Zuger Car-Sharing-Firma zur Corona-Krise

Mobility-Sprecher: «Wir wurden regelrecht überrannt von Anfragen»

Gemäss Mobility-Sprecher Patrick Eigenmann dürfte es auch für dieses Unternehmen kein gutes Jahr werden. (Bild: Mobility Genossenschaft)

«Stay Home» machte dem Vermieter der roten Autos zu schaffen. Während des Lockdowns wurden nur noch die Hälfte der Fahrzeuge benutzt. Dafür sind die neuen Langzeitvermietungen ein echter Renner.

Eine Schweizer Selbstverständlichkeit ist der Bevölkerung in den letzten Monaten abhanden gekommen. Dass man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sicher von A nach B gelangt. Dringend riet der Bundesrat der Bevölkerung ab, Bus und Zug zu fahren.

Man könnte meinen, dass dieser Umstand Autovermietern wie Mobility in die Karten gespielt habe. So rosig sieht es bei der Rotkreuzer Firma jedoch nicht aus, wie Mobility-Sprecher Patrick Eigenmann im Interview erklärt.

zentralplus: Herr Eigenmann, was ist bei Mobility in den letzten drei Monaten passiert?

Patrick Eigenmann: Während der Zeit des Lockdowns mussten wir einen deutlichen Rückgang von 35 bis 50 Prozent verzeichnen. Natürlich haben einzelne Leute Mobility häufiger genutzt, insbesondere jene, die aufgrund ihrer Arbeitssituation nicht zu Hause bleiben konnten. Dies konnte jedoch nicht aufwiegen, dass alle anderen eben daheim geblieben sind. Im Mai hat sich die Situation bei uns jedoch deutlich zu verbessern begonnen.

zentralplus: Das heisst?

Eigenmann: Herr und Frau Schweizer fahren wieder Mobility. Noch können wir den Aufschwung nicht mit einer genauen Zahl ausdrücken, aber die Buchungszahlen stiegen im Mai laufend. Das bezieht sich auf Privatkunden. Unser Problem: Einen Viertel unseres Umsatzes generieren wir mit Firmen, die bei uns Autos mieten. Viele machen bis jetzt Homeoffice. Man fährt noch nicht mit dem Auto an eine externe Sitzung. Während wir bei Privatkunden also optimistisch sind, werden wir die fehlenden Fahrten von Firmenkunden noch länger spüren.

«Beim neuen Angebot handelte es sich um einen Solidaritätsbeitrag, mit dem wir keinen Gewinn gemacht haben.»

Patrick Eigenmann, Mobility-Sprecher

zentralplus: Im April hat Mobility angefangen, Monatsmieten zu Selbstkostenpreisen anzubieten. Fand dieses Modell bei den Kunden Anklang?

Eigenmann: Wir wurden regelrecht überrannt von Anfragen, was uns überraschte. Organisationen und Privatpersonen, die im Gesundheitswesen tätig sind, liessen wir bei der Vermietung den Vorrang. Insgesamt waren es 400 Autos, die wir monatsweise vergaben. Dazu ist jedoch zu sagen, dass es sich bei diesem Angebot um einen Solidaritätsbeitrag handelte, mit dem wir keinen Gewinn gemacht haben. Dennoch haben wir daraus gelernt.

zentralplus: Und zwar?

Eigenmann: Dass es allenfalls eine Möglichkeit wäre, Fahrzeuge zur Langzeitnutzung zu vermieten, etwa wochen- oder monatsweise. Derzeit analysieren wir, ob das ein Modell sein könnte, das für uns Zukunft hat.

«Es ist kein PR-Satz, wenn ich sage, dass es uns wirklich gelungen ist, schnell und gut zu reagieren.»

Patrick Eigenmann, Medienverantwortlicher Mobility

zentralplus: Dann mischen sie plötzlich in einem Geschäft mit, in welchem Firmen wie etwa Hertz oder AVIS etabliert ist. Klingt nach starker Konkurrenz.

Eigenmann: Das stimmt, es wäre eine andere Art von Konkurrenz. Doch wird das nicht zu unserem Hauptgeschäft werden. Wir sind einfach daran interessiert, dass man verschiedene Möglichkeiten zur Automiete hat, wenn man sich bei Mobility anmeldet.

zentralplus: Was war für Mobility die grösste Schwierigkeit in den vergangenen Monaten?

Eigenmann: Die Unvorhersehbarkeit der Situation und die Schnelligkeit, mit der wir reagieren mussten. Es ist kein PR-Satz, wenn ich sage, dass es uns wirklich gut gelungen ist. Wir stampften ein neues Angebot aus dem Boden, wofür wir im Normalfall eine viel längere Vorlaufszeit bräuchten. Zudem war es herausfordernd, dass wir uns im Aussendienst reorganisieren mussten. Wir haben den Reinigungsrhythmus der Autos erhöht und beschafften wirksamere Desinfektionsmittel. Alles musste sehr schnell gehen.

zentralplus: Ein Solidaritätsangebot, an dem Mobility nichts verdient, ausserdem zeitweise Umsatzeinbussen von 50 Prozent. Es dürfte also auch für Sie kein rosiges Jahr werden.

Eigenmann: Wir gehen dieses Jahr von Verlusten aus. Diese können wir jedoch auffangen, da wir die nötigen Reserven haben. Entsprechend sind auch keine Arbeitsplätze gefährdet. Und die Verluste werden auch nicht auf den Kunden in Form höherer Preise abgewälzt. So viel jedenfalls zum heutigen Stand und in der Hoffnung, dass sich die Situation rund um Corona weiter entschärft.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hermann Kiener
    Hermann Kiener, 29.05.2020, 14:51 Uhr

    Gerne hoffe ich, dass Mobility die Möglichkeit der Monatsmiete jeweils von April bis Oktober anbietet. Es braucht unbedingt Konkurrenz zu den gewerbsmässigen Anbietern.

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