Abstimmung zum Spinni-Areal

Baar: Das ist für die Spinnerei an der Lorze geplant

Patrimonium-CEO Christoph Syz (links) und die Baarer Gemeinderäte Zari Dzaferi (mitte) und Walter Lipp sind vom Spinnerei-Projekt sichtlich begeistert. (Bild: zvg)

Die Baarer Bevölkerung stimmt demnächst über einen Bebauungsplan rund um die altehrwürdige Spinnerei an der Lorze ab. Die Gemeinde und die Patrimonium Asset Management AG haben Grosses vor.

Die Baarer werden am 26. November an die Urne gebeten. Bei der Abstimmung geht es um ein Areal, das die Gemeinde massgeblich geprägt hat: die Spinnerei an der Lorze. 1853 gebaut, ist vom denkmalgeschützten Gebäude heute erst auf den zweiten Blick etwas zu sehen. Denn der mehr als 200 Meter lange Bau wird von zwei nicht sonderlich hübschen Fabrikhallen aus den Achtzigern verdeckt. Zwar können Passanten die Spinnerei von der Rückseite her betrachten. Doch der riesige Parkplatz ist wenig attraktiv.

Die heutige Eigentümerin, die Patrimonium Asset Management AG, will darum gut 200 Millionen Franken in die Hand nehmen und aus dem Areal ein durchmischtes, lebendiges Quartier machen (zentralplus berichtete). Statt nur darauf zu arbeiten, sollen die Baarer dort künftig auch wohnen. Insgesamt 370 Wohnungen sind geplant, wovon etwa 70 Alterswohnungen und weitere rund 70 preisgünstige Wohnungen werden sollen.

Das haben die Eigentümer mit dem Areal konkret vor

Als Urs Oechslin, Architekt der Lilin Architekten SIA GmbH, Journalisten am Samstag um das Areal führt, fällt immer wieder das Wort «Aufwertung». Denn ihr Siegerprojekt will aus dem Arbeitsareal ein urbanes, grünes Quartier machen: Parkplätze verschwinden unter die Erde, die unattraktiven Werkhallen werden abgerissen, statt heute zwei säumen künftig 181 Bäume das Quartier.

Für einen Überblick zu den Plänen kannst du dich durch die interaktiven Grafiken klicken. Mit Klick auf ein «Bölleli» ploppt eine Erklärung für den Standort auf.

Hier siehst du, was die Architekten und die Eigentümerin mit den Gebäuden an der Langgasse vorhaben:

Hier siehst du, was die Architekten und die Eigentümerin auf dem Areal nahe der Haldenstrasse vorhaben:

Hier siehst du, was die Architekten und die Eigentümerin auf dem heutigen Parkplatz hinter der Spinnerei planen:

Worüber stimmen die Baarer ab?

Die Baarer stimmen am 26. November über den Bebauungsplan und eine Teilrevision der Bauordnung und des Zonenplans ab. Im Bebauungsplan macht die Gemeinde der Eigentümerin Patrimonium Asset Management AG Vorschriften, dass sie das Areal nach dem entwickelten Richtprojekt zu bauen hat. Darin bestimmt die Gemeinde beispielsweise auch den Mindestanteil an preisgünstigem Wohnraum oder wie viele Parkplätze auf dem Areal gebaut werden dürfen.

Die Revision der Bauordnung und des Zonenplans ist notwendig, da das gesamte Spinnerei-Areal heute eine Arbeitszone ist. Durch die Abstimmung soll das Areal stattdessen einer eigens dafür erstellten Bauzone zugewiesen werden. In dieser steht beispielsweise, dass der Wohn- und Gewerbeanteil des Areals mindestens je 40 Prozent betragen muss.

Wer ist für den Bebauungsplan?

Fast alle grossen Parteien – ALG, SP, Mitte, FDP und GLP – setzen sich mit dem einen oder anderen kleinen Kritikpunkt für den Bebauungsplan ein. So mahnt die FDP etwa in ihrer Abstimmungsempfehlung, dass das neue Quartier Auswirkungen auf den Baarer Verkehr und die Schulraumplanung haben wird. Die Gemeinde und Eigentümerin sollen diese Themen darum proaktiv berücksichtigen und anpacken.

Der Lageplan des Projekts: 1: das Spinnerei-Gebäude mit Durchgang. 2: Verwaltungsgebäude. 3: die Ensembles an der Langgasse. 4: Hier sind Wohnungen und Läden geplant. 5: Hier entsteht preisgünstiger Wohnraum. 6: der Henggelerplatz. 7: der Quartierplatz. 8: Viel Grün säumt die Bauten. 9: das Wohnhaus «Villa». (Bild: lilin architekten)

Die SP und ALG freuen sich zwar über die neu entstehenden Wohnungen, hätten sich aber deutlich mehr gewünscht. Vor allem preisgünstige Wohnungen: Während der Auflage des Bebauungsplans reichte die SP Baar eine Einwendung ein, in der sie unter anderem mehr preisgünstigen Wohnraum verlangte. Daraufhin haben die Grundeigentümer den Anteil um 400 Quadratmeter erhöht.

Wer kritisiert die Pläne und weshalb?

Gegen den Bebauungsplan stellt sich die Baarer SVP und einige Nachbarn. Die SVP bezeichnet das Spinnerei-Projekt als «masslos» und empfindet es als unnötigen Wachstumstreiber. Ihrer Meinung nach stossen die Baarer Schulen, Strassen und Kitas bereits heute an ihre Grenzen. Weiter befürchtet sie «massiven Mehrverkehr» auf der Langgasse und im Baarer Dorfzentrum. Gleichzeitig kritisiert sie die Zahl der Parkplätze. Diese sei mit 495 «viel zu tief». So würden Besucher des Quartiers einfach auf angrenzende Gebiete ausweichen. Gerade Baarer, die sich am Wochenende im Lorzentobel erholen möchten, würden so einfach illegal parkieren, befürchtet die SVP.

Auch einige Nachbarn sind mit dem Projekt nicht zufrieden. So kritisiert etwa ein Paar an der Haldenstrasse, dass die unmittelbaren Nachbarn während der Bauphase starkem Lärm ausgesetzt seien. Weiter befürchtet es, dass die neuen Nachbarn ebenfalls zur Erholung in den Wald strömen und so den bereits heute hohen Nutzungsdruck weiter erhöhen würden.

Ein weiterer Einwender moniert, dass die Gebäude insgesamt zu nahe aneinander gebaut und so kaum Tageslicht erhalten würden. Auch seien die Gebäude zu nahe an der Lorze gebaut. Weitere Einwender zitieren wiederum den Denkmalschutz. So begrüsst ein Baarer beispielsweise, dass die Werkhallen abgerissen würden. Doch wenn nun die Spinnerei endlich wieder sichtbar werde, solle nicht drumherum wieder Neues gebaut werden.

Wie geht es weiter?

Stimmen die Baarer dem Vorhaben November zu, erarbeiten die Architekten und Eigentümerin das konkrete Bauprojekt. Das Areal soll in zwei Etappen gebaut werden. Zuerst starten die Grundeigentümer mit dem Areal Süd, wo heute die Parkplätze sind. So soll sichergestellt werden, dass die heutigen Mieter der Fabrikhallen an der Langgasse noch bis zum Vertragsende darin geschäften können.

Für das Areal Süd soll das Baugesuch voraussichtlich gegen Mitte 2025 aufliegen. Gut ein Jahr später, im Herbst 2026, sollen die Bagger auffahren. Nach Plan würden die ersten Mieterinnen im Sommer 2028 einziehen können. Die Wohnungen sind begehrt – gemäss der Eigentümerin haben sie bereits mehr als 50 Anfragen erhalten.

Im nördlichen Areal starten die Bauarbeiten voraussichtlich Anfang 2029, wenn die letzten Mietverträge auslaufen. Die dort geplanten Gebäude sollten dann im Herbst 2030 bezugsbereit sein.

Hinweis: In der ursprünglichen Fassung stand, auch die Gemeinde arbeite am konkreten Bauprojekt. Das ist jedoch nicht der Fall.

Verwendete Quellen
  • Medienrundgang mit den Architekten der Lilin Architekten SIA GmbH, Vertretern der Patrimonium Asset Management AG, dem Baarer Bauvorsteher Zari Dzaferi (SP) und Gemeindepräsidenten Walter Lipp (Mitte)
  • Website zum Spinnerei-Areal
  • Baarer Abstimmungsunterlagen
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Hans Stebel
    Hans Stebel, 05.11.2023, 19:50 Uhr

    Parkplatz ist doch ok. Dieser wird hier dringend gebraucht. Mehr Wohnungen heisst mehr Leute, das brauchen wir im Kanton Zug und insbesondere in Baar nun wirklich nicht. Es gibt jetzt schon viel zu viele.

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  • Profilfoto von Grande Loggia
    Grande Loggia, 05.11.2023, 11:08 Uhr

    Hier wir Mehrwert geschaffen. Da wird für alle Beteilgten etwas abfallen. Schön sieht es nicht gerade aus, darum passt es zu Baar.

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  • Profilfoto von Hutter
    Hutter, 05.11.2023, 10:52 Uhr

    Das Projekt wird von den Parteien Mitte Baar, FDP, SP, Alternative die Grünen Zug und GLP unterstützt.

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  • Profilfoto von Jörg
    Jörg, 05.11.2023, 06:33 Uhr

    Total überrissen

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    • Profilfoto von Hutter
      Hutter, 05.11.2023, 10:55 Uhr

      Das Projekt kann nur in diesem Umfang und Form umgesetzt werden, die in Zusammenarbeit mit Gemeinde und Kanton ausgearbeitet worden sind. Ansonsten bleibt das Areal wie es ist: Asphaltparkplatz und Blechhallen.

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