Um Pendlerflut zu reduzieren

Zug soll Unternehmen das Homeoffice schmackhaft machen

Total überlastet im Pendlerverkehr: Bis zu 3’000 Autos pro Stunde drehen sich in Rotkreuz morgens zu Spitzenzeiten im Forren-Kreisel.

(Bild: woz)

Die Zuger Regierung soll Massnahmen ausarbeiten, um Zuger Unternehmen bei der Förderung des Homeoffice zu unterstützen. Damit könne nicht nur die aktuelle Pandemie besser bewältigt, sondern auch eines der grössten Verkehrsprobleme des Kantons angegangen werden.

Das Homeoffice kommt wieder. Die zunehmenden Corona-Fallzahlen legen nahe, dass das Thema in den Unternehmen wieder an Gewicht gewinnt.

Die beiden Zuger Kantonsräte Luzian Franzini und Andreas Lustenberger (beide ALG) fordern die Zuger Regierung deshalb auf, den Unternehmen das Arbeiten von zu Hause schmackhaft zu machen. Die Corona-Krise steht dabei zwar nicht im Fokus, befeuert aber die aktuelle Diskussion.

Pendler strömen nach Zug

In Ihrem Postulat argumentieren die Kantonsräte, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt – und damit auch die zunehmende Ortsunabhängigkeit von Arbeitnehmenden – «riesige Chancen» mit sich bringe. Eine davon: eine wesentliche Reduktion des Verkehrsaufkommens in und um Zug.

Die Postulanten verweisen diesbezüglich auf die Zahlen zu den Pendlerströmen. Tatsache ist, dass massiv mehr Menschen täglich von den umliegenden Kantonen nach Zug pendeln, als Zuger, die in andere Kantone zur Arbeit fahren: Im Schnitt pendelten in den Jahren 2016 bis 2018 39’400 Personen ab 15 Jahren in den Kanton Zug. 19’900 verliessen ihn, um in einem anderen Kanton zu arbeiten oder wegen ihrer Ausbildung.

Das bedeutet einen positiven Pendlersaldo von fast 20’000 Pendlern. Woher sie kommen und wohin es Zuger zieht, wird in der Grafik ersichtlich:

Infrastruktur zunehmend belastet

Franzini und Lustenberger sehen in diesen Zahlen ein grundlegendes Problem des Zuger Verkehrs. Gerade im Pendlerkanton Zug belaste das hohe Mobilitätsaufkommen in zunehmendem Masse die lokale Infrastruktur.

Dieses Problem hat sich in den vergangenen 30 Jahren stetig verschärft, wie die Entwicklung der Pendlerströme zeigt:

Blick vor die eigene Haustüre

«Wenn diese ausserkantonalen Pendler nur drei- statt fünfmal in der Woche nach Zug reisen müssten, hätte das schon einen gewaltigen Effekt», ist Luzian Franzini überzeugt. Die Klimakrise und die zunehmende Digitalisierung dränge die Frage nach der Notwendigkeit von Büropräsenzzeiten unweigerlich auf, so Franzini.

Die Regierung soll aber auch bei den Pendlerströmen innerhalb des Kantons ansetzen. «Mögliche Unterstützungsmassnahmen können beispielsweise das Erstellen von öffentlichen Co-Working-Spaces in den Quartieren und Gemeinden sein», sagt Franzini. «Hierfür müsste der Kanton natürlich auf die Gemeinden zugehen – dort passiert übrigens bereits Spannendes.»

Franzini verweist  auf die Bürgergemeinde Unterägeri, die sich mit den Einwohnergemeinden Ober- und Unterägeri zusammengetan hat und die Idee eines Büronetzwerkes entwickelt hat. Das Thema Co-Working-Spaces fliesst nun gar in die laufende Ortsplanungsrevision der beiden Ägeritalgemeinden ein, wie die «Zuger Zeitung» berichtete.

Beratungsstelle für Arbeitnehmer

Die beiden Kantonsräte sind sich aber auch bewusst, dass das Homeoffice-Modell nicht ohne eigene Gefahren kommt. «Der erste Lockdown hat gezeigt, dass psychische Gesundheit im Homeoffice ein ernstzunehmendes Thema ist», sagt Franzini. Dies insbesondere auch mit Blick auf die dunkeln Wintertage, die auf uns zukommen.

Hinzu kommen auch arbeitsrechtliche Fragen, etwa betreffend Abgeltungen und Arbeitszeiten. «Wir wollen mit unserem Postulat eine grundlegende Debatte zum Thema Homeoffice anregen. Wir sind nicht daran interessiert, das Modell unkritisch als Universallösung anzupreisen.»

«Wir sind nicht daran interessiert, das Modell unkritisch als Universallösung anzupreisen.»

Luzian Franzini, Kantonsrat ALG

Entsprechend fordert das Postulat die Regierung auch dazu auf, sich Gedanken zu möglichem Beratungsangeboten in Sachen psychischer Gesundheit und Arbeitsrecht zu machen. «Das könnte beispielsweise eine Beratungsstelle sein», führt Franzini aus.

Hilfestellung für KMUs

Die in Zug angesiedelten internationalen Grossunternehmen hätten die nötigen Ressourcen und Strategien, um intern solche Angebote zu bieten. «Bei vielen Zuger KMUs ist das aber nicht der Fall», so Franzini. «Sowohl für Unternehmen wie auch für betroffene Arbeitnehmer wäre eine Anlaufstelle ein echter Mehrwert.»

Ob die Zuger Regierung den Ball aufnimmt, ist noch unklar. Die Beantwortung des Postulates steht derzeit noch aus.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von CScherrer
    CScherrer, 22.10.2020, 12:57 Uhr

    Arbeitgeber fürchten sich doch nur vor dem «Home Office», weil ihnen so die Kontrolle der Präsenz entzogen wird. Wobei man vermutlich fairer weise erwähnten sollte, dass es sich dabei ausschliesslich um HR-Leute handelt. Arbeitgeber sollten vermehrt darauf einwirken, dass die Vorgesetzten wieder führen. Das HR ist ein Dienstleister innerhalb des Unternehmens und kein Führungsinstrument. Dann kommt es auch mit dem «Home Office» gut, wenn man die Mitarbeitenden als mündige erwachsene Bürger behandelt und ihnen nicht mit Argwohn begegnet. Der verschwindend kleine Teil, der «Home Office» ausnutzt ist dann auch für einen Arbeitgeber erträglich resp. schnell entlarvt, sofern der direkte Vorgesetzte führen kann! Die Kaderleute befähigen!

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