Luzerner Orden plant Wohnungen

Warum dieses Kloster sein Geld in Immobilien steckt

Sie führen das Kloster in die Zukunft: Stiftungsratspräsidentin Verena Zellweger (rechts), die Oberste Schwester Maria Raphael, und Vizepräsident Peter Bischof. (Bild: kok)

Klöster sind vom Aussterben bedroht. Die Frage ist: Wie lassen sich die Orte weiterführen? Ein Frauenorden aus Luzern setzt dafür auf Immobilien.

Auf einem Grundstück, wie aus einem Märchen, mit Weinreben, am Ende einer geschlungenen Strasse, liegt ein stadtbekanntes Kloster. Dort leben Kapuzinerinnen und 15 geflüchtete Frauen aus der Ukraine. Lange war der Ort für die Aussenwelt verschlossen, heute lädt das Kloster St. Anna auf den Gerlisberg, zum Beispiel zur Blumenausstellung. 

Dieser Ort der Ruhe, hoch über dem Vierwaldstättersee in Luzern, gehört zu einer aussterbenden Art. Seit dem Tod der Ältesten letzten Monat kommen nur noch vier Gerlisberger Schwestern und fünf Schwestern aus Tochterklöstern in Tansania zum Morgengebet in den inneren Chor. Auf kurz oder lang wird der hölzerne Saal leer bleiben.

Neue Nutzung für das Kloster in Luzern wird gesucht

«Dieser Ort verändert sich und wird irgendwann kein Kloster mehr sein», meint Peter Bischof, Vizepräsident der kirchlichen Stiftung, die sich um das Wohl der Schwestern und den Erhalt der Anlage kümmert. Vor 120 Jahren zogen die Schwestern aus dem Bruchquartier auf den Gerlisberg. Wie das Kloster mit seinen über 50 Zimmern genutzt wird, wenn sie irgendwann weg sind, ist unklar.

Das Kapuzinerinnen-Kloster St. Anna ist von der ganzen Stadt Luzern zu sehen. (Bild: Joachim Kohler, Wikimedia Commons)
Der innere Chor ist für die Öffentlichkeit Tabu: Hier beten die Schwestern. (Bild: kok)
Der Speiseraum der Schwestern. (Bild: kok)

Ein Café, Instrumentenbau, eine Kindertagesstätte: Vieles sei künftig denkbar. Eines aber Pflicht: «Wir möchten die franziskanische Spiritualität in die heutige Zeit transformieren», sagt Bischof. Die neue Nutzung müsse den Werten Bescheidenheit, Nachhaltigkeit und Sozialität entsprechen. Denn die Kapuzinerinnen sind ein franziskanischer Bettelorden.

Auch die Luzerner sollen vom nächsten Kapitel des Klosters profitieren. Eine «Teilöffnung» und Weiterführung der Anlage ist geplant. Doch leichter gesagt als getan: Denn zig Hektar Land und mehrere Gebäude kosten. Wie viel genau, will die Stiftung nicht sagen. Klar ist nur, dass die Einnahmen des Klosters sinken.

Noch reichen die Einnahmen – doch sie nehmen ab

«Ein gewisses Vermögen haben die Schwestern, davon wird der Unterhalt gezahlt», erklärt Verena Zellweger, die Präsidentin der Stiftung. Zusätzlich vermietet das Kloster eine Handvoll Wohnungen auf dem Gelände, verpachtet Land an einen Winzer und einen Biobauern, erhält Spenden und betreibt eine Hostienbäckerei. «Noch haben wir den Betrieb finanziell im Griff, wir müssen aber in die Zukunft schauen.»

Denn nicht nur das Vermögen schrumpft und die Spendenwilligkeit junger Menschen. Auch die Tage der Hostienbäckerei sind angezählt. «Die Nachfrage nach Hostien nimmt ab», erzählt die oberste Schwester Maria Raphael bei einem Rundgang. Und damit sinken die Einnahmen der Kloster-Bäckerei, in der heute sechs Tage die Woche Oblaten entstehen.

Die Hostien werden in die ganze Schweiz verkauft. (Bild: Kloster St. Anna)

Um das ikonische Kloster in die Zukunft zu führen, hat sich der achtköpfige ehrenamtliche Stiftungsrat Gedanken gemacht. Und einen «Transformationsprozess gestartet, um ein sinnvolles Nachnutzungskonzept zu entwickeln», erklärt Peter Bischof. Die Stiftungspräsidentin ergänzt: «Diese Pläne dürfen aber keine Fantasien sein, wir müssen sie auch finanzieren.» Daher setzt die Stiftung nun auf Immobilien.

Stiftung plant 27 Wohnungen im «mittleren Preissegment»

Die Stiftung plant, auf dem Klostergelände St. Anna Gerlisberg mehrere Neubauten zu errichten. In vier bis fünf Häusern sollen im unteren Teil der Gerlisbergstrasse 20 bis 27 Wohnungen entstehen. Dort gibt es bereits eingezontes Bauland. 16 bis 18 Millionen Franken will das Kloster investieren – als Sicherheit für die Hypotheken dient der Landwert.

Im Gestaltungsplan, der kürzlich bei der Stadt Luzern öffentlich auflag, sieht man das Bauland. Es befindet sich neben luxuriösen Wohnbauten, am Rande eines kleinen Waldes. «Wir bauen dort keine Villen», versichert Bischof, «aber auch keinen sozialen Wohnungsbau.»

Die Parzelle befindet sich auf Bauland. (Bild: zvg)
Das Stück Land wird heute nicht genutzt. (Bild: kok)

Eine 4-Zimmer-Wohnung soll etwa 100 Quadratmeter haben und im «mittleren Preissegment liegen». Ausserdem sollen die Gebäude nach den «neusten ökologischen und klimagesetzlichen Bestimmungen» errichtet werden, betont die Stiftung. Die Einheiten will sie hauptsächlich im Baurecht verkaufen, teils auch vermieten.

Die Investition soll die Zukunft des Klosters in Luzern sichern

Das Land einem Investor abzutreten, sei keine Option gewesen, so Bischof. Ziel sei es, mit dem Gewinn die Klosterfrauen und die Anlage «nachhaltig» zu finanzieren. Bedeutet: Die künftigen Einnahmen sollen die laufenden Kosten des Klosters und seiner neuen Nutzung decken. Weitere Bauten sind nicht geplant, da das übrige Klostergebiet in der Landwirtschaftszone liegt.

Als Nächstes werden fünf Planerteams an der Ausarbeitung von Ideen arbeiten. Im Herbst wird eine Jury unter Einsitz der Stadt Luzern die Eingaben bewerten und dem Stiftungsrat eine Idee vorlegen. Schon vier bis fünf Jahre später können die ersten Bewohner unterhalb des Klosters in Luzern einziehen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Frau Mutter Sr. Maria Raphael
  • Gespräch mit Verena Zellweger, Präsidentin kirchliche Stiftung Kloster St. Anna Gerlisberg
  • Gespräch mit Peter Bischof, Vizepräsident
  • Website der Stiftung Kloster St. Anna Gerlisberg
  • öffentliche Auflage des Bebauungsplans bei der Stadt Luzern
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