Schuhhaus Gretener in Cham schliesst bald

Handel ist Wandel – wie sich ein Traditionsgeschäft neu aufstellt

Guido Gretener, Inhaber und Geschäftsführer des gleichnamigen Schuhhauses. (Bild: mam)

Der Strukturwandel durch den Onlinehandel ist für den lokalen Detailhandel eine grosse Herausforderung. Das Schuhhaus Gretener schliesst sein Geschäft in Cham, in der Stadt Zug gehts aber weiter. Erfolg soll die Kundenbindung bringen. Doch der Inhaber verfolgt auch die Entwicklungen in Zug kritisch.

Seit Monaten leuchten grelle Plakate mit der Aufschrift «Total-Ausverkauf» vom Eckhaus am Chamer Kirchenplatz. Eines der traditionsreichsten Geschäfte in Cham steht in Liquidation. Das Schuhaus Gretener ist 112 Jahre im Geschäft und hat mit seiner reichen Geschichte sogar eine eigene Seite im historischen Ortslexikon Chamapedia erhalten.

«Vor einigen Jahren gabs hier am Platze noch eine Geschäftsstelle der Zuger Kantonalbank», sagt Inhaber Guido Gretener, «und vis-à-vis eine Coop-Filiale.»

Wunsch und Wirklichkeit

Doch der Detailhandel tut sich schwer im Zentrum der Ennetseegemeinde. Während die Einwohner der Gemeinde in Workshops von einer verkehrsbefreiten Luzernerstrasse mit belebten Ladenzeilen träumen (zentralplus berichtete), schliessen Geschäfte oder kämpfen mit schlechten Kundenfrequenzen und rückläufigen Umsätzen. Nun triffts auch das Schuhhaus Gretener, das sich künftig auf den Standort an der Bahnhofstrasse 33 in Zug konzentrieren will. Bis Ende Jahr ist das Chamer Stammhaus noch offen, bis dahin gibt es Rabatte auf das verbliebene Sortiment.

«Uns fehlen zusehends die Kunden von 20 bis fast 40 Jahren.»

Guido Gretener

Grund für die Veränderung sei der Einkaufstourismus im Ausland. Die Beinahe-Parität zwischen Euro und Franken im Jahr 2011 habe diesen stark angekurbelt. «Er hat sich seither auf hohem Niveau stabilisiert», sagt Gretener. «Ausserdem der Online-Handel, der vom starken Franken beflügelt wurde, sich aber bei der jüngeren Generation als normales Einkaufsverhalten durchzusetzen scheint.»

Junge bleiben weg

«Uns fehlen zusehends die Kunden von 20 bis fast 40 Jahren», sagt Guido Gretener. Später würden sich viele auf den Wert von Qualität, persönlicher Beratung und Einkaufserlebnis zurückbesinnen.

Als Unternehmer stellt sich Gretener auf das veränderte Umfeld ein, wie wir sehen werden. Aber begonnen hatte er seine Laufbahn im Zeichen der Expansion.

An vielen Orten vertreten

In den ersten Jahren war das Schuhhaus Gretener ein kleiner Laden mit Werkstatt an der Sinserstrasse in Cham, geleitet von Guido Greteners Grossmutter. Sein Vater erlernte noch den Beruf des Schumachers, setzte dann auf den Handel. Unter Guido Gretener  wuchs das Schuhhaus – es wurden Filialen in Zug und in Affoltern am Albis eröffnet – vorübergehend war Gretener auch in Luzern vertreten. 25 Jahre lang führte Guido Gretener auch eine Gruppe von Läden unter dem Namen Botty, die man für Einkaufszentren konzipiert hatte und die ein jüngeres Publikum ansprachen.

Vor zwei Jahren schloss Gretener das Geschäft in Affoltern. Nun ist das Stammhaus an der Reihe, das er noch im Jahr 2000 ausgebaut und mit einer Sport- und grösseren Herrenabteilung versehen hatte. «Ich würde es wieder tun», sagt er.

Alle haben Arbeit

Ausserordentlich schwergefallen sei ihm der Schliessungsentscheid in Cham wegen der Mitarbeiterinnen, sagt Gretener. Die aber hätten mittlerweile alle wieder eine Stelle gefunden. «Das hat mich sehr erleichtert.» Für die Dauer des Ausverkaufs musste gar temporär wieder eine neue Verkäuferin eingestellt werden.

Eine bewährte Fachkraft wird Gretener ins Geschäft nach Zug begleiten. «Vertrauen in gute Beratung und eine persönliche Beziehung sind für ein Geschäft wie unseres enorm wichtig», sagt er. Das Schuhhaus setzt auf eine starke Kundenbindung. Hofft, dass möglichst viele Kunden aus Cham den kurzen Weg nach Zug in Kauf nehmen, wo man ohnehin zum Einkaufen von Mode hinfährt.

Druck auf die Hersteller

Doch wie geht er mit den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen um? Die Frankenstärke habe in der Branche vieles ausgelöst, sagt Gretener. Man habe erreicht, dass die meisten Zulieferer entweder in Euro fakturierten oder aber den dynamischen Wechselkurs anpassten.

«Das funktioniert mittlerweile gut.» Generell achte er darauf, dass der Preisunterschied zum Ausland nicht mehr als 10 Prozent betrage. Dies könne man mit den höheren Löhnen und den Mietkosten noch rechtfertigen, meint er.

Nur Schuhe aus Europa

Gretener setzt neben der Beratung auf starke Marken. 95 Prozent der Schuhe seien in Europa gefertigt, sagt er. Der Rest betreffe Produkte von Nike und Adidas, die man eben auch im Sortiment habe.

«Die Shoppingaktivitäten in Zug haben sich nach Norden verschoben.»

Ausserdem hat Gretener im Verlaufe des Konzentrationsprozesses angefangen zu differenzieren. Er setzt auf den Flagstore-Gedanken, stellt Teile des Geschäfts exklusiv einzelnen starken Marken zur Verfügung. So richtete er in Zug vor drei Jahren einen Gabor- und Mephisto-Shop ein. «Das passt», meint er.

Büros statt Läden

Das Geschäft in Zug, auf das sich Gretener nun konzentriert, hat mehr Fläche als das Mutterhaus in Cham. Aber die Konkurrenz des Online-Handels mit seiner Verfügbarkeit während 24 Stunden macht nicht nur den Schuhläden zu schaffen.

Guido Gretener beobachtet mit Argusaugen die Entwicklung der Bahnhofstrasse in Zug, wo insbesondere im südlichen Teil Verwaltungen von Banken und kantonalen Ämtern immer mehr Fläche belegen und Einkaufsgelegenheiten rarer werden.

Einkaufszone verbessern

«Die Shoppingaktivitäten in Zug haben sich nach Norden verschoben», beobachtet Gretener, «auch weil die Hauptpost in den Laubenhof gezogen ist.» Dennoch findet Gretener, dass die Politik dem stationären Detailhandel in Zug behilflich sein könnte.

Indem nämlich an bester Fussgängerlage mindestens im Erdgeschoss Nutzungen ermöglicht werden, die Publikum anziehen und so auch mögliche Kunden in Zugs Einkaufszone ziehen.

Damit freundliche Verkäuferinnen und Verkäufer mit einer kompetenten Beratung nicht zu einer Erinnerung aus einer fernen Vergangenheit werden, sondern wenigstens in der Nische überleben können. 

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