Fremdkörper wurde mithilfe einer chirurgischen Klemme gefasst und entfernt – was für einen kurzen Moment ein kleines Blutbad nach sich zog.

Die Wunde musste also erst tamponiert und später dann noch sorgfältig gespült und desinfiziert werden. Bereits eine halbe Stunde später war Tabby wieder munter und fidel, und sicherlich freute sie sich ganz «Labi-like» schon wieder auf ihre nächste (schmerzfreie!) Schlemmermahlzeit.

Am Ende haben sich beide Hunde nach Entfernen der «pflanzlichen Fieslinge» innerhalb von kürzester Zeit prima erholt!

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Im Haustierblog schreiben Tierärzte über spannende medizinische Fälle, tierische Patienten und ihren Alltag in der Tierarztpraxis.
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